13.44

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Ich denke, dass wir alle hier im Saal, über alle Parteigrenzen hinweg, prinzipiell Lebensmittelverschwendung ablehnen. Mit dem Antrag der Regierungsparteien wird aber kein einziges Gramm Lebensmittel weniger verschwendet. Der sogenannte Lebensmittelgipfel der schwarz-grünen Bundesregierung ist kläglich gescheitert, und die hier präsentierte Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen haben schon öfters gefordert und mehrere Anträge dazu eingebracht, die Mehrwertsteuer auf die Grundnahrungsmittel zu senken oder auszusetzen. Weil immer wieder vonseiten der grünen Fraktion das Gießkannenprinzip erwähnt wird: Ich sehe – ich komme noch öfters dazu – fast tagtäglich bei den Sozialmärkten, dass die Schlangen immer länger werden. Ihr Gießkannensystem funktioniert also überhaupt nicht, und leider werden die Personen, die sich den Einkauf von Lebensmitteln für das tägliche Leben leisten können, tagtäglich weniger.

Das ist natürlich eine grundlegende Maßnahme. Dazu bedarf es auch eines tiefergehenden Dialogs mit den Lebensmittelketten. Die Lebensmittelpreise sind in Österreich durch falsch gesetzte Maßnahmen der türkis-schwarz-grünen Bundesregierung der letzten drei Jahre zusätzlich signifikant gestiegen. Die sich daraus ergebende besondere Belastung ist für die österreichische Bevölkerung nicht mehr tragbar.

Wer bei der zur Beschlussfassung vorgelegten Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes meint, dass man ausschließlich durch Transparenz, sprich zusätzlichen Aufwand für Lebensmitteleinzelhändler mit einer Verkaufsfläche von mindestens 400 Quadratmetern – ich weiß nicht, was das für einen Sinn hat – oder mindestens fünf Verkaufsstellen, und durch Übermittlung von Daten zur Masse der Lebensmittel, die unentgeltlich zum menschlichen Verzehr weitergegeben wurden, und zur Masse der Lebensmittel, die als Abfall weitergegeben wurden, noch extra untergliedert – sofern möglich – in Warengruppen, jetzt die Preise für die Bevölkerung reduzieren kann, irrt sich meiner Meinung nach gewaltig. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Expertin im Ausschuss hat auf meine Fragen mit verschiedensten Prozentreduktionen geantwortet. Die nochmalige Frage, von welchem Gewicht sie in den verschiedenen Kategorien jeweils ausgeht, konnte sie leider nicht beantworten. Die Ankündigung der Nachreichung der Daten und Fakten bis zum heutigen Plenum war leider – wie so oft – wieder nur eine leere Ankündigungshülse.

Auch auf meine Anfrage, wie die Leitlinien aussehen sollten, gab es seitens der Experten keine Antwort außer jener, dass sie erst einmal ausgearbeitet werden müssen.

Durch diese Meldung, wie viele Lebensmittel die Lebensmittelhändler an die Sozialmärkte verschenken, anstatt in der jetzigen Situation zum Beispiel die Mehrwertsteuer auszusetzen, erreichen Sie, dass noch größere Teile der Bevölkerung, die anständig sind, ihrer Arbeit nachgehen und für ihre Familie sorgen, die Schmach ertragen müssen, nicht im normalen Supermarkt einkaufen zu können, sondern in den Sozialmarkt einkaufen gehen zu müssen. Sie können mir glauben, mir haben viele leitende Personen der Sozialmärkte persönlich berichtet, dass dies einen immer größeren Teil der Bevölkerung massiv betrifft.

Natürlich kann ich meine Aussagen diesbezüglich noch mit vielen Beispielen untermauern. Auch die älteren Bundesratskollegen können sich wahrscheinlich noch daran erinnern, mit den unterschiedlichsten Behältnissen zum Fleischhauer oder zum Bauern gegangen zu sein, um Fleisch, Wurst und Milch einzukaufen. Wir haben es alle überlebt, ohne Aufdruck von Mindesthaltbarkeitsdatum und ohne Plastikverpackung. (Bundesrat Gfrerer: Geht auch jetzt noch!)

Mit dem Beitritt zur EU, in der sich findige Personen zum Beispiel bemüßigt fühlen, sich über den Krümmungsradius einer sogenannten ordnungsgemäßen Gurke Gedanken zu machen und Richtlinien dafür auszuarbeiten, fing ein Zeitalter an, das für den heutigen Zustand massiv verantwortlich ist. (Bundesrat Schennach: Beim Gfrerer kannst ...!) Zwei Drittel der Fleischhauer und Landwirte mussten aufgrund unnötiger Richtlinien, Auflagen und Hürden ihre Betriebe zusperren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sogar die Supermarktketten, von denen sich einige mittlerweile vom Markt verabschiedet haben, mussten zum Beispiel ihren Vor-Ort-Fleischzubereitungsservice in den Filialen größtenteils beenden. Jetzt wird es zentral in Plastik vakuumverpackt, mit Haltbarkeitsdatum versehen und in die Filialen ausgeliefert.

Beim Impfstoff hat Herr Minister Rauch das Haltbarkeitsdatum um ein paar Monate verlängert. Der Lebensmittelhändler muss zum Beispiel das mit Mindesthaltbarkeitsdatum versehene Fleischprodukt aus dem Verkaufsregal nehmen. Oder soll er es nach Ihrem Gesetz jetzt gratis an den Sozialmarkt übergeben? Da stellt sich die Frage: Darf dann der Sozialmarkt das abgelaufene Fleisch und die Wurstprodukte verkaufen, oder wäre es nicht zum Beispiel besser, ein Produkt mit einem Mindest- und einem im Voraus nicht bindenden Maximalhaltbarkeitsdatum zu beschriften? – So könnte man zum Beispiel die Lebensmittelverschwendung reduzieren.

Kollegen im Bundesrat, als einer, der täglich mit der Müllentsorgung zu tun hat, kann ich eines sagen: Mit Ihrem zum Beschluss vorliegenden Gesetz wird – wie bereits am Anfang meiner Rede erwähnt – maximal der Entsorgungsort verschoben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was mir zusätzlich auf der Zunge brennt, sind die Verpackungen der verschiedensten Wurstsorten. Vor Corona und vor der von der Schwarz-Türkis-Grün verursachten Teuerungswelle waren die Verpackungseinheiten durchschnittlich 200 Gramm. Jetzt ist entweder der Packungspreis gleich, aber der Inhalt auf 100 Gramm reduziert, oder er ist wesentlich teurer.

Frau Minister, Ihr Ministerkollege Rauch sollte sich Deutschland einmal zum Vorbild nehmen. Die Preise von 300 Lebensmitteln wurden verglichen und unglaubliche 287 sind in Deutschland wesentlich günstiger als in Österreich.

Zusammengefasst: ein klares Nein zur Lebensmittelverschwendung, ein Nein aber auch zu Ihrer Änderung des Abfallwirtschaftsgesetz, da Sie – wie von mir ausführlich beschrieben – das Ziel verfehlen.

Aufgrund dessen bringen wir hiermit folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verringerung der Lebensmittelverschwendung – Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die Bundesministerin für Landwirtschaft, Tourismus und Regionen sowie die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird ersucht, folgende vier zentrale Empfehlungen des Rechnungshof-Berichts zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung umzusetzen:

- In regelmäßigen Abständen sollen Daten zu den vermeidbaren Lebensmittelabfällen entlang der gesamten Lebensmittelkette erhoben werden.

- Im Falle der Erarbeitung einer gesetzlichen Verpflichtung der Lebensmittelunternehmen, Lebensmittel an soziale Einrichtungen zu spenden, wären auch die notwendigen infrastrukturellen, logistischen und finanziellen Rahmenbedingungen mitzubedenken.

- Die Einrichtung einer nationalen Koordinierungsstelle für die Umsetzung des Unterziels verringerte Lebensmittelverschwendung sollte evaluiert werden.

- In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus sowie dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wäre eine Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu erarbeiten; dabei wären alle Sektoren der Lebensmittelkette einzubeziehen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

13.53

Präsident Günter Kovacs: Danke, Herr Bundesrat.

Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Verringerung der Lebensmittelverschwendung – Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. – Bitte sehr.