14.58

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Ich habe bei der bisherigen Diskussion ein bisschen mitgeschrieben und konnte mich daher nicht zurückhalten, mich noch einmal zu melden.

Zuerst fange ich vielleicht mit Kollegen Schennach an – der jetzt nicht im Saal ist –, weil er von liberaler Haltung und liberaler Politik gesprochen hat. – Ja, das, was er unter Liberalität versteht, ist nicht das, was wir darunter verstehen und was der durchschnittliche Bürger und durchschnittliche Verwender des Begriffs in den letzten 2 000 Jahren darunter verstanden hat.

Klimablockaden oder Klimaterrorismus, Nötigung von Bürgern zur Durchsetzung irgendwelcher vermeintlicher Klimarettungsziele, das alles, meint er, sei okay und rechtsstaatlich. Unangemeldete Demonstrationen von fünf, sechs, sieben Leuten, die keinen anderen Zweck haben, als die Leute stundenlang oder für halbe Stunden oder 2 Stunden lang im Stau festzuhalten, daran zu hindern, Termine einzuhalten, Verwandte zu besuchen, seien in Ordnung. Da brauche man nichts anzumelden. Das sei alles rechtsstaatlich und liberal.

Es sei aber absolut illiberal und mit unseren Gesetzen, mit unseren Werten offenbar nicht im Einklang, wenn sich 10 000, 20 000, 30 000 Leute bei einer schon Wochen vorher angemeldeten Demonstration auf der Ringstraße gegen die Impfpflicht aussprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind wirkliche Fundamente der Demokratie. Das sind Fundamente eines Mitwirkens der Bevölkerung an der Willensbildung, an der politischen Gestaltung unserer Republik. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Ja, lieber Herr Kollege (in Richtung des den Sitzungssaal betretenden Bundesrates Schennach), ich habe mich gerade ein bisschen mit dir beschäftigt, nicht persönlich, aber ich habe mich ein bisschen mit deinem Liberalismusbegriff auseinandergesetzt. – Ich will jetzt aber keine Liberalismus- und Grundsatzdiskussion anzetteln, nur weil der Kollege gekommen ist.

Ich würde erwarten, wenn von liberal geredet wird, dass man gegen die Pläne der Europäischen Union, ein Wahrheitsministerium zu schaffen – unter Anführungszeichen –, das entscheidet, welche Informationen wahr und falsch sind und welche verbreitet und welche zensuriert werden dürfen, energisch eintritt, und dass nicht die sozialistischen oder sozialdemokratischen – oder wie immer sie sich nennen – Abgeordneten auf europäischer Ebene die Speerspitze für diese Zensurmaßnahmen sind (Beifall bei der FPÖ), die Speerspitze für die Unterbindung eines offenen, demokratischen und freien Flusses von Meinungen, Informationen und Fakten, was immer man auch als faktisch feststellt und für sich beansprucht.

Fakten haben leider – Kollege, das wird Ihnen jeder, der sich ein bisschen mit der Sache beschäftigt, bestätigen – die Eigenschaft, dass sie nicht für alle Fakten sind, sondern Fakten haben immer einen sehr, sehr subjektiven Gehalt, weil es davon abhängt, welche Grundlagen ich bei der Feststellung von sogenannten Fakten heranziehe. Und diese unterschiedlichen Grundlagen bei der Heranziehung von Fakten machen die freiheitliche, die demokratische, die offene, die pluralistische Gesellschaft aus.

So, jetzt aber zurück zum Energieeffizienzgesetz: Die Frau Ministerin ist leider schon weg (Bundesrätin Grimling: Sie steht eh da, Sie brauchen sich nur umschauen!) – Entschuldigen Sie, ja, ich will Sie nicht stören, aber wollte nur schauen, ob Sie noch da sind. – Nun aber zurück zum Energieeffizienzgesetz: Hier wird wechselseitig von Blockadehaltung gesprochen und werden Vorwürfe gemacht, ich will nur erklären, warum wir dieses Gesetz – unter Anführungszeichen – „blockieren“ und warum wir da nicht zustimmen werden. Kollege Bernard hat schon sehr viel gesagt, ich will noch etwas hinzufügen, und zwar dazu, was man hier unter Effizienz und effizienter Gesetzesgestaltung versteht.

Wir haben ja beim ersten Punkt der heutigen Debatte, bei der Diskussion über die Lieferketten schon gehört, dass wir Gott sei Dank eine neue Agentur geschaffen haben, die natürlich einen englischen Namen hat, diese Supply Chain Security Agency Austria oder wie sie heißt. (Bundesrat Buchmann: Sustainability!) – Sustainability habe ich vergessen, das wichtigste Wort: Sustainability. – Wir haben die Supply Chain Sustainability Austria Agency gemacht, und da ja hier kein Mensch Deutsch versteht, weder im Bundesrat noch in Österreich, muss die natürlich einen englischen Namen haben; und die Touristen haben ja sonst auch keinen Zugang in Österreich, wenn diese Agentur nicht englisch benannt ist.

Man ist also diesem guten Beispiel gefolgt, neue Agencies einzurichten, Bürokratien, Vorstandsposten zu schaffen, Evaluierungen zu machen und hat auch hier bei der Energieeffizienz eine neue Behörde geschaffen. Erstaunlicherweise hat man hiebei die Fähigkeit nicht verloren, die deutsche Sprache zu verwenden und nicht so sehr auf die Touristen oder wen auch immer Rücksicht zu nehmen. Wie heißt diese jetzt? – Koordinationsstelle gegen Energiearmut, so heißt diese Agentur. Das ist ja der Klassiker in der derzeitigen Vorgangsweise gegen Armut, gegen Probleme: dass man Agenturen, Büros und so weiter einrichtet.

Was macht diese Stelle? – Liebe Frau Minister, das werden Sie ja wissen, wenn Sie bei der Gesetzgebung dabei waren: Sie macht – das ist nicht schwer zu erraten – „die Beauftragung und Veröffentlichung einschlägiger Studien oder Gutachten“. Ja, das ist ganz wichtig, das ist ja bekannt: Das Effizienteste, das es gibt, wenn man ein Problem hat, ist, man beauftragt und veröffentlicht Studien und Gutachten.

Das Zweite ist auch interessant: die Erstellung periodischer Berichte über den aktuellen Stand der Energiearmut inklusive eines allgemeinen Monitorings. – Das ist auch etwas, was den Leuten ungeheuer hilft: wenn jemand die Energiearmut beobachtet. Ich weiß nicht, ob ich jetzt energiearm bin oder nicht, aber ich schaue, ob es jemand beobachtet. Dieser Beobachter macht Monitoring und über diese Monitoring-Beobachtungen gibt es natürlich periodische Berichte.

Aber dem nicht genug muss diese sogenannte Koordinationsstelle gegen Energiearmut zusätzlich auch eine Kommission haben. Das ist eine Kommission mit mindestens elf Vertretern, und weil es eine österreichische Kommission ist, sind diese elf Vertreter natürlich von den – ich möchte einmal sagen – üblichen Verdächtigen. Das sind einmal sämtliche Kammern, es sind – was uns freut als Vertreter der Länder – die Bundesländer, die Gemeinden, aber unter anderem auch die Armutskonferenz. Die gibt es nämlich auch. Das weiß man nicht, aber es ist auch eine Einrichtung, die nennt sich Armutskonferenz, und wichtig ist, dass ein Vertreter der Armutskonferenz in der Kommission gegen Energiearmut vertreten ist. Die werden also dann alle diskutieren und werden zu Ergebnissen kommen und werden sicher gegen die Armut vorgehen.

Nicht zu vergessen ist natürlich, dass die Einschränkung der bürgerlichen Rechte auch vorangetrieben werden muss und dazu müssen die Befugnisse der E-Control ausgeweitet werden. Ist ja ganz klar. Die E-Control wird jetzt so eine Art Geheimpolizei der Energieeffizienz, und die E-Control kann jetzt unter anderem Gebäude und Liegenschaften betreten, um sich dort über den Energiezustand zu informieren. Sie kann keine Hausdurchsuchungen im eigentlichen Sinne durchführen, aber sie kann in Fabriken, Betriebsanlagen, Lagern, Häusern anklopfen und sagen: So, ich überprüfe jetzt Ihre Energieeffizienz! – Das ist ein weiterer schwerer Eingriff – den auch die Rechtanwaltskammer zu Recht und sehr genau gerügt hat – in die Grundrechte, und kein Mensch weiß, wozu das alles sein muss.

Mir ist aber etwas aufgefallen – eine Sache, die vielleicht für die Frau Ministerin positiv ist, aber ob es für die Allgemeinheit nützlich und positiv ist, weiß ich nicht –: Ich habe erstmals gesehen, dass man auch den Energielieferanten gendern kann, denn in diesem Gesetzentwurf wird von Energielieferanten und Energielieferantinnen gesprochen, es wird sogar umgekehrt: Energielieferantinnen und Energielieferanten. Die EVN, die Wien-Energie und so weiter werden sich alle freuen, dass sie jetzt gegendert sind und dass wir uns überlegen können, ob die EVN ein Energielieferant oder eine Energielieferantin ist. Das ist also ein hochkomplexes Thema und die Frau Ministerin wird uns sicher erklären können, welcher der Erzeuger „innen“ sind und welche nicht. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ich will aber jetzt meine Zeit nicht überbeanspruchen und will auch noch ein paar Worte zu einem anderen Thema sagen. Das ist, Sie werden es ohnehin gehört haben, dass das zwölfte Bundesratsmandat der Stadt Wien aufgrund der Ergebnisse der Bürger:innenhauptfeststellung, der Wahlberechtigtenfeststellung erlischt. Und dieses zwölfte Mandat - - (Bundesrat Obrecht: Das elfte!) – Entschuldige! –, das elfte Mandat ist das Mandat, das von mir wahrgenommen wird, und mit dem Erlöschen, das in nächster Zeit irgendwann passieren wird, erlischt auch mein Bundesratsmandat. Das ist möglicherweise oder wahrscheinlich bereits vor der nächsten Sitzung der Fall, weshalb ich mich auch jetzt schon formal von allen, auch von allen Mitarbeitern hier im Bundesrat, verabschiede und mich bei allen für die vielen, teilweise kontroversiellen Diskussionen, die wir gehabt haben, für die vielen Beiträge bedanke.

Ja, ob Sie meine Beiträge vermissen oder nicht, das bleibt dahingestellt. Die einen werden sie mehr vermissen, die anderen weniger, das ist halt so. Das ist ja bei mir auch so. In diesem Sinne wünsche ich dem Bundesrat (Bundesrat Schreuder: Ich werde dich vermissen, ehrlich!) – ja, ist bei mir auch so –und allen Kollegen, künftigen Ex-Kollegen, alles Gute und offene, spannende, pluralistische und wirklich liberale Diskussionen. – Vielen Dank. (Anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei der FPÖ, Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

15.08

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. Ich bin mir sicher, ich bin auf der richtigen Seite, wenn ich sage, dass ich dir im Namen des gesamten Bundesrates und auch persönlich das Allerbeste für deine Zukunft wünschen darf. Und was das Politische betrifft: Von denen, denen du abgehst oder nicht abgehst, gehöre ich zu jenen, denen die Beiträge eher abgehen. Du gehörst zu den wenigen Rednern, bei denen ich es persönlich auch genieße, wenn man der gegenteiligen Meinung ist. Ich habe dir immer gerne zugehört. Vielen Dank für deine Beiträge im Bundesrat in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Weitere Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor. (Bundesrat Steiner hebt die Hand.) – Doch, bitte, Herr Kollege Steiner.