16.24
Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Schauen wir, ob es sich in 20 Minuten überhaupt ausgeht (Bundesrätin Grimling: 17 Minuten! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), das ist noch nicht gesagt. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) – So ist es. Da seid ihr die Weltmeister. Wir können jetzt auch gern weiterplaudern, wir haben alle Zeit dieser Welt, überhaupt keinen Stress. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die eventuell über den Livestream zugeschaltet sind! Ja, es sind zwei wirklich spannende und wichtige Gesetze, um nicht zu sagen Meilensteine, die heute auf den Weg gebracht werden sollen. Zum einen geht es um die Primärversorgung, zum anderen um den Eltern-Kind-Pass.
Ich bin den Vorrednern und Vorrednerinnen, Claudia Hauschildt-Buschberger, auch Johanna Miesenberger sehr dankbar, die aus ihrem Umfeld, aus ihrer eigenen Erfahrung erzählt haben, wenn es darum geht – und das ist das, was wir wollen –, Dinge zu erleichtern, den Eltern-Kind-Pass ins 21. Jahrhundert zu überführen. (Bundesrat Spanring: Mutter-Kind-Pass!) Ich glaube, das ist nur gut und richtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich möchte aber, bevor wir uns näher mit den Primärversorgungseinheiten und diesem Gesetz beschäftigen, schon ganz kurz auf die Ausführungen von Kollegen Leinfellner eingehen. Das verlangt allein schon mein steirisches Herz. Zu diesem derartigen Stumpfsinn, der vonseiten des Kollegen Leinfellner behauptet wird (Beifall bei ÖVP und Grünen), muss ich ehrlich sagen (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner): Ich bin mir nicht sicher, ob er die Medien nicht verfolgt oder wirklich selber – das, was er bei anderen bekrittelt – ein mangelndes Zahlenverständnis oder ein mangelndes Verständnis für Zahlengrößenordnungen hat. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring. – Bundesrat Leinfellner: Wenn ich zweieinhalb Mal ...!)
Lieber Markus Leinfellner, hör mir kurz zu, dann erfährst du es zumindest jetzt! Wenn du in den letzten 14 Tagen die Medien verfolgt hättest, hättest du auch mitbekommen, dass in der Steiermark das größte Personalpaket verabschiedet wurde, das jemals in dieser Republik verabschiedet worden ist: 130 Millionen Euro rein für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheitsberufen der KAGes, für unsere diplomierten Krankenschwestern, für Pflegeassistenten, Pflegefachassistenten, für unsere Ärztinnen und Ärzte, die ja in den letzten Jahren der Pandemie, aber nicht nur da, Großartiges geleistet haben.
Ihr sprecht ihnen das ja immer ab, ihr macht sie ja fast zu Mittätern. Es sind ja Kolleginnen und Kollegen von mir, Krankenschwestern, Krankenpfleger angegriffen worden, sie sind von euch kriminalisiert worden. (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.) Dass ihr euch da nicht schämt, das verstehe ich ehrlich nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)
Deshalb fließen ab dem nächsten Jahr, bereits rückwirkend mit dem 1. September (Bundesrat Spanring: Ah, rückwirkend wird Personal eingestellt! Gratuliere!) – da können wir stolz auf die Steiermark sein, ich persönlich bin es –, 130 Millionen Euro in die Gehälter. Das katapultiert uns, die Steiermark – lieber Markus Leinfellner, auch das sei dir ins Stammbuch geschrieben –, an die Spitze der österreichischen Bundesländer. Merke dir das ein für alle Mal! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wo ich dir recht gebe: dass es mit Geld allein sicherlich nicht getan ist, dass es auch Strukturmaßnahmen braucht, dass es begleitende Veränderungen im System braucht. Du sprichst von deiner Sorge, dass es Hausärzte nicht mehr geben wird. Ich gehe gleich weiter darauf ein, bevor ich dann in meiner Rede weitergehe. Dieses permanente Panikmachen, dieses permanente Angstschüren: (Bundesrat Spanring: Das seid schon ihr! ... Corona ...! – Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.) Ich frage mich wirklich oft, was das für ein Leben sein muss, das ihr führt, wenn man jeden Tag vor dem Aufstehen Angst hat, dass einem ein Meteorit auf den Schädel fällt. Was muss das für ein Leben sein, wenn man in permanenter Angst lebt? (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Herr Leinfellner behauptet nämlich, es gebe in Zukunft – er hat den Minister frontal angegriffen, er hat gesagt: Das ist Ihr Masterplan! – keine Hausärzte mehr.
Wie schaut die Realität aus? – Jedes Jahr werden 600 Stellen, die frei werden, neu besetzt (Bundesrat Spanring: ... ausgeschrieben! Das ist was anderes!), 600 Stellen im allgemeinmedizinischen Bereich neu besetzt. Ich habe hier (ein Schriftstück in die Höhe haltend) das Factsheet der Österreichischen Gesundheitskasse. Ich kann es dann hinlegen, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden es gerne noch einmal für euch ausdrucken.
Schauen wir uns die Zahlen kurz an: 600 Stellen, die im fachärztlichen und im allgemeinmedizinischen Bereich neu besetzt werden. Wir haben eine ärztliche Versorgungsrate von über 97 Prozent im fachärztlichen Bereich. Über 97 Prozent!
Jetzt kann man sagen, das Ende der Fahnenstange ist nicht erreicht, 100 Prozent wären besser. Das stimmt. (Bundesrat Spanring: Und wie viele davon sind Kassenärzte? – Bundesrat Ebner: Alle!) – Das sind Kassenstellen, und Stand Juli 2022 – die neuen Zahlen kommen bald –: Bei Planstellen für Kassenärzte in der Allgemeinmedizin liegt der Besetzungsgrad bei fast 98 Prozent. (Ruf bei der FPÖ: Echt? – Bundesrat Spanring: Und wie gibt’s das, dass man dann monatelang auf ein MRT warten muss?) – Lieber Kollege Spanring! (Bundesrat Buchmann: Hör zu, einmal!) Hör zu, wir haben alle Zeit der Welt. Wir können heute über alles reden, und ich werde dir das auch erklären. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Es gibt bei Kassenstellen einen Deckungsgrad von fast 98 Prozent im hausärztlichen Bereich und von knapp über 97 Prozent im fachärztlichen Bereich.
Ich bin wirklich der Letzte, der sagt: Es ist alles gut, es ist alles wunderbar. Da trennt uns nichts, ja natürlich gibt es da und dort großen Nachbesserungsbedarf. Natürlich gibt es Regionen, in denen die Sorge, wie es mit der medizinischen Versorgung weitergeht, begründet ist – und natürlich wäre es wünschenswert, wenn es auch in Innervillgraten oder ich weiß nicht wo überall eine ärztliche Versorgung gäbe. (Bundesrat Spanring: Admont, Admont ist das beste Beispiel!) – Admont, ein wunderbares Beispiel, danke vielmals für diesen aufgelegten Elfmeter! (Bundesrat Spanring: Gern geschehen!) Dort wird jetzt eine PVE gegründet.
In Admont gab es Probleme (Bundesrat Spanring: Ja, bis zum Selbstmord ist das gegangen, von Patienten!), das stimmt, Kollege Spanring. Ein Ärzteehepaar hat aber diese Ordination als Gemeinschaftspraxis hervorragend geführt, und dank unseres Landeshauptmanns Christopher Drexler sowie unserer Gesundheitslandesrätin ist dort eine PVE entstanden, die ab jetzt betrieben wird – auch an den Tagesrandzeiten und Wochenenden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Admont ist tatsächlich ein wunderbares Beispiel, und ich möchte wirklich alle dorthin einladen. Es ist nicht nur ein tolles Beispiel für eine gelungene hausärztliche Versorgung, auch wenn es Anlaufschwierigkeiten gegeben hat, sondern es ist auch ein wunderschönes Fleckerl Steiermark und ein wunderschönes Fleckerl Erde. Du kommst ja aus Admont, du hast dort oben sicherlich eine katholische Erziehung genossen (Heiterkeit des Bundesrates Spanring) und wirst bestätigen, dass es jedenfalls eine Reise wert ist – und auch, dass die hausärztliche Versorgung jetzt wieder gesichert ist. (Bundesrat Spanring: Das schauen wir ... noch an!)
Uns trennt allerdings nichts in Bezug auf die Auffassung, dass wir natürlich da und dort Sorgen haben – das habe ich schon gesagt und das gestehe ich dir zu. Dass es wie gesagt heutzutage in Graz und Graz-Umgebung oder in der Stadt Salzburg einfacher ist, Hausärzte und Fachärzte zu finden, als in Stenzengreith in der Steiermark oder in Namlos in Tirol, das ist so. Deshalb hast du von mir immer schon gehört, als ich noch in der Ärztekammer war und auch jetzt, dass wir – und da muss ich sogar Kollegen Leinfellner recht geben (Bundesrat Leinfellner: Nein, bitte nicht!) – das Seelenheil nicht allein in den Primärversorgungseinheiten sehen. (Bundesrätin Schumann: Jetzt auf einmal, mein Gott, geht doch mit der Koalition!) Schau Markus, jetzt habe ich einmal etwas gesagt, wo ich dir recht geben muss, auch wenn du es anders meinst als ich: Natürlich dürfen wir das Seelenheil nicht allein in den Primärversorgungseinheiten sehen. (Bundesrat Schennach: Sehr schöne Rede! – Bundesrätin Schumann: Sehr schöne Rede – und so persönlich!) – Danke vielmals, ich habe deine (in Richtung Bundesrat Schennach) zum ORF heute auch gelobt (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann); ich war kurz unschlüssig, ob du eh Proredner bist, aber der Schwenk zum Schluss hat dann doch bestätigt, dass du Kontraredner warst. Ich habe dir vorhin gratuliert, dass du eine tolle Rede gehalten hast. – Vielmehr ist es für die Zukunft wichtig, die medizinische Versorgung in der Vielfalt zu suchen, und ja, dafür bin ich dem Bundesminister dankbar.
Dieses PVE-Gesetz ist ja in der Erstversion schon früher auf den Weg gebracht worden, und das war damals schon zukunftsweisend. Es war vielleicht in der Ausführung nicht optimal, sodass es dann halt viele Brösel und Baustellen gegeben hat, wenn es darum gegangen ist, PVEs zu gründen – aber die Grundidee war damals genauso richtig wie heute.
Wenn ich sage, dass wir zukünftig eine medizinische Versorgung der Vielfalt brauchen, was meine ich damit? – Da meine ich ganz klar – und das ist auch ein Bekenntnis –, dass wir weiterhin unsere großartig arbeitenden Hausärztinnen und Hausärzte in den Einzelordinationen brauchen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.) Genau aus diesem Grund hat das unser Bundeskanzler Nehammer auch zur Chefsache erklärt und gesagt: 100 Stellen mehr! Ich weiß, was jetzt kommt, jetzt wird es heißen: Na, die Stellen müssen besetzt werden! – Ja, stimmt, sie müssen besetzt werden. Das ist absolut richtig, und das wird nicht ganz einfach werden, aber wir werden es schaffen, weil wir, wie vorhin schon erwähnt, auch über strukturelle Maßnahmen reden, zum Beispiel beim Eltern-Kind-Pass den Honorarkatalog neu aufzusetzen und ins 21. Jahrhundert zu führen.
Wir brauchen unsere hausärztlichen Einzelordinationen, so wie wir sie kennen, wie die, zu der ich schon mit meiner Oma gegangen bin, weil Mama und Papa haben arbeiten müssen (Ruf bei der SPÖ: Dürfen! Dürfen!), einen Hausarzt, der meinen Bruder und mich versorgt hat oder der auch noch auf eine Visite gekommen ist, als wir zu Hause im Bett gelegen sind. Punkt eins: Die brauchen wir.
Punkt zwei: Unsere Primärversorgungseinheiten – und da sind wir beim Punkt, auf den ich dann noch zu sprechen komme – brauchen wir genauso wie die hausärztliche Einzelordination.
Was brauchen wir als Nächstes? – Eine abgestufte fachärztliche Versorgung. Das heißt, wir brauchen niedergelassene Spezialistinnen und Spezialisten, Fachärztinnen und Fachärzte. Und ja, Kollege Spanring, ich habe, glaube ich, richtig gehört, als du zu Recht gesagt hast: Wie kann es dann passieren, dass man vier, sechs oder acht Monate Wartezeit hat? – Das stimmt. Die Kolleginnen und Kollegen können allerdings auch nicht mehr tun als zu arbeiten (Bundesrat Spanring: ... zu wenig!) und einen Patienten nach dem anderen zu untersuchen; und aus diesem Grund wird es auch zur Schaffung von weiteren neuen Planstellen kommen. (Bundesrat Spanring: Das Problem haben wir aber schon jahrelang!) – Du bist ein Admonter und somit ein Steirer; auch in der Steiermark werden weitere Ordinationen – das betrifft zufällig gerade meinen Bereich – im internistischen Bereich geschaffen werden. Davon werden wir mehr brauchen, das steht ja nicht infrage, natürlich brauchen wir die. Und wir brauchen – und das wird das PVE-Gesetz wiederum hergeben – mehr Stunden der Versorgung: Wir brauchen die Tagesrandzeiten und wir brauchen möglicherweise auch im fachärztlichen Bereich und jedenfalls im hausärztlichen Bereich die Wochenenden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.) – Niedergelassene Fachärzte: der dritte Punkt, den wir brauchen.
Dann: Wir brauchen den Spitalsambulanzen vorgelagerte Strukturen. Nun werde ich euch erzählen, was mir in so ziemlich jedem Nachtdienst passiert und was in dieser Form ja eigentlich nicht sein dürfte. Ihr kennt das alle aus Erzählungen genauso gut und es entspricht leider Gottes einfach der Realität. Wir brauchen, bevor jemand in eine Fachambulanz oder in ein Spital geht, eine vorgelagerte Struktur, die bereits triagiert. Und am Ende brauchen wir unsere hochspezialisierten Spitäler mitsamt den Universitätskliniken, die wir in Österreich haben.
Wie sieht die derzeitige Situation aus? – Wir haben – und ich glaube, auch da sind wir uns einig – eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Dieses verfügt an sich über ein abgestuftes System, nur funktioniert es leider Gottes nicht immer so.
Ich habe schon in der Vergangenheit den Vergleich mit einem Hochhaus bemüht: Sie alle wissen, man betritt ein Hochhaus zumeist im Erdgeschoß (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), manche haben ein Souterrain, dann gibt es einen ersten Stock, einen zweiten Stock – und ganz oben (Bundesrat Spanring: Ist das Dach!) sind dann die Penthousewohnungen, das nennt man so auf Neuhochdeutsch. (Bundesrat Spanring: Genau!)
Es ist in unserem Gesundheitssystem in Wahrheit nicht unähnlich. Warum? – Wenn man heute sagt, man ist im Erdgeschoß, dann würde das bedeuten (Zwischenrufe bei der SPÖ), dass es um die hausärztlich-allgemeinmedizinisch gute Versorgung geht. Unsere Penthäuser sind unsere Universitätskliniken, in denen Grundlagenforschung und generelle Forschung sowie international viel beachtete High-End-Medizin betrieben wird, sei es in Graz, sei es in Wien, sei es in Linz oder wo auch immer. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sprecht ihr den Kollegen jetzt ab, dass sie an den Universitätsstandorten gute Medizin machen? (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Na gut, dann darf man auch klatschen, um den Kollegen den Respekt zu zollen, auch das ist erlaubt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wie ist aber die Situation derzeit in Österreich? – Sie ist derzeit so, dass es möglich ist, nicht über das Erdgeschoss in den ersten, zweiten, dritten, vierten Stock zu kommen, sondern direkt mit dem Hubschrauber ins Penthouse, und das 24 Stunden, 365 Tage im Jahr. Jetzt kann man natürlich sagen: Das ist richtig und steht jedem zu, und das ist auch so. Und trotzdem sage ich: Auch die Universitätsklinik ist nicht immer der Ort der optimalen Versorgung. Wenn man von einer Biene gestochen worden ist, wenn man sich in den Finger geschnitten hat, wenn man seit zwei Tagen Husten, Schnupfen, Halsweh hat, dann ist eine Universitätsklinik nicht der Ort der optimalen Versorgung, sondern der Hausarzt, den wir immer schon kennen und der seit Jahrzehnten großartige Arbeit macht, auch am Wochenende verfügbar ist und auch am Sonntag am Kirchhof einmal, wenn es denn sein muss, eine kleine Ordination abhält, wie wir das alle kennengelernt haben.
Und deshalb ist es wichtig, dass wir die Patientenströme wieder durch das System lenken. Das muss uns gelingen, und ich bin zutiefst überzeugt, dass dieses PVE-Gesetz eine Möglichkeit dazu ist und ein wesentlicher Meilenstein, um unser Gesundheitssystem noch effizienter zu machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich habe heute schon ein paar Zahlen verwendet, jetzt ist es auch schon egal, wenn es noch ein paar mehr werden: Es gibt eine sozialmedizinische Faustregel, die nicht unspannend ist, und Sozialmediziner werden sie Ihnen bestätigen. Für alle, die sie noch nicht gehört haben: Wenn ich 1 000 Menschen mit gesundheitlichen Problemen habe, dann – ich muss ganz ehrlich sagen, als ich das einmal nachgelesen und recherchiert habe, hat mich das selber etwas überrascht – ist es tatsächlich so, dass 900 das eigenverantwortlich und selbst lösen könnten.
Einfaches Beispiel: Irgendjemand hat zu wenig getrunken, steht vielleicht zu lange irgendwo in der prallen Sonne – oder am Rednerpult, das kann an Tagen wie diesen auch passieren, an solchen Plenartagen –, es wird ihm schwindelig und vielleicht schwarz vor Augen. Dann habe ich die Möglichkeit, sofort zu sagen: Notarzt, Hubschrauber, die komplette Versorgung, und er wird in das nächste Universitätsspital geflogen. Wäre aber gar nicht notwendig gewesen. Vielleicht wäre es notwendig gewesen, zu sagen: Hinsetzen, Beine hochlagern, einen Schluck Wasser trinken, den Krawattenknoten lösen!
900 von 1 000 Fällen könnte man also im eigenverantwortlichen Bereich lösen. Von den restlichen 100 Fällen könnten 90 im hausärztlichen Bereich versorgt werden, von den restlichen zehn Fällen neun durch einen Facharzt, und eigentlich bräuchte nur einer eine stationäre Behandlung. Das ist die Situation, wie wir sie vorfinden. Darum ist es wichtig, den Leuten nicht nur die Möglichkeit zu bieten, eine abgestufte Versorgung zu nutzen, sondern wir sollten versuchen, unsere Patientinnen und Patienten, die Menschen dahin gehend zu sensibilisieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Sehr geehrter Herr Bundesminister, es stehen aktuell 40 Primärversorgungseinheiten zur Verfügung, in denen 340 000 Patienten pro Jahr versorgt werden. Wir haben das Ziel, dass es bis Ende 2026 zumindest 43 sein werden. Herr Bundesminister, ich sage Ihnen: Wir schaffen mehr! (Bundesrat Schennach: Können Sie mir sagen, wie das geht? – Bundesrat Spanring: Ist das der Grund, warum Sie in der Steiermark Spitalsbetten abbauen?) Allein aus meinem Umfeld und Kollegenkreis weiß ich, dass einige schon jetzt mit dem Gedanken spielen und sehnlichst auf dieses Gesetz warten. Darum ist es auch so wichtig, dass wir das heute entsprechend auf die Reise bringen.
Ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie, die da mitstimmen. Ich habe zum Beispiel auch gelesen, der von mir sehr geschätzte Kollege Reisinger, du hast ja bei dir in Haslach an der Mühl – hervorragend; ich habe nachgeschaut, das kann ich euch empfehlen, eine tolle Homepage der Gemeinde – fünf, glaube ich; Versorgung nahezu rund um die Uhr, nein, das nicht, aber - - (Bundesrat Reisinger: Ich sagte, fünf Jahre!) – Seit fünf Jahren, und ich weiß nicht, mit wie vielen Ärzten, ich habe nachgeschaut, drei oder vier sind es, glaube ich. Du bist hier also ein Best-Practice-Beispiel, ein engagierter Bürgermeister, der bereits die Möglichkeit geschaffen hat, dass sich Kollegen niederlassen.
Deshalb bin ich wie gesagt froh, dass wir das heute tun. Ich bin überzeugt, wir werden mehr als die 43 schaffen, mit dem Ziel, über 700 000 Patienten zu versorgen. Ich glaube, wir werden dann eine Million und mehr Patienten versorgen. Deshalb ist es wichtig, die Ausschreibung schneller erfolgen zu lassen, dass es jetzt nur mehr zwei Mediziner braucht, die für die Gründung verantwortlich sind, und dass verkürzte Auswahlverfahren geschaffen werden, um im Falle einer medizinischen Unterversorgung schneller eingreifen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, ein bisschen etwas habe ich mir jetzt von der Seele sprechen können. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schreuder: Zugabe!) – Ich bin eh noch nicht fertig.
Zum vormaligen Mutter-Kind-Pass und in Zukunft Eltern-Kind-Pass ist doch schon einiges gesagt worden, nur so viel dazu: Ich bin selber Papa von zwei entzückenden Töchtern (Ah-Rufe bei der SPÖ – Bundesrat Schennach: Fotos! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – ja, danke –, Papa von zwei entzückenden Töchtern (Bundesrat Schennach: Zeig Fotos! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – das machen wir dann, da komme ich dann extra zu dir rüber. Meine Kinder sind jetzt natürlich in einem Alter, in dem sie das auch schon mitbekommen – Klara ist sieben, Anna wird jetzt 13 –, und da muss ich schon eines dazusagen, und zwar aus Sicht des Papas, eines Papas, der selber zweimal in Karenz gegangen ist (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ) und der selber bei vielen dieser vormals Mutter-Kind-Pass- und in Zukunft Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen dabei war: Das ist definitiv eine der größten gesundheitspolitischen Errungenschaften, neben vielen anderen auch. Das hat uns natürlich in ein neues Zeitalter katapultiert, wenn es um Kinder- und Jugendsterblichkeitsraten geht. Insofern bin ich heute froh und dankbar, dass wir diesen Eltern-Kind-Pass in ein neues Zeitalter führen.
Ja, natürlich, das gelbe Bücherl – mein Gott, ich habe es mit meinen Mädels dann auch immer wieder durchgeblättert, aber gleich gern zeige ich es ihnen am Handy, da kennen sie sich mittlerweile auch besser aus als der Papa, da wischen sie drüber, und ich glaube, dass man diesem Gesetz guten Gewissens zustimmen kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Zusammenfassend kann ich sagen: Wir haben viele Herausforderungen im Gesundheitssystem, wir sind aber trotzdem auf einem guten Weg, und wenn Sturm aufzieht, dann können die einen sich einbunkern, es gibt aber auch die Möglichkeit, Segel zu setzen – und wir setzen Segel. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wir setzen unter anderem mit diesem neuen PVE-Gesetz, mit dieser Novellierung des PVE-Gesetzes Segel. Damit wird nicht alles bis nächste Woche besser werden (Ah-Rufe bei der FPÖ), aber wir werden unser medizinisches System, unsere Gesundheitsversorgung definitiv und ganz sicher in eine noch bessere Zukunft führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das waren ein paar Gedanken von meiner Seite. Packen wir diese Herausforderungen gemeinsam an! Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie für die Zustimmung zu diesem PVE-Gesetz. Vielleicht überlegt es sich auch die freiheitliche Fraktion noch, oder zumindest - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Nein, schau, Kollege Leinfellner, vielleicht überlegt es sich zumindest eine Kollegin aus den Reihen der freiheitlichen Fraktion. Es ist nicht Kollegin Schartel, es ist auch nicht Kollegin Doppler, vormals Steiner-Wieser, aber Kollegin Theuermann, die nämlich am – jetzt muss ich schauen – 5. Juli in den „Unterkärntner Nachrichten“ richtigerweise erkannt hat, dass es im Lavanttal ein PVE für kinderärztliche Versorgung braucht, weil ihr da angeblich Troubles habt. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)
Ich finde, liebe Isabella Theuermann, wenn man das über die Medien fordert, müsste eigentlich auch das Abstimmungsverhalten dementsprechend sein. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
16.50
Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile ihr dieses. (Bundesrat Schennach: Jetzt kommen die Enkelkinder, oder? – Allgemeine Heiterkeit.)