16.57

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf die Freiheitliche Partei replizieren. (Bundesrat Spanring: Na Gott sei Dank!) – Na ja, wir können ja hier offen diskutieren, im Parlament sollte man ja debattie­ren. Das ist ja der Sinn und Zweck, weshalb es uns hier gibt. (Bundesrat Spanring: ..., dass das so ist! Hat lang gedauert! – Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)

Wenn man so großen Wert darauf legt, dass es nicht mehr Mutter-Kind-Pass heißen darf (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Schartel und Spanring) – also umge­kehrt: dass es nicht Eltern-Kind-Pass heißen darf, sondern Mutter-Kind-Pass zu heißen hat –, dann finde ich schon, dass das sehr tief blicken lässt, in welchen Mustern Sie noch sehen (Bundesrätin Schartel: ..., Herr Schreuder, Sie kennen die ...!), wie die Verantwortung in der Elternschaft für Kinder heutzutage aufgeteilt wird oder eben auch nicht aufgeteilt wird. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Spanring: Zwa Stierln in an Stoi mochn ka Kaibl!)

Es ist doch ganz wichtig - - (Bundesrat Spanring: Nicht einmal ...) – Ja, aber Sie wissen doch selber - - (Bundesrat Spanring: Das geht nicht!) – Ich rede jetzt von heterosexuellen Eltern, Herr Kollege. (Bundesrat Spanring: Ja!) Ich rede jetzt von heterosexuellen Eltern, wo es eine Mutter und einen Vater gibt. (Bundesrat Spanring: Auch da kriegt die Frau das Kind!)

Auch in diesem Fall wird der Vater die Verantwortung für dieses Kind haben, und deswegen ist es auch richtig, dass man das auch sprachlich festhält (Bundesrat Spanring: Nein, ...! – Bundesrätin Schartel: Nein, ...!) und Eltern-Kind-Pass sagt, weil eben beide Elternteile eine Verantwortung übernehmen. (Bundesrat Spanring: Normale Menschen wissen das! Also wenn wir so anfangen, dann müssen wir alles, alles, überall anpassen! Dann gibt’s ...! – Zwischenrufe der Bundesrät:innen Pröller und Schartel.)

Ja, Herr Kollege, aber jetzt habe ich eine schlechte Nachricht für Sie: Es gab einen Urteilsspruch des Verfassungsgerichtshofes (Zwischenruf des Bundesrates Bernard), in dem ganz eindeutig festgehalten wurde, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder haben können, dass gleichgeschlechtliche Paare auch Kinder adoptieren können (Bundesrat Spanring: Und trotzdem kann ...!), dass zwei Väter Kinder haben können, dass zwei Mütter Kinder haben können. (Bundesrätin Schartel: ..., das schau ich mir an ...!) Und wenn man noch an die vielen Regenbogenfamilien und Patchworkfamilien denkt, dann muss man auch festhalten, dass es viele verschiedene Formen von Familie gibt.

Sie können gerne für sich selbst ein Idealbild Ihrer Elternschaft und Ihrer Mutter­schaft leben, das will Ihnen keiner wegnehmen. Sie können aber nicht verleug­nen, dass es eine vielfältige Gesellschaft gibt, in der unterschiedliche Eltern unterschiedliche Lebensformen leben, und dass wir als Politik die Rah­menbedin­gungen schaffen müssen, damit die Rechtssicherheit für alle gleichermaßen gegeben ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt habe ich noch eine schlechte Nachricht für Sie von der Freiheitlichen Partei: Es gibt tatsächlich intersexuelle und Transgendermenschen. Es gibt Men­schen, die im Laufe ihres Lebens fühlen, spüren, dass ihr soziales Geschlecht ein anderes ist als das biologische, mit dem sie geboren wurden. (Bundesrat Spanring: Darum geht es ja nicht!)

Es haben uns auch der Verfassungsgerichtshof, die Ethikkommission und das Bundeskanzleramt ganz klar gesagt, dass wir das im Recht entsprechend anzupassen haben, dass wir als Politikerinnen und Politiker da Wertschätzung zeigen müssen, die Menschenrechte akzeptieren und anerkennen müssen, dass wir anerkennen müssen, dass es unterschiedliche Formen der Mutterschaft, der Vaterschaft gibt. Auch da müssen wir sagen, auch wenn man es für sich selbst vielleicht ablehnt: Als Politiker haben Sie gefälligst zu respektieren, dass Menschen in unterschiedlichen Lebensformen leben. Das gilt insbesondere auch für Transgenderpersonen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Spanring: Darum geht es wie gesagt nicht!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht ja heute auch um ein Gesetz aus dem Jahre 2017, das wir jetzt novellieren, und dieses Gesetz war von der Intention her ein sehr gutes. Ich möchte mich ausdrücklich bei der damaligen Gesund­heits­ministerin bedanken, die dieses Gesetz auf den Weg gebracht hat: Das war Pamela Rendi-Wagner (Bundesrat Tiefnig: Und Oberhauser!) – ja, und Sabine Oberhauser. Ich finde, das anzumerken ist sehr wichtig, weil man sagen kann, dass wir hier auf etwas durchaus Gutem, das damals entstanden ist, aufbauen können.

Worum geht es in diesem Primärversorgungsgesetz? Ich weiß, Primärversorgung hört sich ein bisschen sperrig an. Primärversorgung, was ist das? – Es geht darum, dass wir mit diesem Gesetz den Rahmen für allgemeinmedizinische Gemein­schaftspraxen schaffen und diese auch – und das finde ich wichtig – genau definieren. Das ist wirklich sehr vereinfacht gesagt, das muss ich schon zugeben. Die Möglichkeit dafür wurde eben von der damaligen Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner geschaffen, aber – deswegen gab es auch den Wunsch, eine Novelle zu machen – es hat nicht ganz den Erfolg gebracht, den wir uns alle erhofft haben, den wir uns alle erwartet haben, obwohl dieses Gesetz vom Grundgedanken her richtig war; und deswegen novellieren wir es jetzt.

Ein Erfolg wäre es gewesen, wenn es 75 Primärversorgungseinheiten geben würde. Wir haben bis heute 40. 75 wären gut gewesen, zum Beispiel auch eine im Lavanttal. Dabei würden ja diese Primärversorgungseinheiten für wirklich viele Menschen, für die Patientinnen und Patienten, aber auch für das medizi­ni­sche Personal, eine absolute Win-win-Situation bringen. Die Menschen pro­fi­tieren auf der einen Seite von längeren Öffnungszeiten, sie profitieren auch von besseren Öffnungszeiten und, das ist auch wichtig, vom Offenhalten an Tagesrandzeiten oder zum Beispiel an Wochenenden.

Wer kennt das nicht: Man hat nur einen Arzt oder eine Ärztin und wenn man hingeht, hängt ein gelber Zettel an der Tür: Bin auf Urlaub, gehen sie dort und dort hin! – Das ist tatsächlich für viele Menschen ein riesiges Problem. In Primärversorgungseinheiten sind Urlaubsvertretungen ganz klar geregelt und diese können – das finde ich ganz wichtig – vor Ort festgelegt werden, man muss keine Patientin und keinen Patienten nach Hause schicken. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wichtig ist auch, dass es dort zusätzliche Gesundheitsangebote gibt. Das ist auch eine Verbesserung für viele Gesundheitsberufe jenseits der Medizin. Es gibt eine stärkere Teamorientierung der Medizinerinnen und Mediziner, es ermög­licht aber eben auch das Ineinandergreifen von Gesundheitsberufen. Denken Sie zum Beispiel an Physiotherapeutinnen und -therapeuten, denken Sie an Massagen, denken Sie an orthopädische Einlagen und, und, und – da würde mir noch ganz viel mehr einfallen. Das alles kann tatsächlich vor Ort geregelt werden, unter einem Dach. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wie gesagt profitieren wirklich nicht nur die Patientinnen und die Patienten, sondern auch die Medizinerinnen und die Mediziner und die Gesundheitsberufe von solchen Primärversorgungseinheiten. Interdisziplinär und interprofessionell: So kann dort gearbeitet werden.

Wenn man mit Angestellten in den Primärversorgungseinheiten spricht, berich­ten eigentlich alle – Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger hat das ja schon sehr eindringlich und sehr gut am Beispiel Vöcklamarkt dargestellt – von einer besseren Work-Life-Balance, von einer besseren Planbarkeit des Alltags, von einem Job, der Spaß macht. Und, Entschuldigung, das sollte doch unser Ziel sein, dass Medizinerinnen und Mediziner Spaß an ihrem Job haben und nicht überlastet sind! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zusätzlich kommt noch ein riesiger Vorteil dazu: Das wirtschaftliche Risiko wird in einer solchen Primärversorgungseinheit auf mehrere Schultern verteilt. Es ist nämlich durchaus eine wirtschaftliche Grundfrage, ob ich als Arzt oder Ärztin sage, ich mache eine Praxis auf. Das ist keine Kleinigkeit, man muss sich vieles überlegen: Stimmt die Work-Life-Balance? Wie kann ich meinen Beruf mit meiner Familie verbinden? Wie schaffe ich das alles? Wie bezahle ich das alles? Wie schaut es mit dem Bedarf vor Ort aus? Kommen dann genug in die Praxis? Wie viele Ärzte gibt es rundherum? Da gibt es ja unendlich viele Fragen, die man sich auf wirtschaftlicher Ebene stellen muss, das sind aber ja keine ausgebildeten Betriebswirtschafter und Betriebswirtschafterinnen, sondern ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Dass das gute bisherige Gesetz trotzdem noch nicht ganz perfekt war, also der Erfolg sich noch nicht in der Form eingestellt hat, wie wir uns alle das erhofft haben, liegt schon auch daran, dass es bisher wirklich ein sehr hürdenreicher, ein sehr steiniger, ein sehr schwieriger und ein sehr bürokratischer Weg war, bis man eine solche Primärversorgungseinheit gründen konnte. Da gab es eben auch – das muss man hier offen ansprechen – diese Vetooption der Interessen­vertretung der Ärztinnen und Ärzte, nämlich der Landesärztekammern. Das muss man auch hier im Bundesrat ganz offen ansprechen können, da ja die Balance zwischen Bundes- und Länderinteressen der ureigenste Job von uns als Bundes­rätinnen und Bundesräten ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Option eines Vetos wurde – das kann man schon bedauern – in der Vergangenheit – ich sage es einmal vorsichtig – schon das eine oder andere Mal wahrgenommen, oder – sagen wir es offen – es wurde zu oft ein Veto eingelegt. Das heißt, die Bürokratie wurde erhöht, es wurde viel bürokratischer und schwieriger, so eine PVE zu gründen. Es lagen noch mehr Stolpersteine im Weg. Und dann irgendwann – und das kennt man; ich kenne es, ich habe auch selbst ein Unternehmen gegründet – zieht man sich leider auch zurück.

Wenn die Hürden nicht zu bewältigen zu sein scheinen, dann ist es wirklich schwierig, so einen wirtschaftlichen Weg zu gehen. Ich habe ja gesagt, das sind keine ausgebildeten Wirtschafterinnen und Wirtschafter. Umso wichtiger ist es, dass wir zu dieser Vetooption Nein gesagt haben, dass wir gesagt haben, wir wollen eine Entbürokratisierung, wir wollen es erleichtern und wir wollen es unterstützen, dass PVEs gegründet werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es stellt sich natürlich zu Recht die Frage, wenn man so ein Gesetz novelliert, also wenn man diese Vetomöglichkeit der Landesärztekammern entfernt: Wer sorgt dann dafür, dass die Qualität gesichert ist? – Es zählen in Zukunft der Bedarf und die Patientenorientierung in der jeweiligen Region. Und die Qualität unserer medizinischen Ausbildung in Österreich ist eins a. Wir können wirklich stolz darauf sein, dass wir so gute Medizinerinnen und Mediziner haben! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir erleichtern die Gründung auch dahin gehend, dass nur noch zwei Medi­zinerinnen und Mediziner für so eine Gründung notwendig sind. Man kann ja dann hoffen, dass sich mehr dazugesellen, aber es ist doch schon einmal super, wenn zwei Ärztinnen oder Ärzte sagen: Hey, machen wir das, gründen wir doch so eine Primärversorgungseinheit! Wir starten das jetzt – zum Beispiel im Lavanttal, Frau Kollegin, das wäre doch ein idealer Ort –, wir gründen das dort! Dann können immer noch jede Menge Menschen in Gesundheitsberufen, jede Menge Ärzt:innen, vielleicht auch Ärztinnen und Ärzte aus der Region, die gar nicht wegziehen wollen, nach dem Medizinstudium sagen: Ja, ich habe eine Perspektive, in dieser Primärversorgungseinheit meinen Beruf zu Hause auszu­üben!

Wir setzen auch die anderen Gesundheitsberufe auf Augenhöhe mit diesen Medizinerinnen und Medizinern, denn diese können in Zukunft auch mitgrün­den. Das heißt, das wirtschaftliche Risiko ist auch auf die Schultern der anderen Gesundheitsberufe verteilt, nicht nur auf jene der Medizinerinnen und Mediziner.

Auch das ist eine wirklich begrüßenswerte Weiterentwicklung, mit der wir bitte – das möchte ich jetzt schon auch einmal sagen – im 21. Jahrhundert ankommen. Das wollen die Leute vor Ort! Das ist doch gerade für uns im Bundesrat, die wir uns bezüglich der Aufwertung der Regionen Sorgen machen, die wir doch immer sagen müssen, wir müssen vor Ort eine Nahversorgung haben – und das gilt doch auch für die medizinische Nahversorgung –, wirklich begrüßenswert! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir ermöglichen in Zukunft auch die Gründung – das finde ich ganz wichtig und eigentlich toll und schön – von sogenannten Kinder- und Jungendheilkunde­primärversorgungseinheiten, eine Form, die in einer enorm wichtigen, ja fast schon drängenden Weise wirklich benötigt wird. Wie man weiß, ist ja der Mangel an Kinderärzten und ‑ärztinnen etwas, wovon man sehr oft hört und womit auch unser Gesundheitsminister immer wieder konfrontiert ist. Da ist diese Lösung, die wir heute präsentieren, eine absolut begrüßenswerte und richtige. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich gebe zu, das Ganze wird nur funktionieren, wenn die Medizinerinnen und Mediziner es annehmen, wenn sie sagen: Ja, ich will das! – Dass sie es annehmen, das sieht man daran, dass bereits mehr als 30 solcher PVEs – also solcher Primärversorgungseinheiten, man verzeihe mir, dass ich manchmal diese Abkürzung verwende – in den Startlöchern stehen. Es gibt derzeit tatsächlich 30 Primärversorgungseinheiten, die starten wollen und nur noch darauf warten, dass wir das hier im Bundesrat beschließen. Das ist doch ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Gesundheitsberufe und unsere Medizinerin­nen und Mediziner das haben wollen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Sollte tatsächlich dieser Vorwurf kommen, dass diese PVEs für die Medizine­rinnen und Mediziner nicht attraktiv wären, dann sind diese 30 wartenden Start-ups, sage ich einmal, diese medizinischen Start-ups, ja wohl eine eindeutige Antwort darauf.

Wenn wir das heute hier beschließen, dann werden auch die notwendigen Mittel – und deswegen müssen wir das auch wirklich beschließen – von der EU mit der Recovery and Resilience Facility zur Verfügung gestellt. Sie hat sie uns eigentlich schon zur Verfügung gestellt, und wir holen uns diese 100 Millionen Euro an Fördermitteln für die PVEs von der Europäischen Union ab. Die Europäische Union wird das mitfinanzieren. Das ist doch einmal eine Ansage! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich und, ich glaube, wir alle, hoffentlich wir alle, sind von diesem Prozess, von dieser Novelle derart überzeugt, dass wir das bisherige Ziel – ich habe es am Anfang meiner Rede genannt, das bisherige Ziel lautete: 75 Primärversorgungs­einheiten in ganz Österreich – noch überschreiten können. Wir wollen keine 75, wir wollen 120! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Und auch diese 120 Primärversorgungseinheiten in ganz Österreich sind keine Obergrenze, sie sind ganz und gar keine Obergrenze. Im Gegenteil: Die Patientinnen und Patienten in diesem Land werden sich freuen, wenn es noch mehr gibt. Und wenn alle das annehmen, wird auch die Bereitschaft der Medizinerinnen und Mediziner und der Gesundheitsberufe, das anzunehmen, noch viel größer sein, dessen bin ich mir ganz, ganz sicher. Das ist eine Freude für mich. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich freue mich tatsächlich über diese Primärversorgungseinheiten, die wir hier heute beschließen.

Ich möchte trotzdem noch einmal zum Eltern-Kind-Pass zurückkommen, weil mir das wirklich ein sehr großes Anliegen ist, weil da sehr viele Fragen auf uns zugekommen sind und auch hier in den Reden dazu sehr viel gesagt worden ist, das schlicht und ergreifend nicht stimmt. Ich möchte die meistgestellten Fragen und die Antworten darauf aufzeigen und hier klarstellen, auch für die Eltern. Wir haben ja selbst welche unter uns, wir haben – jetzt gerade nicht im Raum – auch eine Kollegin, die gerade ein Kind bekommen hat. Von dieser Stelle aus herz­lichen Glückwunsch an Frau Kollegin Prügl! (Allgemeiner Beifall.)

Weil uns diese Fragen gestellt worden sind, möchte ich sie beantworten, damit hier nichts unbeantwortet bleibt.

Gibt es eine Möglichkeit, eine Schwangerschaftsabbruchstatistik zu erstellen?, ist eine dieser Fragen, die uns immer wieder gestellt wurden. – Die Antwort ist: Nein. Zur Erklärung:  „Erfolgt zwischen dem letzten Eintrag in den eEKP“ – den Eltern-Kind-Pass – „und drei Wochen nach dem errechneten Geburtstermin keine weitere Eintragung, ist der eEKP“ – Eltern-Kind-Pass – „zu schließen“, und die Daten werden in weiterer Folge binnen einer Jahresfrist gelöscht.

Die vormals schwangere Person hat aber die Möglichkeit, die Daten regulär 30 Jahre speichern zu lassen – wenn diese Person das will. Es wird aber niemals – niemals! – ein Grund für das Ausbleiben weiterer Eintragungen vermerkt. Das heißt, neben dem Umstand, dass die Daten zeitnah gelöscht und damit nicht weiter ausgewertet werden können, ist aus dem Eltern-Kind-Pass schlicht und ergreifend nicht ersichtlich und auch nicht ermittelbar, welcher der möglichen Gründe es ist – sei es ein Schwangerschaftsverlust, ein Kind, das nicht lebend geboren wird, eine stille Geburt, eine Abtreibung, ein Umzug ins Ausland. Diese und viele andere Gründe können ja dazu führen, dass der jeweilige Eltern-Kind-Pass geschlossen wird. Es kann somit keine Abtreibungsstatistik aus den im Eltern-Kind-Pass hinterlegten Daten erstellt werden.

Mit dem Eltern-Kind-Pass wird der aktuelle Mutter-Kind-Pass aus Papier nach­gebildet. Schwangerschaftsabbrüche wurden im Mutter-Kind-Pass aus Papier nicht erfasst, sie werden auch weiterhin, auch im digitalen Pass, nicht erfasst, nicht im Eltern-Kind-Pass und auch nicht in der digitalen Welt.

Eine weitere Frage, die sehr oft gekommen ist: Kommt eine verpflichtende Elternberatung als Voraussetzung für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes in voller Höhe? – Die Antwort ist: Nein. Welche Voraussetzungen es braucht, um das Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe zu beziehen, ist im Kinderbetreuungs­geldgesetz geregelt und es ändert sich mit diesem Eltern-Kind-Pass diesbe­züg­lich nichts für die Eltern.

Eine weitere Frage, die gekommen ist: Kann per Verordnung eine verpflichtende Elternberatung eingeführt werden? – Die Antwort ist: Nein. Ihr habt es euch wahrscheinlich schon gedacht, dass die Antwort Nein ist.

Welche Leistungen des Eltern-Kind-Passes verpflichtend sind und welche nicht, ist nicht im Eltern-Kind-Pass geregelt. Das bleibt auch weiterhin so. Jede diesbezügliche Änderung braucht eine gesetzliche Änderung, und das würden wir dann eh hier besprechen und ändern müssen. Das ist bisher so und das bleibt auch weiterhin so. Per Verordnung, die in letzter Zeit viel zitiert wurde, kann geregelt werden, welche Untersuchungen oder Beratungsleistungen in den Eltern-Kind-Pass aufgenommen und damit – das ist im Übrigen auch wichtig – gratis werden können. Per Verordnung kann also das prinzipielle Leistungs­ange­bot geregelt werden.

Es kann aber nicht per Verordnung geregelt werden, welche dieser Unter­suchun­gen verpflichtend sind und welche nicht. Nach dem Gesetzestext ist eine freiwillige Elternberatung im Rahmen des Eltern-Kind-Passes natürlich möglich, eine verpflichtende Beratung ist nicht vorgesehen. Ich darf auch sagen: Solange ich mitsprechen darf, wird das auch weiterhin nicht der Fall sein.

Eine weitere Frage, die sich hier stellt: Können Familienberatungsstellen, zu denen vielfältige Einrichtungen gehören, die Gesundheitsdaten der Mutter im elektronischen Eltern-Kind-Pass einsehen? Es sind in den Reden ja schon Datenschutzbedenken geäußert worden. – Die Antwort ist: Nein. Familienbe­ratungsstellen haben keinen prinzipiellen Zugriff auf den elektronischen Eltern-Kind-Pass – never ever! Sie können nur die Daten einsehen, die sie auch selber eingetragen haben, zum Beispiel ein freiwilliges Beratungsgespräch. Die Gesundheitsdaten der Mutter können Familienberatungsstellen nicht einsehen.

Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, viele der Bedenken, die Sie hier heute geäußert haben, kann man tatsächlich aus dem Feld räumen. Sie können diesem Gesetz getrost zustimmen. Und wenn tatsächlich das Wort Mutter, das durch das Wort Eltern ersetzt wird, das große Problem ist, dann nimmt es Ihnen nie­mand übel – es wird Ihnen wirklich niemand übel nehmen –, wenn Sie zu Hause den Eltern-Kind-Pass einfach weiterhin Mutter-Kind-Pass nennen. Sie dürfen das. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner hebt die Hand.)

17.24

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Bitte schön, Frau Bundesrätin.

Frau Bundesrätin, einen Moment, Herr Fraktionsvorsitzender Steiner hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

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