10.56

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Aktuelle Chancen und Potenziale in der Digitalisierung für Bund und Länder“. Herr Staatssekretär, die Frage, die sich für mich stellt, ist: Wäre nicht der Titel Chancen und Potenziale in der Digitalisierung für die Bevölkerung, für die Wirt­schaft, in der Stadt und auf dem Land sinnvoll? (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist bei allem im Leben so: Es gibt nichts, das Vorteile hat, ohne auch Nachteile mit sich zu bringen: Effizienzsteigerung durch die Digitalisierung für Unter­nehmen – um ihre betrieblichen Abläufe zu optimieren und zu automatisieren. Manuelle Prozesse werden durch digitale Systeme ersetzt, was Zeit und Ressourcen spart. Natürlich kann die Digitalisierung auch zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Zudem können digitale Prozesse zum Beispiel den Bedarf an physischen Ressourcen und Papier reduzieren, was zu weiteren Einsparungen führt.

Durch die Digitalisierung haben Unternehmen die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen am globalen Markt anzubieten. Das Internet ermöglicht den Zugang zu Kunden auf der ganzen Welt – unabhängig von geografischen Einschränkungen. Dies eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten und potenziell größere Kundengruppen. Digitale Kanäle wie E-Mail, soziale Medien und Unternehmenswebsites erleichtern die Kommunikation mit dem Kunden. Unternehmen können direktes Feedback erhalten, Kundenanfragen schnell beantworten und personalisierte Marketingbotschaften senden. Eine bessere Kundenkommunikation kann zu einer stärkeren Kundenbindung und einer höheren Kundenzufriedenheit führen.

Durch die Digitalisierung generieren Unternehmen große Mengen an Daten. Mithilfe von Datenanalysetools können sie wertvolle Einblicke gewinnen und fundierte Geschäftsentscheidungen treffen.

Die Digitalisierung fördert Innovation in der Wirtschaft. Neue Technologien und digitale Lösungen ermöglichen die Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen. Unternehmen können neue Geschäftsmodelle erforschen und innovative Ansätze zur Problemlösung finden.

Die Digitalisierung ermöglicht es Unternehmen, flexibler und agiler zu sein. Digitale Tools und Plattformen erleichtern die Zusammenarbeit in Teams – unabhängig von Standorten. Unternehmen können schnell auf Marktverände­rungen reagieren und ihre Geschäftsmodelle anpassen.

Diese Vorteile der Digitalisierung tragen dazu bei, dass Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und ihr Wachstumspotenzial ausschöpfen können. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung sorgfältige Planung, Investitionen in die Technologieinfrastruktur und Schulungen für Mitarbeiter erfordert.

Wie aber bereits vorhin erwähnt, gibt es natürlich auch Nachteile. Die Automatisierung und der Einsatz von digitalen Technologien können und werden zu Arbeitsplatzverlusten führen. Wenn menschliche Arbeitskräfte durch Maschinen oder Software ersetzt werden, werden bestimmte Jobs überflüssig werden.

Mit der zunehmenden Abhängigkeit von digitalen Systemen steigen auch die Sicherheitsrisiken. Cyberkriminalität wie Hacking und Datendiebstahl wird zu einer wachsenden Bedrohung. Unternehmen müssen bereits jetzt erhebliche Anstrengungen unternehmen, um ihre digitalen Systeme vor Angriffen zu schützen und die Privatsphäre sensibler Informationen zu gewährleisten.

Die Digitalisierung kann zu einer Kluft zwischen denjenigen, die Zugang zu digitalen Technologien haben, und denen, die keinen Zugang haben, führen – aber dazu komme ich später noch.

 Insbesondere in ärmeren Regionen oder bei benachteiligten Bevölkerungs­gruppen kann der Mangel bezüglich Zugang zu digitalen Ressourcen zu einer weiteren Marginalisierung führen.

Eine starke Abhängigkeit von digitalen Systemen und Technologien kann zu Risiken führen. Störungen oder Ausfälle in der Technologieinfrastruktur können zu erheblichen Beeinträchtigungen der Geschäftsprozesse führen. Zudem können Unternehmen anfällig für technische Probleme oder Ausfälle sein, was zu Produktionsverzögerungen oder Kundenserviceproblemen führen kann.

Die Digitalisierung geht oft mit der Sammlung und Speicherung großer Mengen an persönlichen Daten einher. Dies wirft Datenschutzbedenken auf, da die missbräuchliche Verwendung von Daten zu Identitätsdiebstahl oder Verletzun­gen der Privatsphäre führen kann. Es ist wichtig, angemessene Daten­schutzrichtlinien und -praktiken zu implementieren, um diese Risiken zu minimieren.

Die zunehmende Digitalisierung kann zu einem Verlust von persönlichen Interaktionen führen. Wenn Kundenbetreuung oder -kommunikation hauptsächlich über digitale Kanäle stattfindet, kann dies zu einer Entfremdung oder Verminderung der persönlichen Beziehungen führen. Es ist wichtig, diese Nachteile zur Kenntnis zu nehmen und Strategien zu entwickeln, um mit ihnen umzugehen. Eine ausgewogene Herangehensweise an die Digitali­sierung, die sowohl die Vorteile als auch die Risiken berücksichtigt, ist entschei­dend, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

Da jetzt Ihrerseits die Chancen für Bund und Länder aufgrund der Digitali­sierung angesprochen wurden: Natürlich wird durch diese der öffentlichen Verwaltung ermöglicht, effizienter zu arbeiten und Bürgern und Unternehmen ein besseres Service zu bieten. Durch die Bereitstellung von Onlinediensten und -plattformen können Behördengänge vereinfacht und beschleunigt werden. Zudem können digitale Lösungen die Zusammenarbeit und den Informationsaus­tausch zwischen verschiedenen staatlichen Institutionen verbessern.

Die Digitalisierung bietet Möglichkeiten zur Modernisierung des Bildungs­systems. Durch den Einsatz von digitalen Technologien und Online­lern­plattformen können Lerninhalte interaktiver und individualisierter gestaltet werden.

Digitale Lösungen im Gesundheitswesen bieten Chancen für eine effizientere Patientenversorgung und verbesserte medizinische Diagnosen. Telemedizinische Anwendungen ermöglichen Fernkonsultationen und den Austausch von medizinischen Informationen. Digitale Gesundheitsakten erleichtern den Zugriff auf Patientendaten und ermöglichen eine bessere Koordination der Behand­lung.

Unter anderem bieten diese Bereiche Bund und Ländern die Möglichkeit, ihre Dienstleistungen zu verbessern, effizienter zu arbeiten und Innovationen voranzutreiben. Es ist jedoch wichtig, Investitionen in die Technologieinfra­struktur, die Ausbildung von Fachkräften und Vorkehrungen für den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit zu berücksichtigen, um die Chancen der Digitalisierung optimal zu nutzen.

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur, insbesondere schnellerer Breitbandver­bindungen, schafft die Grundlage für eine effektive digitale Transformation. Bund und Länder können – nein, sie müssen! – in den Ausbau der Netzinfrastruk­tur investieren, um sicherzustellen, dass alle Regionen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können.

In meiner eigenen Wohnsitzgemeinde stehen wir beispielsweise vor folgen­den Herausforderungen: Seit längerer Zeit sind wir mit mehreren Netzanbietern in Verbindung. Der eine verlegt Leerverrohrungen, wenn aufgegraben wird, und baut ein richtiges Verteilernetz auf. Das hat den Vorteil, dass spätere Anschlussmöglichkeiten vorhanden sind, dauert dadurch aber natürlich wesent­lich länger. Der andere Anbieter verlegt die Anschlüsse, die jetzt benötigt werden, nur sternförmig, und die Anschlussmöglichkeiten sind erschwert, wenn in zwei Jahren weitere Teilnehmer einen Anschluss haben wollen.

Herr Staatssekretär! Wissen Sie, was da fehlt? – Es fehlt ein richtiges Förder­system für die Gemeinden, mit welchem den Gemeinden die flächendeckende Verlegung der Leerverrohrungen entsprechend gefördert wird. Das wäre der gewünschte Impuls, um dem Thema Digitalisierung, welches in direkter Verbindung mit dem Glasfaserausbau steht, den benötigten Turbo zu verpassen und die nötige Gleichberechtigung zwischen Stadt und Land herzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dadurch wird auch eine Aufwertung der Grenzgemeinden und Grenzregionen ermöglicht, da durch den Einsatz digitaler Kommunikationskanäle Bund und Länder auch enger mit anderen Ländern zusammenarbeiten, um gemeinsame Herausforderungen anzugehen.

Die zusätzlichen Chancen zeigen, dass die Digitalisierung weitreichende Aus­wirkungen auf verschiedene Bereiche der öffentlichen Verwaltung, der Wirtschaft und der Gesellschaft hat. Dadurch, dass Bund und Länder diese Chancen nutzen und auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausfor­derungen reagieren, können sie eine zukunftsorientierte und innovative digitale Agenda vorantreiben.

Bei meiner Recherche habe ich mir auch die Auswirkungen der Digitalisierung auf die verschiedenen Altersgruppen angesehen. Sehen wir uns zunächst die ältere Generation, 60 plus, an: Ältere Menschen können von der Digitalisierung profitieren, indem sie Zugang zu Informationen, Kommunikationsmöglichkeiten und Onlinediensten erhalten. Die digitalen Geräte und Technologien wie Tablets, Smartphones und soziale Medien ermöglichen es diesen Menschen, mit ihren Familien und Freunden in Kontakt zu bleiben. Zudem können ihnen digitale Gesundheitslösungen den Zugang zu medizinischer Versorgung und Informatio­nen erleichtern. Allerdings kann es für einige ältere Menschen auch eine Herausforderung sein, sich mit den neuen Technologien vertraut zu machen, und es besteht das Risiko der digitalen Kluft.

Die erwerbstätige Generation im Alter zwischen 20 und 60 ist mit massiven Auswirkungen auf die Arbeitswelt konfrontiert. Für die Erwerbstätigen eröffnen sich neue Möglichkeiten in Form von flexiblerem Arbeiten, Remotearbeiten und digitalen Plattformen. Gleichzeitig kann es jedoch auch zu Arbeitsplatzverlusten durch Automatisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz kommen. Ständige Weiterbildung und Anpassung an neue Technologien sind wichtig, um beruflich wettbewerbsfähig zu bleiben.

Für die jüngste Generation ist die Digitalisierung offensichtlich allgegenwärtig und prägend. Die jungen Menschen sind mit den Technologien von Smart­phones, mit sozialen Medien und Onlinediensten aufgewachsen. Die Digitalisie­rung bietet ihnen den Zugang zu Bildung, Onlinelernplattformen und beruflichen Möglichkeiten im Bereich der digitalen Wirtschaft. Gleichzeitig können jedoch auch Herausforderungen wie erhöhte Bildschirmzeit, Abhängigkeit von sozialen Medien und Datenschutzrisiken auftreten. Die Digitalisierung hat auf Kinder und Jugendliche sowohl positive als auch negative Auswirkungen, jedenfalls können sie aber von den Vorteilen digitaler Bildung und vorhandener Onlineressourcen profitieren.

Da meine Redezeit schon zu Ende geht, möchte ich nur noch ganz kurz über digitale Ausbildung an den Schulen berichten. So wurde zum Beispiel – so ist es derzeit – in einer benachbarten Schule im Bezirk Mistelbach zwischen der fünften und der achten Schulstufe in diesem Zusammenhang ein Pflichtfach eingeführt, die Kinder werden aber nur eine einzige Stunde unterrichtet, und das ist unserer Meinung nach zu wenig. Außerdem besteht auch das Problem, dass viele Lehrer dafür nicht die richtige Ausbildung haben.

Darum fordern wir Freiheitliche, dass man es auf der einen Seite schafft, dass der Bund von seiner Seite aus die Gemeinden und Länder unterstützt, dass es einerseits die richtige Verrohrung gibt und man die Glasfaserverkabelung ausbauen kann (Bundesrat Schreuder: Jederzeit!) und dass man auf der anderen Seite die Lehrpläne anpasst. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.07

Vizepräsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte.