12.19

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Staatssekretärinnen! Werter Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Budget ist vor allem ein Budget der vertanen Chancen, würde ich einmal sagen, Herr Kollege Tiefnig. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie auch einen Ausflug – haben Sie gesagt – zum Finanzausgleich unternommen haben: Jetzt bereuen es auch schon sehr viele ÖVP-Bürgermeister. (Bundesrat Himmer: Na geh!) – Ja sicherlich, hören Sie sich an, was gesagt wird! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wird schon der Wunsch nach Nachverhandlung geäußert: Wir werden mit dem Bund noch über dieses oder jenes reden müssen; es wird an allen Ecken und Enden krachen! – Auch das ist eine Vereinbarung der vertanen Chancen.

Dieses Budgetbegleitgesetz, das uns jetzt vorliegt, ist ja insgesamt ein buntes Sammelsurium an Novellen, die notwendig sind, um das vom Nationalrat beschlossene Budget der vertanen Chancen – ich sage es noch einmal – mit Rekorddefizit umzusetzen. Die Themenpalette, die wir heute hier vor uns liegen haben, ist entsprechend breit, deshalb erlauben Sie mir einige Themensprünge, die notwendig sind. Es ist ja alles drinnen, angefangen vom Schulunterrichts-Digitalisierungs-Gesetz – wobei ich dazusagen muss, da geht es um die Bildung, um die Kostenbeiträge der Eltern zur digitalen Infrastruktur, aber gerade die Bildung ist die große Verliererin des Budgets. (Beifall bei der SPÖ.)

Es werden überhaupt keine Offensivmaßnahmen gesetzt, es werden gerade einmal die Pflichtausgaben getätigt, um die Inflation einigermaßen abzudecken. In Wahrheit ist es eine reelle Kürzung, und das, obwohl wir gerade die aktuellen Pisa-Berichte bekommen haben, aus denen hervorgeht, dass Bildung in Österreich mehr denn je ein Erbgut ist. Der lang gehegte Wunsch und das angestrebte Ziel, Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen, wird in Österreich mit dieser verantwortungslosen Politik immer mehr zu einem Märchen. (Bundesrätin Schumann: Ja! – Bundesrat Schennach: Aufwachen, Kollege Tiefnig, aufwachen!) Da hätte man sich wirklich mehr erwarten können. Das ist wirklich eine große vertane Chance, für die leider Generationen nach uns bezahlen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie gesagt ist es ein Sammelgesetz. Wir haben ja leider im Bundesrat kein Teileinspruchsrecht, sondern können hier nur in Bausch und Bogen zustimmen oder ablehnen. Leider überwiegt das Negative, weshalb wir ablehnen müssen. Allerdings sind auch positive Dinge darin – es ist schon angesprochen worden –: im Strafgesetzbuch, im Fachhochschulgesetz, im Gedenkstättengesetz beispielsweise, wie auch schon vom Kollegen angesprochen wurde, im Rechtspraktikantengesetz oder auch mit der Anhebung der Bundesjugendförderung – allerdings auch zu wenig stark, weil der Teuerung auch nicht Rechnung getragen wird. Da wären durchaus ein paar Dinge – auch im Umweltbereich –, die zustimmungsfähig wären. Wie gesagt haben wir aber kein Teileinspruchsrecht und können deshalb nicht differenziert abstimmen.

Was auch ein Tropfen auf den heißen Stein ist – das möchte ich auch kurz herausgreifen –, ist das Arzneimittelgesetz. Damit wird das Gesamtproblem, dass in Österreich an die 500 Medikamente nicht verfügbar sind, nicht gelöst. (Bundesrätin Grimling: 567! – Bundesrat Schennach: 567!) – 567, das haben wir in der gestrigen Sitzung des EU-Ausschusses erfahren, und das ist wirklich fatal. Da braucht es wirklich mehr Maßnahmen, mehr Anstrengungen und eine Gesamtstrategie. Das bedeutet nämlich für viele, viele chronisch kranke Menschen – oder überhaupt für Menschen, die Medikamente brauchen, auf die sie dringend angewiesen sind – ein echtes gesundheitliches Risiko.

Erst unlängst hat mich eine Epilepsiepatientin aus meiner Region kontaktiert, die schon jahrelang auf ein bestimmtes Medikament eingestellt war. Jetzt ist es plötzlich nicht mehr verfügbar, wird nicht mehr nach Österreich geliefert. Sie hat jetzt in immer kürzeren Intervallen Anfälle und alle möglichen Folgeprobleme, Herzprobleme und so weiter. Da braucht es also wirklich ein umfassendes Konzept der Versorgungssicherheit mit Medikamenten. Das hat natürlich eine europapolitische Komponente, aber es hat auch eine starke nationalstaatliche Komponente. Da rächt sich das Kaputtsparen im Gesundheitssystem in den letzten Jahren, speziell bei der Gesundheitskasse, wirklich bitter. Diese Chance, da wirklich entsprechende Gesamtstrukturen zu schaffen, haben Sie auch verpasst.

Nächster thematischer Sprung – wie gesagt, es geht wirklich quer durch die Themenbereiche –; jetzt springe ich weiter zu den Pferden in der Spanischen Hofreitschule (Heiterkeit der Bundesrät:innen Grimling und Gfrerer): Da soll entsprechend einer Empfehlung des Rechnungshofes eine Basiszuwendung von 2,5 Millionen Euro jährlich erfolgen, was gut ist. Aber: Es gibt keine transparenten Regelungen, wie das Geld tatsächlich verwendet werden soll. Da appelliere ich als Steirerin massiv dafür, dass die Mittel auch in das Lipizzanergestüt Piber in der Weststeiermark fließen (Bundesrat Schennach: Ja! Unbedingt!), um auch dorthin ein Signal zu senden, dass dieser wichtige Standort wertgeschätzt und nicht, wie unter Schwarz-Blau in den frühen 2000er-Jahren, infrage gestellt wird. Da wären die Investitionen dringendst geboten, das wäre wirklich ein wichtiges Signal. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Da gibt es schon eine schöne Kirche dort!)

Nächster thematischer Sprung, das Sozialrecht: Die Aushöhlung der Arbeitsmarktpolitik ist massiv abzulehnen, weil sie bedeutet, dass zahlreiche wichtige arbeitsmarktpolitische Projekte schlichtweg von der Einstellung bedroht sind. Das kann es wirklich nicht geben, weil es da um Projekte geht, die dringend notwendig sind, um die Chancen und Verdienstmöglichkeiten von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen – unter anderem geht es um diese Projekte, und es geht natürlich noch um viel mehr. Das möchte ich aber besonders herausgreifen, weil wir ja sehen, welche Auswirkungen es hat, wenn Frauen nicht in entsprechende Berufe kommen, die ihnen ausreichend Erwerbsmöglichkeiten bieten, um vor Armut geschützt zu sein. Das wäre dringend notwendig, um auch einer entsprechenden Altersarmut vorzubeugen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass im Jahre 2023 die Eigenpension von Frauen immer noch um 40 Prozent niedriger ist als die der Männer. Die durchschnittliche Bruttopension von Frauen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze. Es ist unglaublich, dass das im Jahre 2023 so ist. Die Situation dürfte sich für viele weiter verschärfen, nämlich mit der stufenweisen Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters auf 65 Jahre für alle, die ab 1.1.1964 geboren sind. Schon jetzt können viele nicht direkt von einem Arbeitsplatz aus in Pension gehen, sondern müssen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Pension gehen und entsprechende Abschläge in Kauf nehmen – oder wie gesagt überhaupt aus der Arbeitslosigkeit in die Pension gehen. Der Arbeitsmarkt – viele Unternehmen – diskriminiert nämlich immer noch ältere Personen massiv, und Menschen werden förmlich nach ihrem Geburtsdatum aus dem Unternehmen hinausselektiert, hinaussortiert.

Das sind die Situationen, denen sich gerade Frauen stellen müssen: Teilzeit, Versicherungslücken durch Kinderbetreuungszeiten. Dadurch müssen Frauen mit beschämend niedrigen Pensionen leben, obwohl sie ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gute Absicherung für Frauen in der Pension und Schutz vor Altersarmut“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Frauen eine gute Pension und Schutz vor Altersarmut zu gewährleisten, indem sie

- endlich geeignete Anreize setzen um das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, insbesondere präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen sind notwendig,

- die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Personaloffensive in den Bereichen Gesundheit, Kinderbildung und Pflege zur Verfügung stellt

- rasch Maßnahmenpakete umsetzt um Frauen, die derzeit in Teilzeit sind zu ermöglichen, in einem höheren Stundenausmaß oder Vollzeit zu arbeiten

- eine verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten umsetzt und

- ein klares Bekenntnis gegen eine Erhöhung des derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalters abgibt.“

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Wir werden Ihnen auch die Möglichkeit geben, sich heute hier klar zu deklarieren: für die Frauen, für mehr Pensionsgerechtigkeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag.a Elisabeth Grossman, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gute Absicherung für Frauen in der Pension und Schutz vor Altersarmut“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Andrea Mayer. – Bitte schön.