19.11
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Spannendes Thema, wenn wir über Medienpolitik reden, auf jeden Fall! Bei manchen Redebeiträgen hatte ich auch wirklich den Eindruck, es wird immer noch so über Medienpolitik gesprochen, als ob wir noch das Jahr 1996 hätten.
Die unglaublichen und dramatischen Veränderungen, die die Digitalisierung und auch die Internationalisierung und die neuen Plattformen mit sich gebracht haben, haben zu derart großen Erschütterungen in der Medienwelt geführt, das muss man hier schon auch ganz deutlich sagen. Wenn man immer noch glaubt, in Österreich gehe es darum, dass irgendein privater Unternehmer gegen einen öffentlich-rechtlichen zu kämpfen hätte, dann muss man sagen, das ist nicht mehr so. Die haben einen gemeinsamen Kampf gegen Google, gegen Facebook, gegen Netflix oder gegen Amazon zu führen. Das ist die Situation, in der wir sind.
Sie haben gesagt, Sie sind froh, dass es manche Plattformen gibt, die wir nicht kontrollieren können. Ich bin da ganz anderer Meinung, ich glaube, Plattformen wie Tiktok oder Facebook oder andere, die nur über Algorithmen arbeiten, sind gefährlich. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Machen Sie einmal einen Selbstversuch! Machen Sie einmal einen Selbstversuch bei diesen wunderbaren Plattformen, wo wir keinen Einfluss haben, das würde ich Ihnen wirklich anraten. Schauen Sie sich einmal auf Tiktok ein Video an, wo die Hamas gefeiert wird. Geben Sie nur ein: Gaza, Hamas, schauen Sie ein Video, wo irgendjemand sagt, die Hamas sei super, und Sie werden ausschließlich nur noch die Hamas abfeiernde Videos sehen! Das sind die Algorithmen dieser Plattformen, so arbeiten sie. So funktionieren Fakenews, so funktioniert eine ganz gefährliche Entwicklung, die unserer Demokratie zutiefst schadet. (Bundesrat Spanring: Also das ist Gehirnwäsche?!) Darüber müssen wir reden, wenn wir über Medienpolitik reden. Das ist ganz essenziell. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Das, was wir hier jetzt machen, ist meiner Meinung nach schon wichtig, deswegen bin ich auch dankbar, trotz aller Kritik, dass die SPÖ auch weiß, dass es da um wichtige Verantwortungsfragen geht – auch wenn man das wahrscheinlich in vielen Punkten anders ausverhandelt hätte –, dass es hier dringend notwendige und auch neue Schritte einer sehr durchdachten Förderschiene gibt.
Einen Aspekt wollte ich Bezug nehmend auf Ihre Rede, Herr Kollege Schennach, noch erwähnen. Ich war ja sehr lange Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und habe dort auch über einen Kollektivvertrag verhandelt. Dort waren erstaunlich viele Medienunternehmen, andere, die im Marketingbereich tätig sind, also APA, ORF Marketing und so, mit denen ich verhandelt habe, und es waren auch sehr viele EPUs und sehr viele freie Journalisten, die bei Werbung und Marktkommunikation sind, weil sie natürlich auch PR-Texte für Werbeagenturen schreiben; die können nicht nur vom Journalismus allein leben. (Bundesrat Schennach: Genau!)
Wir wollten dort einmal – das war übrigens in einer grün-roten Koalition in der Fachgruppe – auch den Grafikerinnen und Grafikern, den freien Journalisten, den Texterinnen und Textern so etwas wie Richtlinien geben: Was bin ich wert? Welches Honorar darf ich denn verlangen? – Das darf man in Österreich nicht! Man darf in Österreich nicht sagen, auch als Wirtschaftskammer nicht, das ist kartellrechtlich einfach nicht erlaubt: Verlangt soundso viel Honorar! – Das darf man nicht. Das ist der freie Markt. Was wir als Fachgruppe machen konnten, war, dass wir Hilfestellung darin gegeben haben, wie man Honorare berechnet und worauf man Rücksicht nehmen muss: Was braucht es an Strom, an Internet? Was kostet das alles? Wie viel braucht es, dass man davon leben kann? Was man aber nicht kann: eine Art Kollektivvertrag für Freie ausverhandeln. Das klingt super, aber das ist tatsächlich rein rechtlich in Österreich nicht möglich.
Ich wollte das nur gesagt haben, weil man sich meiner Meinung nach dessen bewusst sein muss und weil ich mich dort zufällig wirklich sehr intensiv mit dem Thema, auch gemeinsam mit sozialdemokratischen Kollegen, mit Marcus Arige zum Beispiel, auseinandergesetzt habe.
Meine Damen und Herren! Die Digitalisierung hat auch dazu geführt, dass die Bereitschaft, für gut recherchierte Artikel auch zu bezahlen, gesunken ist. Also das ständige Gratis-zur-Verfügung-Stehen von Informationen, eben zum Beispiel auf Tiktok oder auf anderen Plattformen, hat dazu beigetragen und natürlich auch dazu, dass ungefilterte Inhalte und algorithmisierte ungefilterte Inhalte überhandnehmen.
Ein anderes Problem, das wir tatsächlich auch hatten, sind natürlich die gesteigerten Papier- und Energiekosten, die natürlich auch die Medienbranche in einer ganz besonderen Art und Weise getroffen haben.
Der Journalismus und allen voran der Qualitätsjournalismus – und das ist der, er sich logischerweise an die Spielregeln von gutem Journalismus hält – ist tatsächlich unter enormen Druck geraten, und es spielt in Österreich mit einem traditionell sehr hohen Boulevardanteil – das muss man ja auch ganz offen aussprechen: Österreich hat einen hohen Boulevardanteil – und wo auch Kampagnenjournalismus eine große Tradition hat, natürlich eine demokratiepolitische Rolle, wie wir damit umgehen. Jetzt haben wir eben zusätzlich zur bisherigen Presseförderung, das sind so um die 9 Millionen Euro, diese neue Förderung in der Höhe von doch 20 Millionen Euro – das muss man schon auch ganz deutlich sagen – zur Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs. Sie ist höher dotiert als die bisherige Presseförderung und sie ist insofern ein medienpolitischer Meilenstein – das möchte ich schon sagen –, weil es vor allem um den Journalismus geht. Es geht nicht sozusagen um Medienförderung, es geht um die Förderung von Journalismus. Da ist nämlich ein bisschen ein Unterschied. (Bundesrat Schennach: Aber Medienforschung!) – Ja, ja.
Ich möchte noch sagen: Diese Förderungen werden verknüpft mit der Förderung von journalistischen Arbeitsplätzen. Das ist schon auch wichtig, und da geht es natürlich auch um den Kollektivvertrag beziehungsweise einen vergleichbaren Tarif. Das ist schon eine Basis für so eine Förderung.
Es geht um die Inhaltsvielfalt – ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache, vor allem für uns hier im Bundesrat –, für die diese regionalen Berichterstattungen so wichtig sind. Davon leben wir ja auch. In Wien ist das ein bisschen einfacher. Ich beneide immer meine Kolleginnen und Kollegen in den Bezirken, die natürlich viel leichter in einer Bezirkszeitung zu finden sind als ein Wiener Bundesrat. Wir haben nicht so eine regionale Verankerung von medialer Arbeit. Aber diese regionale Arbeit ist doch wichtig.
Es erfolgt auch eine verstärkte Förderung von journalistischer Ausbildung sowie eine Einbeziehung von reinen Onlinemedien, Monatszeitungen und auch Straßenzeitungen.
Das sind viele Gründe, hinsichtlich derer ich sage, es ist wichtig, dass wir diese ganz neuen Wege der Journalismusförderung gehen. Ich kann nur bitten, zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
19.18
Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es ist gerade eine Wortmeldung zurückgezogen worden, also darf ich Frau MMag. Dr. Susanne Raab das Wort erteilen. – Bitte sehr.