17.42

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geehrter Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich kann jetzt nur noch einmal in dieselbe Kerbe schlagen wie schon mein Kollege Kovacs: Für parteipolitisches Hickhack ist dieses Thema einfach nicht zu missbrauchen. (Beifall und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es ist zu ernst. Wir kritisieren nicht die Polizei! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Auch von mir an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an unsere Polizist:innen. (Bundesrat Buchmann: Frau Kollegin, da müssen Sie sich aber in den Spiegel schauen!) Jetzt bin ich am Wort, Herr Kollege. (Bundesrat Buchmann: Na ja! – Bundesrat Himmer: Und wir sind auch da! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Polizistinnen und Polizisten- - Ja, später dann, Herr Kollege. Jetzt rede ich! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Sie drehen uns das Wort im Mund um. Das ist aber typisch ÖVP: Wenn man keine Argumente, keine Lösungen hat, dann fängt man halt mit der Showpolitik an. (Bundesrat Buchmann: In den Spiegel schauen! – Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!)

Sie haben gesagt, dass Österreich ein sicheres Land ist. – Ja, lediglich das Sicherheitsgefühl ist einfach nicht mehr da. Es wird Zeit, dass wir endlich die Interessen der Bevölkerung vertreten, und wir haben auch wenig Verständnis dafür, dass die ÖVP da immer wieder Beschwichtigungsversuche unternimmt. Die Zahlen der illegalen Grenzübertritte vor Weihnachten waren rückläufig. – Ja, das stimmt, aber keine einzige Maßnahme, die die Bundesregierung gesetzt hat, führt dazu, dass jetzt in den Wochen, in denen traditionell wenig Dynamik in diesem Bereich zu verzeichnen ist, auch weniger los ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Menschen wieder auf den Weg machen und im Burgendland über die Grenzen kommen werden.

Sehr viele Bürgerinnen und Bürger reden mit mir tagtäglich beim Einkauf oder wenn ich sie sonst irgendwo treffe über das Thema und diese Aussichten. All das ist ein großes Thema, das eben die Bevölkerung beschäftigt. Man weiß, die Schlepper kennen kein Halten mehr. Die haben die Anweisung, Straßensperren ohne Rücksicht auf Verluste zu durchbrechen, ohne Rücksicht auf Menschenleben, ohne Rücksicht auf Häuser, auf irgendwelche anderen Anlagen. Das geht so einfach nimmermehr, und die Menschen fragen sich zu Recht: Wann tun Sie jetzt endlich etwas Konkretes, um die Schlepperkriminalität auch wirklich einzudämmen, zu unterbinden.

Ich bin aus Deutschkreutz, das kennen Sie vielleicht. Ja, wir sind Spitzenreiter bei den Rotweinen, aber wir sind auch Spitzenreiter bei den illegalen Grenzübertritten, und das kann es bitte nicht sein. Ich habe mit dem Kollegen aus Lutzmannsburg gesprochen. Er ist dort Bürgermeister, ein Landtagsabgeordneter und Exekutivbeamter. (Bundesrat Spanring: Seit wann kümmert sich die SPÖ darum?) Er hat viele offene Fragen, und die gebe ich jetzt an Sie weiter. (Bundesrätin Doppler: Jetzt reden die plötzlich von der Schlepperkriminalität! – Bundesrat Spanring: Jetzt kennt man sich gar nicht mehr aus!)

Was planen Sie konkret, wenn die Schlepperkriminalität wieder zunimmt, und das wird sie früher oder später? Die Routen werden sich ändern, die Schlepper werden andere Wege finden. Wenn ein Hendl aus dem Hühnerstall ausbrechen will und ich das Loch zumache, dann kommt es auf der anderen Seite raus. Die Routen werden sich also ändern; die finden andere Wege – na no na ned! Menschenschmuggel ist mittlerweile ein lukrativer Geschäftszweig geworden, und die handelnden Personen werden Mittel und Wege finden, um weiterhin Menschen nach Österreich zu schleusen. Die Schlepper machen das nicht, weil sie solche Menschenfreunde sind, nein, sondern weil sie damit Geld verdienen wollen. (Bundesrat Buchmann: Na geh!)

Welche Szenarien spielen sie da durch? – Die Dienststellen sind unterbesetzt. Eine Bekannte von mir hatte vor ein paar Monaten einen Wildschaden und wollte das auf der Polizei melden. Sie trifft dort quasi auf das verlassene Nest, ruft an und bekommt zur Antwort: Ja, bitte warte! Wir haben jetzt ein paar illegale Übertritte. – Also so quasi: Jetzt kommst du mit dem Wildschaden auch noch daher, wir sind eh schon so überlastet.

Gehen Sie also einmal wirklich raus, kommen Sie wieder einmal zu uns ins Burgenland! (Bundesminister Karner: Sehr gerne!) Gehen wir gemeinsam auf die Dienststellen, reden wir mit den Leuten, mit den Polizistinnen und Polizisten. Die Kolleginnen und Kollegen sind am Limit! (Beifall bei der SPÖ.)

Werden Sie dann Beamtinnen und Beamten aus den anderen Bundesländern abziehen? Kommen die ins Burgenland? Worauf kann man sich einstellen? Oder wird da wieder nur improvisiert werden?

Es geht da auch um Übergriffe auf die Exekutive. Wir orten, wie ich schon gesagt habe, eine Gefährdung von Besitz, Leib und Leben infolge dieser Schlepperkriminalität. Die Bevölkerung ist extrem verunsichert, und viele sehen schon mit Bangen der wärmeren Jahreszeit entgegen. Die Menschen werden gefährdet; es gibt wilde Verfolgungsjagden. In Horitschon war es zum Beispiel so, dass das bis in die Ortschaft reingegangen ist, dort ein Zaun beschädigt wurde. Also das war Wildwest, das ist ja kein Kindergeburtstag, bitte schön. Denen ist es wirklich egal.

Früher ist man davon ausgegangen, dass Uniformen Respekt einflößen, aber das gilt leider schon lange nicht mehr. Der Respekt vor der Uniform schwindet, er ist eigentlich gar nicht mehr vorhanden, schon gar nicht bei diesen Schlepperclans, die eigentlich gar nichts zu verlieren haben. Leider Gottes – und das ist festzuhalten – ist das Burgendland zum Hotspot der internationalen brutalen Schlepperkriminalität geworden, und die Bevölkerung kann da einfach nicht mehr mit.

Wir haben gehört: Das betrifft die Exekutive und auch Angehörige des Bundesheeres. Weil die Kräfte der Exekutive nicht mehr ausreichen – das wissen wir –, helfen Soldatinnen und Soldaten des Bundesheeres beim Überwachen der Staatsgrenze. Ich hab es zwar gehört, aber ich kann Ihnen das nicht glauben, dass Sie nicht wissen, wie viele dieser Grundwehrdiener dort ohne erfolgte Grundausbildung schon im Einsatz sind. Also das weiß ich nicht. Sie müssen doch ein Interesse daran haben, sich mit Ihrer Amtskollegin darüber zu verständigen, wie es da ausschaut, wie weit die Ausbildung vorangeschritten ist. Ich meine, die Burschen sind ja kein Kanonenfutter. Wie bereits gesagt, ist das kein Kindergeburtstag. Es ist ein sicher nicht ungefährlicher Einsatz für die Exekutive und das Bundesheer, weil das Schleppermilieu – ich muss das immer wieder sagen – ganz klar noch krimineller geworden ist.

An dieser Stelle noch einmal zusammenfassend: Im Namen der SPÖ-Fraktion und in meinem ganz persönlichen Namen – denn ich bin nicht nur einmal Augenzeugin eines Einsatzes mit Blaulicht gewesen, bei dem der Bahnhof gesperrt war und 20 Männern auf der Straße gesessen sind; die Menschen, die da zum Zug gehen, haben das eigentlich gar nicht fassen können und mit großem Staunen beobachtet – an dieser Stelle also einen herzlichen Dank an die Exekutive und an das Bundesheer. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Spanring.) Ihr alle macht trotz aller Belastungen, denen ihr ausgesetzt seid, einen großartigen Job!

Ja, die betroffene Bevölkerung im Burgenland ist maximal verunsichert, und wir haben für diese substanzlose Beschwichtigungs- und Showpolitik von Ihnen, Herr Minister, kein Verständnis. Sie drehen sich die Zahlen so hin, jubilieren quasi – ich meine, Sie haben das dann eh ein bisschen beschwichtigt – über die 56 000. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein!) Die Asylbremse wirkt leider überhaupt nicht. Ein erheblicher Teil bleibt in Österreich, nur ein kleiner Teil zieht weiter. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt fällt euch das ein, bevor es spannend wird!) Ja, nein, bitte nicht! Das hat mit den Freiheitlichen nichts zu tun, da geht es um die Anliegen der Bevölkerung. (Bundesrat Spanring: Ihr wart die, die immer gesagt haben ... die SPÖ doch immer: Alle rein!) Wir sind im Europavergleich Spitzenreiter. Die Pro-Kopf-Verteilung- - Herr Kollege, Sie kommen wahrscheinlich eh noch dran. Jetzt rede ich! Wir sind im Europavergleich Spitzenreiter - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist zwar schon kurz vor 6 Uhr, aber trotzdem reißen wir uns jetzt alle ein bisschen zusammen und hören zu, so wie wir das in der Schule gelernt haben: Wer vorne steht, der spricht, dem hört man zu. (Beifall bei der SPÖ.) – So.

Also: Die Pro-Kopf-Verteilung im Jahr 2022 war: In Österreich 1 250 Asylanträge pro 100 000 Einwohner; der EU-Durchschnitt waren 216. Ja, scheinbar gebremst im Jahr 2023, aber wir sind wieder auf Platz eins.

Noch einmal: Die Maßnahmen Ihrer Außen- und Sicherheitspolitik wirken nicht. Ihr könnt es einfach nicht! Die Tore sind offen, weil die Minister, der Bundeskanzler, der Außenminister es offenbar nicht schaffen, bilaterale Abkommen zu schließen. (Bundesrat Spanring: Das haben wir oft gesagt!)

Es gibt auch nachweislich Verbindungen des internationalen Terrorismus zur internationalen Schlepperkriminalität. Ich hoffe, Sie machen sich Gedanken darüber.

Wie gesagt: Dass in den letzten Wochen von 2023 weniger Menschen illegal nach Österreich gekommen sind, liegt nicht an den Maßnahmen der Bundesregierung, sondern eher an der geopolitischen Situation.

Die Probleme werden aus unserer Sicht immer größer. Ich muss Ihnen schon sagen, seit Jahren bringen es die ÖVP-Innenminister nicht zustande, Menschen mit negativen Asylbescheiden in sichere Drittstaaten zurückzubringen. Was ihr aber schon könnt, ist, gut integrierte Familien und Kinder abzuschieben. Das ist für mich ja eigentlich unfassbar.

Wir stehen ganz klar zum nationalen und internationalen Recht. Das ist auch klar für uns, und natürlich nehmen wir Menschen mit Fluchthintergrund und Fluchtgrund auf, aber alle, die ohne Fluchtgrund hier sind, müssen wir auch wieder zurückbringen können. (Bundesrat Gross: Das ist eine FPÖ-Rede!) Wie gesagt, Kinder und Familien, die gut integriert sind, weisen wir aus, schieben wir ab. (Bundesrat Spanring: Jetzt bin ich restlos schockiert!) – Da brauchen Sie nicht schockiert zu sein, Herr Kollege. (Bundesrat Spanring: Wollt ihr jetzt alle von ...?) – Nein, danke.

Eine wirkliche und solidarische Lösung für die hohen Asylantragszahlen kann es nur auf der europäischen - - (Anhaltende Zwischenrufe des Bundesrates Spanring. – Bundesrätin Schumann: Einmelden und dann reden! Einmelden und reden!) Wer vorne steht, der spricht, wer drinnen sitzt, hört zu. (Bundesrat Spanring: Hättets früher auf uns gehört, vor zehn Jahren, dann wäre das heute alles nicht notwendig! – Bundesrätin Schumann: Was ist? Reden von außen? Was ist? Hallo! Wo sind wir denn? Wir sind ja nicht im Bierzelt!)

Vizepräsident Mag. Franz Ebner (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Saal. Die Kollegin ist am Wort, und ich bitte alle anwesenden Bundesrätinnen und Bundesräte, ihr auch die entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken. (Bundesrat Gross: Das sind bestimmte Bundesräte! – Bundesrätin Schumann: Der Liebling der Sozialistenhasser!)

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (fortsetzend): Herr Kollege, danke.

Eine wirkliche und auch solidarische Lösung für die hohen Asylantragszahlen kann es eben nur auf der europäischen Ebene geben. Kollege Kovacs hat es schon ausgeführt: Nicht nur Fotos mit Herrn Orbán machen – redet einmal Tacheles mit eurem Freund!

Zusammengefasst noch einmal: Es muss klar eine Trennung zwischen Asyl, Migration und Integration erfolgen, sowohl in der Diskussion als auch politisch. Überlegen Sie sich: Ihre Asylbremse wirkt nicht. Das Versagen der Bundesregierung spiegelt sich auch in der Rückführungsstatistik wider. Österreich ist unter der Verantwortung von ÖVP-Innenministern – ihr braucht ja nur zu schauen, seit wann ihr das Ressort habt – zum Hotspot der internationalen Schlepperkriminalität geworden, und das Burgenland ist dabei besonders betroffen: 1 300 Schlepper wurden 2022 und 2023 österreichweit verhaftet, davon 600 im Burgenland.

Herr Minister, ich darf Ihnen noch einmal den Dringlichkeitsantrag aus dem Burgenland als Reminder mitgeben. Sie haben uns gesagt, es ist einiges schon im Talon. Wir freuen uns oder sind gespannt darauf, wie und vor allem wann Sie das umsetzen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.52

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm dieses.