16.52

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Vielen Dank für die Dringliche Anfrage an mich, die ich natürlich auch sehr ausführlich beantworten werde, denn es sind ja viele Themen vorgekommen.

Vielleicht, weil es mir schon wichtig ist, zuerst einmal ein kurzes Eingangsstatement: Die Grundvoraussetzung dafür, dass die Justiz und unser Rechtsstaat unabhängig, effektiv und unbeeinflusst arbeiten können – das betrifft auch den Straf- und Maßnahmenvollzug –, sind natürlich die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen. Sie haben es auch eingangs erwähnt: Ja, man kann nicht in viereinhalb Jahren das Kaputtsparen der Justiz wiedergutmachen, denn es wurde in den letzten zehn Jahren kaputtgespart, Sie haben es ja auch erwähnt.

Ich kann berichten, dass uns in dieser Amtsperiode – (es ertönt ein Alarmsignal) da ist ein Alarm losgegangen – in der Justiz einiges gelungen ist, und zwar haben wir 135 neue Planstellen für die Justiz allein im Jahr 2024 dazugewonnen, in der gesamten Legislaturperiode waren es 650 neue Planstellen.

Wenn man sich das Gesamtbudget anschaut: Wir haben in der gesamten Legislaturperiode das Budget von 106 Milliarden auf 2,4 Milliarden Euro erhöhen können. Das ist eine Steigerung von 50 Prozent, und das ist nicht wenig. Das ist wichtig, denn das muss uns unser Rechtsstaat wert sein, dass wir da auch investieren. Das war mir als Justizministerin in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium besonders wichtig: Wir müssen den Rechtsstaat personell und finanziell ausstatten. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt komme ich zu einem Bereich, der mir besonders wichtig ist, und das ist der Exekutivbereich, das ist der Bereich im Straf- und Maßnahmenvollzug. Es gab da Anfang 2019 unter Schwarz-Blau 3 263 systemisierte Planstellen. Heute haben wir ein Plus von 180 Planstellen im Bereich der Exekutive. Wenn man sich den Besetzungsgrad – auch im Vergleich – anschaut: Es ist uns gelungen, dass wir jetzt 96 Prozent dieser Planstellen besetzt haben, im Vergleich dazu waren es 2018 91 Prozent.

Das heißt, wir haben es durch viele, viele, viele Maßnahmen, die wir in diesem Bereich gesetzt haben, wirklich geschafft, diesen Beruf zu attraktivieren und Menschen für den Beruf zu begeistern. Ja, es ist ein herausfordernder Beruf, Sie haben es auch geschildert. Sie waren ja auch selbst in der Justizwache als Exekutivbediensteter tätig, und ich bin auch dankbar für den Austausch, den wir in diesem Zusammenhang immer wieder haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Unsere Justizwachbeamtinnen und Justizwachbeamten sind hochspezialisierte Fachkräfte, die jeden Tag Herausragendes leisten. Genau deswegen ist es uns wichtig, dass wir unsere Recruitingmaßnahmen stark intensivieren, damit wir noch mehr Menschen für diesen Beruf begeistern können, damit wir noch mehr Menschen dafür begeistern können, dass sie tagtäglich für unsere Sicherheit arbeiten. Da möchte ich noch einmal an dieser Stelle einen großen Dank aussprechen. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte aber auch kurz erwähnen, was uns alles für die Justizwache in diesem Zeitraum, in den letzten viereinhalb Jahren, gelungen ist. Ich habe da schon auch mit dem Zentralausschuss, mit der Personalvertretung regelmäßig Gespräche geführt, da uns ja doch einiges gemeinsam gelungen ist. Herr Abgeordneter Spanring, Sie wissen das: Jahrzehntelang wurde für die Schwerarbeiterregelung für die Justizwache gekämpft – jahrzehntelang! (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Eine grüne Justizministerin, der man es nicht zugetraut hätte, hat es geschafft, das durchzusetzen. Wir haben das durchgeboxt und wir haben es für die Justizwache geschafft. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich bedeutet eine Schwerarbeiterregelung, dass viele Justizwachebeamte in einem entsprechenden Alter dann auch in die Pension, in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Das bedeutet auch – davor hat mich die Generaldirektion ja auch gewarnt; sie hat ja auch gesagt, es wird schwer sein –, dass wir dann auch neues Personal gewinnen müssen, denn wenn mehr Leute in den Ruhestand gehen – völlig zu Recht –, brauchen wir neue Leute. Genau aus diesem Grund haben wir auch umfassende Recruitingmaßnahmen gestartet – danke, dass Sie auch das Plakat zeigen.

Wir haben wirklich auf allen Ebenen versucht, Menschen zu erklären, was die Justizwache macht. Viele wissen es nicht. Zu Beginn meiner Amtszeit, als ich Werbung für die Justizwache gemacht habe, kamen Fragen wie: Ja, was macht denn die Justizwache? Betreut sie das Justizministerium? Es braucht also viel Aufklärungsarbeit, auch in der breiten Öffentlichkeit, damit viele Menschen wissen, welche herausragende und hervorragende Leistung die Justizwachebediensteten in unserem System leisten.

Damit diese Recruitingkampagne der Justiz für die Justizwachebeamten gelingt, haben wir zwei Recruiting Officer, die jetzt quer durchs Land fahren und mehr Personen für diesen Beruf begeistern. Ja, der Beruf ist herausfordernd, aber es ist auch wichtig, dass wir ein klares Zeichen setzen, daher gilt auch meine Anerkennung, mein größter Respekt und meine größte Dankbarkeit für die unglaubliche Arbeit, die die Justizwachbediensteten tagtäglich leisten.

Mit einer Sache, mit einem Punkt zu Beginn Ihrer Ausführungen möchte ich in meinem Einleitungsstatement aufräumen. Ich möchte korrigieren: Die Stellvertreterin des Generaldirektors ist keine Grüne. Die Stellvertreterin des Generaldirektors war in einer Leitungsposition in der Generaldirektion tätig, bevor ich ins Amt gekommen bin. (Bundesrat Spanring: Aus Ihrem Kabinett!) Als ich ins Amt gekommen bin, habe ich mir erlaubt – und ich möchte nicht, dass das den Personen zum Nachteil gereicht, die ich dann aus der Justiz rekrutiert habe, weil es mir persönlich wichtig ist, nicht aus der Partei zu rekrutieren, sondern aus der Justiz selbst –, Personen aus der Justiz ins Kabinett zu holen, damit sie mir erklären, was wir verbessern können.

Daher habe ich mir auch eine leitende Person aus der Generaldirektion ins Kabinett geholt, die mich bei diesen Tätigkeiten unterstützt, und gemeinsam mit ihr haben wir viele Sachen erreicht: Ich habe Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Richter, Richterinnen, die bei mir im Kabinett arbeiten, weil mir nicht die Parteifarbe wichtig ist, sondern auf Expertise zurückzugreifen. (Beifall bei den Grünen.)

Nun zu den Fragen, die Sie mir in der Dringlichen Anfrage gestellt haben:

Zu den Fragen 1, 2, 3 und 5:

Da geht es um die Diskussion betreffend die Erhöhung oder auch Senkung des Strafmündigkeitsalters. Diese Diskussion – Erhöhung beziehungsweise Senkung des Strafmündigkeitsalters – ist ja nicht neu, sondern die gibt es seit rund 20 Jahren. Der Herr Bundeskanzler – das haben Sie auch gesagt – war ja nicht der Erste, der diese Forderung aufgestellt hat.

Ein konkreter Vorschlag, wie so eine Änderung ausschauen soll, ist in meinem Ministerium noch nicht da. Ich habe mir aber trotzdem erlaubt, einen Überblick über die weltweite Gesetzeslage zur Frage der Strafmündigkeit zu besorgen. Dabei fällt auf, dass die meisten westlichen Demokratien eine ähnliche Altersgrenze wie wir in Österreich haben.

Ich darf Ihnen kurz mit ein paar Beispielen veranschaulichen, in welche Gesellschaft wir uns begeben würden, sollten wir das Alter der Strafmündigkeit herabsetzen. Bedeutend niedriger ist die Strafmündigkeit etwa in Brunei, im Jemen, in Kuwait, Myanmar und Nigeria. Dort ist die Strafmündigkeit bereits ab dem siebten Lebensjahr gegeben. Im Iran ist es besonders interessant: Da wird die Grenze je nach Geschlecht früher oder später gezogen. Mädchen sind ab dem neunten Jahr strafmündig, Buben erst ab 15. (Bundesrätin Schumann: Na geh! – Bundesrat Schreuder: Das ist unglaublich!) – Ja, unglaublich.

Sehr oft wird die Schweiz als Vorbild bezüglich eines niedrigen Strafmündigkeitsalters angeführt. Ich finde aber, wenn man sich die Strafmündigkeitsgrenze anschaut, muss man genauer ins Gesetz schauen. Der Vergleich von Österreich mit der Schweiz hinkt erheblich, denn eine Geld- oder Freiheitsstrafe darf in der Schweiz erst ab dem 15. Lebensjahr verhängt werden, auch wenn die formelle Strafmündigkeitsgrenze bei zehn Jahren ist.

Was passiert aber in der Schweiz, wenn ein Zehn-, Elf- oder Zwölfjähriger eine Straftat begeht? – Dann gibt es pädagogische Reaktionen in multiprofessionellen Teams. Da werden die Kinder nicht eingesperrt, sondern es gibt pädagogische Maßnahmen. (Bundesrat Spanring: Wir wollen auch keine Zehnjährigen einsperren! ...! – Bundesrätin Schumann: Oh!) – Dann sind wir uns ja eh einig, dann sind wir uns einig.

Das ist aber in Österreich auch möglich: Pädagogische Maßnahmen können ja schon heute gesetzt werden.

Zu den Fragen 4, 41 und 44:

Wenn man sich erinnert: 2020 wurde die Kinder- und Jugendhilfe verländert. Ich möchte, auch weil wir gerade im Bundesrat sind, einen Appell an die Länder starten. Die Kinder- und Jugendhilfe ist Länderzuständigkeit.

Die Kinder- und Jugendhilfe muss die notwendigen Maßnahmen setzen, wenn Kinder oder Jugendliche kriminelle Handlungen setzen. Die Kinder- und Jugendhilfe hat diese Möglichkeit. Sie kann geeignete Maßnahmen ergreifen, damit mit pädagogischen Mitteln reagiert werden kann.

Da würde ich Sie inständig bitten, denn Oberösterreich und Wien machen das ja schon. Die haben Arbeitsgruppen eingerichtet, um zu klären, wie sie mit straffälligen Kindern umgehen wollen, können und sollen. Warum macht man das nicht in anderen Bundesländern auch?

Es ist höchste Zeit, dass die Kinder- und Jugendhilfe erstens ressourcenmäßig ordentlich ausgestattet wird, sodass sie handeln kann, und zweitens sich überlegt, welche pädagogischen Maßnahmen man setzen kann, denn wenn die Kinder in der Obsorge der Kinder- und Jugendhilfe sind, dann hat diese auch eine Verantwortung für die Kinder, nämlich genau die gleiche Verantwortung, die obsorgeberechtigte Eltern für die Kinder haben.

Daher braucht es mehr finanzielle Mittel und tatsächlich Arbeitsgruppen und Präventionsprogramme in diesem Zusammenhang.

Zu den Fragen 6 bis 13 und 15:

Da geht es um die Justizanstalt Simmering und die Justizanstalt Münnichplatz. Da wären wir bei einem ähnlichen Thema, dem Jugendvollzug. (Bundesrat Himmer: ... Simmering! Simmering!) – Simmering. Habe ich etwas anderes gesagt? – (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein, nein!) – Okay.

Am bisherigen System des Jugendvollzugs gab es jahrelange Kritik seitens der Volksanwaltschaft, der Bewährungshilfe, aber natürlich auch aus der Praxis. Der Hauptkritikpunkt war: Die Justizanstalt Gerasdorf, die derzeit für Jugendliche zuständig ist, ist nicht mehr zeitgemäß.

Es braucht für eine bessere Resozialisierung der Jugendlichen ein urbanes Umfeld, denn nur ein urbanes Umfeld und ein möglichst naher Anschluss an Familien und Institutionen kann dazu führen, dass Jugendliche besser resozialisiert werden können, und das führt auch zu einer Verhinderung weiterer Straftaten.

Auch die Untersuchungshaft für Jugendliche in der JA Josefstadt ist verbesserungsfähig.

Jugendvollzug ist mir auch ein großes Anliegen. Das ist auch der Grund, warum ich 2022 bereits eine Arbeitsgruppe mit vielen Expert:innen des Jugendvollzugs, insbesondere aus dem Straf- und Maßnahmenvollzug, eingesetzt habe. Es waren Personen aus der Wissenschaft da, es war auch die Volksanwaltschaft da, und es war auch der Zentralausschuss der Exekutive in dieser Arbeitsgruppe, also die Personalvertretung.

Das war eine Arbeitsgruppe, die ergebnisoffen geführt wurde, und entsprechend den von der Arbeitsgruppe 2023 übereinstimmend abgegebenen Empfehlungen habe ich die Veranlassung eines Changeprozesses in Auftrag gegeben. Vollzug der Jugendlichen soll künftig in Wien in einer eigenen, neu einzurichtenden Justizanstalt erfolgen.

Das war einhellige Meinung aller Mitglieder der Arbeitsgruppe: Es braucht eine neu einzurichtende Justizanstalt in Wien (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), denn der Erhalt des sozialen Empfangsraums begünstigt ein gelingendes Entlassungsmanagement. Die Einbettung in regelmäßige Besuchskontakte und in ein urbanes Gefilde stützt ebenso die Förderung der Reintegration in die Gesellschaft und verhindert damit weitere Straftaten.

Die neu einzurichtende Anstalt wird örtlich an die Justizanstalt Wien-Simmering angebunden, aber es soll eine selbstständige Anstalt – auch mit eigenem Namen: Justizanstalt Münnichplatz – sein.

Ich möchte mit einem Vorurteil aufräumen: Ab dem Moment, in dem die Arbeitsgruppe die Entscheidung getroffen hat, das könnte man bei Simmering einrichten, wurde auch der Anstaltsleiter eingebunden. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Bei Berücksichtigung der bestehenden baulichen Möglichkeiten für einen Neubau wäre das Budget nicht zu lukrieren gewesen. Das heißt, eine komplett neue Justizanstalt hätten wir nicht bauen können. Wir haben schlicht und ergreifend die notwendigen Mittel dafür nicht. Daher hat man nach Alternativen gesucht, und da ist eben die Entscheidung auf Simmering gefallen.

Es wurde auch ein Konzept zur personellen Ausstattung erarbeitet. Bei der Planung der Grundausbildungslehrgänge beziehungsweise Ausbildungsplätze wurde dies mitberücksichtigt.

Festzuhalten ist, dass derzeit noch keine jugendlichen Insassen in die Justizanstalt Wien-Simmering verlegt werden und die Justizanstalt Wien-Simmering und die zu errichtende Sonderanstalt für Jugendliche Münnichplatz zwei eigenständige Justizanstalten darstellen. Durch die räumliche Nähe können natürlich Synergieeffekte genutzt werden. Die Justizanstalt Wien-Simmering ist durch periodische Besprechungen mit der Anstaltsleitung und der Führungsebene zu der Thematik laufend in den umfassenden Changeprozess miteinbezogen.

Für die zukünftigen Bediensteten der Jugendvollzugsanstalt wird eine Kurzschulung zum Jugendvollzug veranlasst sowie der dreitägige Lehrgang Jugendvollzug über die Strafvollzugsakademie angeboten, der von diesen dann verpflichtend zu absolvieren sein wird.

Parallel zu den bereits gesetzten Vorbereitungen finden regelmäßig Besprechungen zur finalen operativen Ausgestaltung im Rahmen von Arbeitsgruppen statt.

Im Zusammenhang mit Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen bestehen Kooperationen mit dem AMS, dem BFI, der Volkshochschule Wien und dem Jugendcoaching. Zudem wird es einen eigenen Pflichtschulstandort sowie Unterricht im Rahmen der Lehrbetriebe durch Berufsschullehrer geben.

Zu den Fragen 16 bis 19:

Personal in der JA Simmering und der JA Münnichplatz: Bereits im Mai 2023 wurde ein Konzept zur personellen Ausstattung der neuen Justizanstalt erarbeitet. Der neuen Anstalt werden voraussichtlich 62 Arbeitsplätze für den Exekutivdienst und acht Arbeitsplätze für die allgemeine Verwaltung zugeordnet.

Zusätzlich sind noch zehn Kapazitäten für Betreuungsleistungen über die Justizbetreuungsagentur vorgesehen. 17 Planstellen wurden als zusätzliche Planstellen in den Antrag zum Personalplan aufgenommen.

Mit dem Personalplan 2024 wurden für die Schaffung einer neuen Sonderanstalt für den Jugendvollzug zehn Planstellen zugewiesen. 21 nicht besetzte Planstellen wurden in Planstellen der höheren Verwendungs- und Funktionsgruppe des Exekutivdienstes umgewandelt. Sieben weitere Planstellen können aus dem Bereich der Justizanstalten zur Verfügung gestellt werden.

Neben der Anstaltsleitung sind folgende Organisationseinheiten in der neuen Justizanstalt vorgesehen – darauf bezog sich auch eine der Fragen –: Leitungsstelle, Vollzugsstelle, Wirtschaftsstelle, Betriebsgruppen, Lehrwerkstätten, Abteilungen, Justizwachkommando, Wachzimmer, Allgemeiner Justizwachdienst, Sozialarbeit, Pädagogischer Dienst und Psychologischer Dienst. Unterstützungsleistungen des Rechtsbüros der Justizanstalt Wien-Simmering für die Sonderanstalt sind auch geplant. Alle vorgesehenen Planstellen sind im Personalplan für 2024 bereits enthalten. Also es wird nichts herumgeschoben, sondern es ist bereits da, und die zehn Kapazitäten für Betreuungsleistungen über die Justizbetreuungsagentur sind in dem Planungsrahmen auch bereits ausgewiesen.

Eine Sache möchte ich noch sagen, weil der 1. Juli immer wieder als Termin genannt wurde: Ja, das ist unser Termin. Wenn wir aber bis dahin nicht alles vorbereitet haben oder nicht alles der Qualität entspricht, welche wir uns für die Justizanstalt wünschen, dann ist dieser Termin für mich nicht in Stein gemeißelt. Wenn es sich zieht, dann zieht es sich. Für mich ist es viel wichtiger, dass die Justizanstalt funktioniert, dass sie gut ausgestaltet ist, dass wir alles bereit haben, damit wir mit der Sonderanstalt für Jugendliche gut beginnen können. Ja, man muss immer ein Enddatum setzen – und das ist nun einmal der 1.7. –, aber das ist wie gesagt nicht in Stein gemeißelt.

Versetzungen – weil Sie die auch angesprochen haben – zur Sonderanstalt für Jugendliche am Münnichplatz sollen jedenfalls auf freiwilliger Basis erfolgen. Es hat eine Interessent:innensuche gegeben, und die ergab großes Interesse an der Beschäftigung in der neuen Anstalt. Die Ausschreibungen folgen demnächst. Das heißt, jene, die Interesse bekundet haben, werden nicht zwangsversetzt, wie Sie das angedeutet haben.

Ich komme zu einem anderen Thema, zu den Fragen 14 und 23 bis 26, zum Thema Haft in der Heimat:

Wir schöpfen da die Möglichkeiten aus, Insass:innen zur Haftverbüßung in ihre Heimatländer zu überstellen. Insass:innen werden über die Möglichkeit der Strafvollstreckung im Heimatland jedenfalls informiert, und die Justizanstalten sind auch verpflichtet, die dafür infrage kommenden Insass:innen zu monitoren.

Die Anzahl der Überstellungen nach § 42 EU-JZG ist auch erheblich gestiegen. Jedoch liegt es natürlich vor allem bei den Heimatländern, ob sie den Vollzug übernehmen. Wir versuchen da insbesondere mit Serbien Maßnahmen zu setzen. Wir haben ja auch einen eigenen Justizattaché für die Länder des Westbalkans beauftragt, dafür zu sorgen, dass Serbien die Justizanstalten so herrichtet, dass wir die Personen hinschicken können, und dass Serbien letzten Endes die Personen übernimmt. Es erfordert natürlich die Zustimmung des übernehmenden Landes, dass die Personen hingeschickt werden können.

Durch eine enge Zusammenarbeit mit dem BFA soll es schnellere Übermittlungen, ob es aufenthaltsbeendende Maßnahmen gibt, geben, und dadurch können wir auch schneller evaluieren, welche Insassen infrage kommen.

Was ist weiters geplant? – Regelmäßig setze ich mich auf internationaler Ebene beim EU-Rat und beim Europarat für eine Verbesserung der Haftbedingungen in den Herkunftsländern ein – das kann ja nur ein Vorteil für uns sein –, damit wir die Insassinnen und Insassen in ihre Heimat überstellen können.

Weiters kann ich berichten, dass es uns gelungen ist, ein Übereinkommen zur Übernahme der Strafvollstreckung mit Marokko zu paraphieren. Das wird dieses Jahr noch unterzeichnet. Daneben stehen wir in Vorverhandlungen mit dem Kosovo sowohl zur Übernahme der Strafvollstreckung als auch zur Auslieferung zur Strafverfolgung. Wenn Sie die Statistiken über die Lage bei uns genau lesen, sehen Sie, dass es auch diese Länder sind, aus denen wir gerade sehr viele Insassinnen und Insassen haben.

Zu Syrien und Afghanistan: Da haben wir vom Außenamt die Information bekommen, dass eine Überstellung oder Auslieferung aufgrund der Lage vor Ort nicht zulässig ist. Wir können niemanden in ein Kriegsgebiet schicken, das ist auch international unbestritten.

Zu den Fragen 20 und 29 bis 32, zum Thema der Fluchten:

Eingangs möchte ich erwähnen, dass die Zahl der Fluchtversuche seit 2018 in etwa gleich geblieben ist. Ausnehmen möchte ich natürlich die pandemiebedingten Ausreißer.

Wenn wir uns Entweichungen bei Eskorten – das ist der fachlich korrekte Terminus – ansehen, so sehen wir, dass die Zahl von sechs Fällen im Jahr 2018 auf vier Fälle im Jahr 2023 gesunken ist.

Herr Bundesrat Spanring, Sie haben völlig richtig gesagt, es ist dem unglaublichen Einsatz unserer Justizwachebeamtinnen und -beamten zu verdanken, dass wir nicht mehr Entweichungen haben. Ich finde, dafür gebührt den Justizwachebediensteten ein Applaus. (Allgemeiner Beifall.)

Die Strafvollzugsverwaltung hat zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Sicherheit insgesamt zu erhöhen. Alle Justizanstalten wurden darauf hingewiesen, dass medizinische Eskorten bis auf Weiteres nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen sind.

Letzten November, nach der Häufung der Entweichungen, erfolgten auch Schwerpunktaktionen. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass bundesweit in 21 Justizanstalten zahlreiche Hafträume durchsucht wurden. Dabei wurden unter anderem Gegenstände, die zur Vorbereitung von Fluchten genutzt werden könnten, gesucht und, ja, auch zum Teil gefunden.

Zudem werden sicherheitsrelevante Vorfälle, wie beispielsweise Entweichungen, laufend evaluiert, um aus diesen Erkenntnisse und Erfahrungen zu bekommen und unsere Sicherheitsmaßnahmen entsprechend zu adaptieren. Deswegen haben wir auch diesen Erlass damals im November erarbeitet und herausgegeben, weil es wichtig war, Nachahmungstaten zu verhindern.

Ende 2023 fand diese Sicherheitskonferenz mit führenden Vertreter:innen der Justizanstalten statt, bei der diese relevanten Vorschriften und Maßnahmen erörtert wurden. Ein paar Monate später wurde nach einer Evaluierung gesehen, es braucht diese strenge Maßnahme nicht, dass zwingend jeder Insasse am Rücken zu fesseln ist, sondern es reicht, wenn die Justizanstalt das anhand der Sicherheitsmaßnahmen selbst entscheidet. Wer kennt denn die Insassen, die gerade ausgeführt werden, am besten? – Nicht der Generaldirektor, sondern natürlich die Justizanstalt selbst, die den Insassen oder die Insassin betreut. Daher kann jeweils geprüft werden, wie im Einzelfall gefesselt wird.

Ich möchte aber mit einer Sache aufräumen, die ein bisschen in dem hier Vorgetragenen zum Durchscheinen gekommen ist: Nach wie vor ist es möglich, auf jegliche Art und Weise zu fesseln. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Das steht im Vollzugshandbuch: Man kann in jeder Art und Weise fesseln, in der man fesseln will. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Genauso ist es.

Wenn der Justizwachebeamte entscheidet, das ist einer, der gefährlich ist, weil beispielsweise Terrorverdacht vorliegt, dann kann man fesseln, wie man es in diesem Zusammenhang für richtig erachtet. (Bundesrätin Schumann: Ach so? Das habe ich nicht gewusst! Aha!) Hat ein Insasse bereits einen Entweichungsversuch unternommen, so gelten für den selbstverständlich erhöhte Sicherheitsmaßnahmen.

Zu den Fragen 21 und 22, das betrifft die letzte Flucht:

Als vorgesetzte Dienstbehörde hat die Generaldirektion alle Vorfälle in ihrem Bereich umgehend zu prüfen und auch ihren Bediensteten gegenüber Sorgepflichten zu erfüllen.

Im konkreten Fall wurde diesen beiden Verpflichtungen Genüge getan: Es wurden zum einen sofort Mitarbeiter:innen der Generaldirektion zum Vorfallsort, wo die Entweichung erfolgte, entsandt, auch um bei Nacheile zu unterstützen, und zum anderen wurde sofort begonnen, die Ursache zu evaluieren; und nachdem festgestellt wurde, dass der betroffene Bedienstete medizinisch versorgt werden musste, wurden die Erhebungsmaßnahmen aufgeschoben.

Zur Frage 27:

Überbelag: Wir treiben die baulichen Maßnahmen weiter intensiv voran. Der Neubau der Justizanstalt Klagenfurt und die Erweiterung von Göllersdorf sind bereits budgetiert. Und das sind keine kleinen Summen, das ist wahnsinnig viel Geld, das wir vom Finanzministerium in meiner Amtszeit dafür bekommen, damit wir diesen Neubau auch wirklich finalisieren können, damit wir auch Göllersdorf erweitern können.

Zudem werden durch die Eröffnung der neuen JA Münnichplatz und die Verlegung der Jugendlichen aus der Justizanstalt Gerasdorf ebendort auch neue Haftplätze für den Normalvollzug frei, denn die räumlichen Kapazitäten der JA Gerasdorf konnten bislang bei Weitem nicht genutzt werden – dank der auch niedrigen Inhaftierungszahl bei Jugendlichen.

Die seit Jahrzehnten ausstehende Sanierung der Justizanstalt Josefstadt wird nun endlich realisiert. Ich weiß, das ist eine Zumutung, wenn eine Justizanstalt saniert wird, aber es ist wirklich notwendig, dass wir die Justizanstalt Josefstadt sanieren. Ich habe, seitdem ich im Amt bin, regelmäßig Vertreter:innen des Zentralausschusses bei mir, die bitten, dass sie endlich saniert wird, und wir haben es jetzt geschafft, die Gelder vom Finanzministerium freizubekommen, damit wir dort eben eine Sanierung erreichen. Das wird, glaube ich, auch für viele Bedienstete eine große Verbesserung sein.

Außerdem wurden die Justizanstalten beauftragt, Konzepte zur effizienteren Nutzung der räumlichen Möglichkeiten zu erarbeiten, und im Zuge des Projekts EÜH Backdoor wurden gemeinsam mit dem Verein Neustart die Bemühungen intensiviert, bei sich bereits in Strafhaft befindlichen Personen den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe mittels elektronisch überwachten Hausarrest fortzusetzen.

Weiters darf im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Belagsreduktion auf die beschriebenen Instrumente der Übernahme der Strafvollstreckung durch das Heimatland verwiesen werden, da wir uns seitens der Generaldirektion wirklich intensiv darum bemühen, dass die Haft in der Heimat auch Realität wird.

Zu den Fragen 28, 33 und 36 bis 39:

Betreffend den Personalmangel: Ich habe bereits erwähnt, dass wir im Exekutivbereich im Vergleich zu 2019 Planstellen dazugewonnen haben, insgesamt ein Plus von 180 Stellen, und dass wir auch endlich rund 96 Prozent Besetzungsgrad haben.

Aufgrund der allgemeinen Arbeitsmarktsituation sucht auch der Straf- und Maßnahmenvollzug derzeit Personal, um diese zusätzlichen und freien Planstellen auch entsprechend besetzen zu können. Zu diesem Zweck wurde eine umfassende Personaloffensive gestartet und die bereits gesetzten Maßnahmen zur Attraktivierung der Berufsbilder im Straf- und Maßnahmenvollzug fortgesetzt und intensiviert.

Dabei steht im Vordergrund, dass die österreichische Justiz ein attraktiver Dienstgeber ist und die Justizwache eine abwechslungsreiche, vielseitige und profunde Ausbildung mit modernster Ausrüstung bietet, was im Übrigen auch international anerkannt ist. Es wird laufend daran gearbeitet, die Justizwache als attraktives Berufsbild für Bewerber:innen zu positionieren.

Hinsichtlich Überstunden und Mehrdienstleistungen gibt es das laufende Projekt zur Dienstplanoptimierung, in welchem es unter anderem Ziel der Expert:innengruppe ist, durch eine Optimierung der Dienstplangestaltung insbesondere Justizwachebeamt:innen weiter zu entlasten, und ich glaube, Entlastung ist da wirklich das entscheidende Wort. In dieser Expert:innengruppe sind Anstaltsleiter:innen, Justizwachekommandant:innen und Dienststellenleiter:innen dabei, die sich gemeinsam überlegen, wie wir die Justizwachebeamt:innen weiter entlasten können.

Dabei ist der Erhalt der psychischen Gesundheit tatsächlich ein großes Ziel. Es ist eine unglaublich wichtige Überlegung, wie wir diese erforderlichen Mehrdienstleistungen mit Freizeitausgleich abbauen können, damit eine ausgewogene Work-Life-Balance möglich ist, denn, wie Sie richtig gesagt haben, Herr Abgeordneter Spanring, auch Justizwachebeamt:innen haben zu Hause Betreuung zu leisten.

Im Jänner 2024 wurde beinahe ein Viertel weniger Mehrdienstleistungsstunden angeordnet als im Vormonat, das ist ein Minus von 22 Prozent, und auch bei längerfristiger Betrachtung können wir Erfolge feststellen: Gegenüber dem Durchschnitt der letzten zwölf Monate ist der Wert um fast 10 Prozent gesunken.

Zu Gesundheit: Zur Aufrechterhaltung der Gesundheit ist auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Supervision zu verweisen. Regelmäßige Supervision ist ein wichtiger Bestandteil zur Aufrechterhaltung und zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit. Es ist ein anerkanntes Instrument der Psychohygiene, welches insbesondere bei übermäßiger Belastung und nach besonders belastenden Einsätzen von Relevanz ist. Sie dient der Prävention von Burnout, Mobbing und auch Gewalt.

Zur Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter:innen und damit auch von Personen, die bei der Ausübung ihres täglichen Dienstes allen Anforderungen eines menschenrechtskonformen Verhaltens gerecht werden müssen, ist eine laufende Psychohygiene in Form von Supervision zweifellos erforderlich. Daher ist die psychologische Betreuung für alle Strafvollzugsbediensteten von besonderer Bedeutung.

Die Generaldirektion unterstützt die Supervision für sämtliche Bedienstete des Straf- und Maßnahmenvollzugs, wobei im Besonderen darauf hingewiesen wird, dass die Inanspruchnahme als Dienst gilt, dass das nicht freiwillig oder in der Freizeit erfolgt, sondern dass das in der Dienstzeit erfolgt, dass auch das ein Dienst ist.

Die Stabsstelle Psychologischer Dienst evaluiert die psychischen Belastungen der Bediensteten laufend. Dieses Projekt ist insbesondere auch als Prävention vor Langzeitkrankenständen und zur Stärkung der Gesundheit der Justizwachebeamt:innen zu sehen. Darüber hinaus gibt es in den einzelnen Dienststellen auch diverse gesundheitsfördernde Maßnahmen wie zum Beispiel sportliche Angebote und Gesundheitstage.

Zu den Fragen 34 und 35:

Kostenreduktion, medizinische Versorgung von Häftlingen: Die Chefärztin in der Generaldirektion beobachtet die Kostenentwicklung in diesem Bereich sehr genau. So müssen bestimmte Behandlungen chefärztlich bewilligt werden. Im Bereich der Spitalsbetten obliegt das Spitalsbettenmanagement der Chefärztin, Verlegungen in ein Krankenhaus bedürfen vorweg ihrer Bewilligung. Ausnahmen bestehen nur bei medizinisch indizierten Akutfällen.

Ferner kontrolliert die Chefärztin auch den Verbleib auf einem Spitalsbett und klärt mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten im Falle eines Wegfalls des Behandlungssettings die sofortige und unmittelbare Rücküberstellung in die Justizanstalt ab.

Die Medikamente für die Behandlung der Insassinnen und Insassen werden kostengünstig über die BBG, die Bundesbeschaffung GmbH, besorgt und dürfen nur nach ärztlicher Verschreibung ausgegeben werden. Dabei wird analog dem Boxensystem bei den Krankenversicherungen vorgegangen und gewisse Medikamente benötigen eine chefärztliche Bewilligung.

Zu Frage 40:

Einerseits wird durch die Einführung der Telemedizin und der Ausweitung der Verfügbarkeit dieser Behandlungsmöglichkeiten versucht, die Ausführungen aufgrund der Nichtverfügbarkeit eines Arztes in der Justizanstalt zu vermeiden. Gleichzeitig werden Überlegungen angestellt, gewisse Behandlungen in den Justizanstalten selbst durchzuführen, zum Beispiel Dialysen.

Zu Frage 45:

Es kam zu keinen Entlassungen gemäß der anfragegegenständlichen Rechtslage.

Ich hoffe, ich habe jetzt alle Fragen beantwortet. – Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Bernard: Nummer 22!)

17.29

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile dieses.