Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister, Sie haben vorhin gesagt, die Tierfrage, die Hundefrage war Ihre Lieblingsfrage. Ich komme jetzt zu einer Anfrage, die für Sie vielleicht nicht so toll ist, dabei geht es nämlich um die Inflation, um die Auswirkungen der Inflation. Sie wissen es: Österreich ist momentan Europameister, aber leider im negativen Sinn; die Inflationsrate liegt momentan bei 4,3 Prozent, aber nicht nur die Inflation, sondern auch die Shrinkflation und Skimpflation betreffen uns jetzt.

Ich komme gleich zur Anfrage:

1957/M-BR/2024

„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie in Folge des Antrags 3941/A(E) der Regierungsparteien setzen, aufgrund dessen Sie, gemeinsam mit dem BM für Arbeit und Wirtschaft überprüfen sollen, ‚ob es tatsächlich vermehrt zur Verringerung der Füllmengen bei gleichbleibenden Packungsgrößen gekommen ist‘?“

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst: Diese Frage beschäftigt nicht nur Öster­reich, sondern alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, bis hin zum ameri­kanischen Präsidenten, der sich darüber aufgeregt hat, dass in bestimm­ten Packungen von Süßigkeiten nun ein Drittel weniger Inhalt ist, und der das nicht versteht.

Wir haben uns auf Grundlage eines Beschlusses, der im Parlament gefasst worden ist, gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium sehr intensiv damit beschäftigt. Wir haben die vorhandenen Daten dorthin geliefert. Wir haben die Daten, die dem Verein für Konsumenteninformation aus dem sogenannten Lebensmittel-Check vorliegen, detailliert aufbereitet; wir ermöglichen diesen Lebensmittel-Check im Übrigen auch durch Förderungen. Das Wirtschaftsministerium beschäftigt sich derzeit nach meinem Wis­sensstand mit der Problematik, ich gehe also davon aus, dass dazu in Bälde Re­gelungsvorschläge kommen werden.

Insgesamt ist zu dieser Thematik zu sagen, dass wir über den Verein für Konsumenteninformation Unternehmen auch klagen, das heißt, wenn wir Kennt­nis über besonders krasse Fälle von Shrinkflation erlangen. Ich persönlich halte das für eine Irreführung von Konsumentinnen und Konsumenten. Ich halte das auch für einen unzulässigen Inflationstreiber. Versteckte Preis­erhöhungen – darum geht es nämlich – unter dem Deckmantel verkleinerter Packungsgrößen vorzunehmen, was aber nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, das kann nicht angehen. Eine Firma, die auch genannt werden kann, die Firma Manner, ist über den VKI geklagt worden, und da hat der VKI mit seiner Klage auch recht bekommen. (Bundesrat Kovacs: Danke, Herr Minister!)

Präsidentin Margit Göll: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? (Bundesrat Kovacs: Gerne!) – Bitte, Herr Bundesrat Kovacs.

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Neben dieser Shrinkflation gibt es ja noch die Skimpflation, die noch viel schwieriger zu überprüfen ist. Da geht es um die Verwendung minderwertiger Inhaltsstoffe zum Zweck der Ein­sparung bei der Produktion von Lebensmitteln, beispielsweise bei Marken­produkten – eine Einsparung auf Kosten der Konsument:innen.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um gegen diese Skimpflation vorzu­gehen?

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Diesbezüglich kann ich darauf hinweisen, dass es am 19.4. ei­nen informellen Rat der EU-Verbraucher:innenminister geben wird. Dieser Rat wird auch dazu dienen, sich dieser Frage zu widmen.

Das ist dasselbe Ärgernis: Die Verwendung geringwertigerer oder billigerer In­haltsstoffe ist eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten. Im Übrigen wird es dann bei der Anfrage 10 – jener betreffend Lebensmittel­kennzeichnung – eh noch Thema sein, bei der es darum geht, zu Regelun­gen zu kommen, die auch international durchsetzbar und durchführbar sind. Es ist sozusagen einmal mehr ein Appell an eine proeuropäische Haltung, denn wenn es nicht gelingt, diese Konsumentenschutzfragen auf europäischer Ebene so zu regeln, dass sie grenzüberschreitend Gültigkeit haben, dann werden wir scheitern. Wir werden es nicht hinbekommen, das als Österreich alleine durchzusetzen, und dahin gehen die Bemühungen.

Ich glaube, es braucht diese Regelungen. Ich glaube, es braucht auch konkrete Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission. Es wird ja oft gesagt, es gibt eine zu hohe Regelungsdichte oder zu viele Vorschriften, aber da braucht es sie, weil der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten im Vorder­grund steht.

Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte sehr.

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Herr Minister, Sie haben es schon angedeutet: Europa ist diesbezüglich wichtig, aber welche Bestrebungen gibt es konkret auf europäischer Ebene, um diesen Mogelpackungen entgegen­zuwirken?

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben das mit Spannung beobachtet: Es gab dazu schon eine Debatte im Ausschuss für Konsumentenschutz, weil es dazu auch schon Anträge gegeben hat, sich das französische Modell genauer anzuschauen. Frankreich hat einen nationalen Legistikvorschlag vorgelegt, der aber auf europäischer Ebene sozusagen nostrifiziert oder genehmigt werden muss. Die Frist für das Begutachtungsverfahren beziehungsweise die Stellungnah­men dazu hat mit 28. März geendet. Ein einziges Land, nämlich Polen, hat dazu Bedenken angemeldet, und nicht die Kommission, was darauf hindeutet, dass in der Kommission jedenfalls die Erkenntnis Platz gegriffen hat, die ich vor­her versucht habe darzulegen: dass es wohl einen Regelungsbedarf gibt. Meine Einschätzung ist, dass dieses französische Modell, wenn es tatsächlich zur Wirkung kommt, eine Blaupause für einen Kommissionsvorschlag sein könnte, um die Dinge zu regeln.

Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Guten Morgen! Herr Minister, neben Fakeverpackungen und Fakenews gibt es auch immer mehr Fakeshops – natürlich online. Im Jahr 2023 gab es nach einer sehr hohen Dunkelziffer deshalb mehr als 28 000 Anzeigen.

Meine konkrete Frage an Sie ist: Welche Maßnahmen haben Sie als Konsumen­tenschutzminister in der Vergangenheit gesetzt, um unsere Bürger vor solchen Fakeshops zu schützen?

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben dazu eine Meldestelle eingerichtet, in der konkreten Fällen auch nachgegangen wird. Das heißt, wenn dort Meldungen eingehen und konkrete Hinweise auftauchen, insbesondere in den von Ihnen an­gesprochenen Fällen, wird dem nachgegangen und, wenn notwendig, auch mit strafrechtlichen Schritten vorgegangen.

Sie haben es völlig richtig dargestellt: Das ist ein Phänomen, das inzwi­schen grenzüberschreitend Platz greift, hinter dem organisierte Betrugsstruktu­ren stehen und bei dem wirklich auch Abzocke betrieben wird. Das Problem in diesen Fällen ist oft, dass wir, um das verfolgen zu können – wie soll ich sagen? –, wissen müssen, wo die Anbieter und die Server ihren Standort haben, die dann oft außerhalb von Europa beheimatet sind. Das ist in all diesen Fragen der Verfolgung von digitalen kriminellen, halbkriminellen oder schrägen Geschichten eine Schwierigkeit. Da wird ebenfalls auf europäischer Ebene versucht, den großen Techkonzernen, die wir alle kennen – die ich jetzt nicht nenne, um nicht Werbung zu machen –, bestimmte Regeln vorzugeben.

Da ist die Europäische Union im Unterschied zu anderen Staaten Vorreiter – die USA machen das gar nicht, denn sie würden da sozusagen die eigenen Unternehmen irgendwie an die Leine legen –, weil dann auch Klagen und Straf­zahlungen durchgesetzt werden. Wenn es einmal Platz greift, dass be­stimmte Methoden auf Tätigkeiten zurückzuführen sind, die eine mangelnde Regelung haben, wird auch mit Strafzahlungen agiert. Es wird nur mög­lich sein, dem entgegenzuwirken, wenn Europa eine Vorreiterrolle einnimmt und klar sagt: Wir sind nicht bereit, diese Machenschaften zu akzeptieren!, und, wenn es um Konsumentenschutz geht, auch versucht, grenzüberschreitend beispielsweise das Klagerecht durchzusetzen. – Ich muss als Konsument in Österreich die Möglichkeit haben, mich einer Verbandsklage auf europäischer Ebene anzuschließen, weil ich das sozusagen alleine mit meinen Mitteln, die ich habe, nicht durchsetzen kann.

Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. – Bitte sehr.

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Minister, Sie haben es zuerst schon ein bisschen beantwortet – ich würde gerne wieder auf Österreich zurückkommen: In Ihrem Namen hat der VKI eben Klagen gegen die Shrinkflation-Praktiken eingebracht. Vielleicht wollen Sie noch ein biss­chen davon erzählen, wie der Stand der Verfahren dazu ist.

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich habe schon das Beispiel der Firma Manner genannt. Es gibt ein zweites Beispiel: Ende 2023 hat der VKI in meinem Auftrag eine Klage gegen die Firma Iglo eingebracht. Der Anlassfall war, dass der Inhalt eines Tief­kühlproduktes reduziert worden ist, die Verpackung aber ident ist, gleich geblieben ist. Das heißt, es war dieselbe Verpackung, in der einfach weniger drin war – mit Ausnahme der geänderten, sehr klein gedruckten Füllmengen­angabe in Gramm; ansonst gab es keine sichtbare Veränderung. Das ist unserer Ansicht nach eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten. In diesem Fall ist mit einem Urteil in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres zu rechnen.

Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 10. Anfrage, 1961/M-BR/2024.

Ich bitte die Anfragestellerin Bundesrätin Johanna Miesenberger um die Verlesung ihrer Anfrage. – Bitte sehr.