15.58
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Wien sagt man: Jetzt reden wir in ein Sackerl und stellen es vor die Tür!, aber das passt schon.
Ja, vielen Dank für die Dringliche Anfrage. Auch wir haben sofort gesagt: Aha, das kommt aus dem Burgenland, von der SPÖ Burgenland, das war uns auch klar. Aber sei’s drum. Ich finde es ja okay und gut, dass wir über dieses Thema sprechen, denn es ist ja ein wichtiges Thema, und das kann man auch ganz offen so sagen. Es ist ja auch wichtig, zu sagen, dass jeder junge Mensch, der oder die zur Polizei kommen möchte, willkommen ist, denn es ist ein schöner Beruf, es ist ein sozialer Beruf, es ist ein Beruf, der für das Zusammenleben unserer Gesellschaft ganz enorm wichtig ist.
Gleichzeitig wissen wir natürlich auch, wie schwierig der Arbeitsmarkt ist. Man kennt das an allen Ecken und Enden. Davon sind ja nicht nur die Polizistinnen und Polizisten betroffen, sondern zum Beispiel auch die Justizwache. Herr Kollege Spanring kann das sicher auch bestätigen: Dasselbe Problem gibt es auch in der Justizwache, wo es sehr schwer ist, Menschen zu finden, die diesen Job machen wollen. Es ist beim Bundesheer so, es ist in Gesundheitsberufen so, es ist bei Pädagoginnen und Pädagogen so, es ist in vielen Bereichen so, weil natürlich der Bund auch hier in einem Wettbewerb steht mit dem Arbeitsmarkt, mit der Wirtschaft, mit vielen anderen Bereichen.
Eines hat sich auch verändert, und das darf man, glaube ich, gar nicht unterschätzen: Der Anspruch, den Menschen an einen Job stellen, ist gerade auch seit der Pandemie durchaus ein anderer geworden. Der Wunsch, einen Teil im Homeoffice zu machen und dergleichen, ist natürlich gerade für solche Berufe, in denen es schwer möglich ist, einen solchen Homeofficemix zu machen, wie eben zum Beispiel bei der Exekutive oder bei der Justizwache oder bei anderen, durchaus schwer zu erfüllen. Umso wichtiger ist es, diesen Job auch für junge Menschen attraktiv zu gestalten, damit man überhaupt einmal darüber nachdenkt, dass man diesen Job ergreifen könnte. Deswegen finde ich es ja gut, dass es solche Rekrutierungsbusse gibt, die zu den Berufsmessen kommen, dass man in die Schulen geht und dass man auch von den Möglichkeiten erzählt, die dieser Job bietet.
Natürlich lohnt es sich aber schon auch, dort hinzuschauen: Woran könnte es denn hapern? Was könnte Menschen daran hindern, sich für die Exekutive zu bewerben? Da zerbrechen sich im Ministerium viele die Köpfe, der Herr Minister zerbricht sich den Kopf, wir in den Parteien zerbrechen uns die Köpfe, unsere Referent:innen zerbrechen sich die Köpfe darüber, und natürlich zerbrechen sich auch sehr viele Menschen innerhalb der Exekutive die Köpfe darüber. Da wäre es natürlich schon auch interessant, darüber nachzudenken: Welche Aufgabe hat die Exekutive und welche Aufgaben übernimmt derzeit die Exekutive, deren Erfüllung auch woanders denkbar wäre? Was sind zum Beispiel Aufgaben, welche die Exekutive derzeit übernimmt, die allerdings durchaus Aufgaben von Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen wären? Was sind die Aufgaben, welche zum Beispiel viel mehr Aufgabe von Gesundheitsberufen wären?
Wir muten den Exekutivbeamten ja sehr viel zu. Sie müssen sehr viele soziale Aufgaben übernehmen. Wenn wir schon über das Burgenland reden, darf man sich aber auch die Frage stellen, ob Exekutivbeamt:innen zum Beispiel bei einer Operation Fox in Ungarn wirklich gut aufgehoben sind. Man darf die Frage stellen, ob es wirklich klug ist, für Ungarn Schlepper zu fangen, die dann in Ungarn eh sofort wieder freigelassen werden, und ein Asylrecht zu unterstützen, für das Ungarn von der EU Strafen in Millionenhöhe bekommt, weil es nicht EU-rechtskonform ist.
Zu den Zahlen, die von der SPÖ genannt worden sind, ist schon viel gesagt worden. Ich möchte davon jetzt nicht allzu viel wiederholen. Die Probleme des Arbeitsmarkts habe ich auch schon erwähnt: Die Abgänge der Babyboomergeneration sind in allen Branchen ein riesiges Problem. Gerade deswegen haben wir ja auch in unserer Regierungszusammenarbeit immer wieder ganz stark auf solche Ausbildungsplätze geschaut, haben darauf geschaut, dass es vor allem auch eine Förderung für Mehrsprachigkeit in der Polizei gibt, dass man Menschen mit migrantischem Background in die Polizei bekommt, dass man vor allem auch Frauen anspricht, in die Polizei zu kommen.
2023 wurden 1 100 neue Personen im Polizeidienst aufgenommen, 450 schieden aus. Das sind die Zahlen für 2023.
Eine Verzerrung möchte ich schon auch noch kurz erwähnen, weil das in der Dringlichen Anfrage der SPÖ so erwähnt worden ist: Es wird dort Favoriten, ein Wiener Bezirk, mit Graz und Linz verglichen. – Mir ist kein Beschluss des Wiener Landtages bekannt, dass man die 23 Bezirke jetzt in einzelne Städte aufteilen würde, und deswegen finde ich diesen Vergleich auch wirklich ein bisschen schwierig, weil man da natürlich nur die, die in Favoriten stationiert sind, zählt. Es gibt aber so viele Polizistinnen und Polizisten in Wien, die man nicht einem Bezirk zuordnen kann, wie Wega oder Cobra oder Spezialbedienstete in der Verkehrs- oder in der Kriminalpolizei. Diese kann man nicht einem Bezirk zuordnen, sie sind aber trotzdem in Wien. Nichtsdestotrotz, das ist ja auch gesagt worden, haben wir natürlich in Wien einen Mangel an Polizeibeamtinnen und -beamten. Das sagen wir ja alle, das wissen wir auch alle. Wir alle wissen, dass wir etwas dagegen tun müssen.
Ich möchte schon auch noch einmal sagen, dass sich für den Ausbildungsstart für den Polizeidienst im Juni 2023 1 068 Personen beworben hatten, im Dezember 2023 gab es 3 226 Bewerberinnen und Bewerber. Ich finde, das ist eine noch nicht ausreichende, aber eine gute Zahl.
Meine Damen und Herren! Den Dienst bei der Polizei attraktiver zu machen ist für uns alle eine wichtige Aufgabe. Im Übrigen bin ich aber der Meinung, dass Maßnahmen für die soziale Sicherheit, Perspektiven für die Jugend, eine sachorientierte Politik und Zukunftsfähigkeit die beste Sicherheitspolitik sind. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
16.04
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. Ich erteile ihm das Wort.