21.27
Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren, die Sie heute noch zuschauen! Für die ORF-Gebühren: Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es ein interessantes Theater, was sich hier zurzeit abspielt. (Bundesrat Schennach: Was kann der ORF dafür?)
Leider müssen wir heute in der Debatte um diese Renaturierungsverordnung feststellen: Es muss alles so bleiben, wie es immer war. Ich glaube, es kann nicht alles so bleiben, wie es immer war. Österreich hatte 7,3 Millionen Einwohner im Jahr 1970 und hat jetzt zehn Millionen Menschen. Diese Menschen wollen ernährt werden, diese Menschen brauchen Wohnraum. In diesem Renaturierungsgesetz geht es nicht allein um die Landwirtschaft, es geht um Wohnraumschaffung, um Betriebsbaugebiete. Vieles wird sich da entsprechend verteuern und mit verschiedenen Maßnahmen auch unmöglich gemacht werden.
Ich glaube, eine Maßnahme ist wichtig für die Zukunft, nämlich dass zumindest bei Handelsketten der Flächenfraß endlich ein Ende nimmt. Das wird auch eine Aufgabe der Länder sein und sich auch in der Raumordnung entsprechend wiederfinden müssen. In Oberösterreich haben wir diesbezüglich schon Maßnahmen mit unserem Koalitionspartner getroffen.
Wasserschutz, Wasserkraftwerke – wir wollen in Zukunft mehr erneuerbare Energie gewinnen. Wie wir gestern im EU-Ausschuss gehört haben, wird halt dann vielleicht die neue Atomenergie kommen. Ich sehe schon so manches auf uns zukommen, wenn ich die deutschen Grünen höre. Herr Aufreiter hat ja in der Cosac-Sitzung in Prag gesagt (Bundesrat Schennach: Hofreiter! Panzer-Toni!): Um die Lebensmittelversorgung braucht sich Europa keine Sorgen zu machen, das wird in Zukunft die Ukraine übernehmen. Vielleicht brauchen wir uns auch um die Energieversorgung keine Sorgen zu machen, weil wir das dann mit Atomstrom machen. Es ist also schon interessant, was hier eigentlich alles auf dem Tisch ist.
Ich bin kein Jurist, aber unsere Verfassungsministerin ist Juristin und die wird sich wahrscheinlich in dem Gesetzesbereich schon besser auskennen als so manche, die hier die Verfassungsministerin kritisieren und sagen, sie macht Falschaussagen.
Ich bin überzeugt, liebe Frau Minister, Sie sind auf dem richtigen Weg, und wir vertrauen auf Ihre Aussagen. Danke schön! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Landwirtschaft in Österreich: 80 Prozent der Bäuerinnen und Bauern machen bei dem Umweltprogramm mit. Dieses Umweltprogramm wurde schon verschärft, weil europäische Maßnahmen getroffen worden sind, die sich im österreichischen Umweltprogramm nicht mehr widerspiegeln. Somit ist es nicht mehr möglich, dass die Bauern finanzielle Mittel abschöpfen können. Jetzt ist das Renaturierungsgesetz noch freiwillig. Ich bin schon seit 2003 dabei und ich bin seit dem EU-Beitritt Landwirt und ich habe gesehen: Was freiwillig war, ist irgendwann verpflichtend geworden. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Natura 2000, ein Thema, das wir alle erlebt haben: ein Weißbuch im Bezirk Braunau, das dann Gott sei Dank noch einmal vom Obmann kontrolliert worden ist. Wir haben zwei verschiedene Unterlagen gehabt – die Bezirksbauernkammer und die Betroffenen (Zwischenruf bei der SPÖ); und da sieht man, wie man mit Naturschutz, wie man mit den Menschen in Wirklichkeit umgegangen ist, um Naturschutz voranzutreiben. Wer macht denn Naturschutz, warum haben wir so eine Natur? (Bundesrat Schennach: ... Natura 2000 ...!) – Weil eine flächendeckende Bewirtschaftung stattfindet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Seid ihr schon Koalition jetzt, oder wie? Die klatschen da miteinander! – Bundesrat Leinfellner: Ja, aber der redet gar nicht so einen Blödsinn wie du!)
Der Lawinenschutz: ein Beispiel, schauen Sie nach Griechenland! Ich bin 1987 das erste Mal in Griechenland gelandet. Damals waren die Schafe noch am Flugplatz, da konnten wir wegen der Schafe nicht landen. Heute gibt es kaum noch Schafe in Griechenland, aber es gibt Verbuschung, Verwaldung. Und warum gibt es die Verwaldung? – Weil die Tiere nicht mehr vor Ort sind. Und die Verwaldung führt dazu: Wenn jemand eine Zigarette wegwirft, haben wir Riesenwaldbrände in diesen Gebieten, und diese wollen wir nicht haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Ein weiterer Punkt: Wir sehen in den Gebirgsgebieten Osttirols, Kärntens: Der Borkenkäfer hat uns massiv eingeholt. Was aber jetzt noch kommt, sind die Neophyten, und die Neophyten sind die Nächsten, die dann verhindern, dass Aufforstung möglich ist. Ich lade alle, die auf den Straßen kleben, ein, dass sie bei der Aufforstung dabei sind, um den Naturschutz voranzutreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
Wir wissen, wie Landwirtschaft funktionieren sollte. Wir von der Ortsbauernschaft in unserer Gemeinde machen immer eine Aktion: Saatgut für Blühflächen. Wo nicht mitgemacht wird, ist in den Hausgärten. Dort fährt der Rasenroboter, dort sitzt man dann mit dem Glasl Wein, dort darf keine Biene mehr fliegen, denn die Biene könnte uns ja stechen und stört uns in unserer Freizeit. (Bundesrat Steiner: Ja, und Steine!) Aber der Swimmingpool muss Anfang Mai gefüllt sein. Das sind die Themen (Bundesrat Steiner: Überall Steine!), und die Landwirtschaft in Österreich wird von allen so geliebt.
Es sind viele Punkte, die mich da stören, und besonders die SPÖ. Im EU-Ausschuss haben wir diesen Antrag leider nicht umsetzen können, den wir ja von der SPÖ und von den Freiheitlichen gehabt haben, bezüglich Bindung der Ministerin, weil es nicht gewünscht gewesen ist. Die SPÖ hat diesen Antrag mit eingebracht, und heute applaudieren Sie der Ministerin auf einmal, dass das alles so toll ist. Und vorhin wurde die ÖVP kritisiert, weil wir bei Ihrem Antrag, gegen das Renaturierungsgesetz zu stimmen, nicht mitmachen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Reisinger.)
Die Entwaldungsverordnung ist der nächste Punkt auf europäischer Ebene, und dann kommt das EU-Bodengesetz. Ich habe mich letztes Jahr noch gefreut, als Sie uns den Preis überreicht haben: das beste Projekt von Leader bezüglich gesunder Böden. Aber die EU sagt, der Großteil der Böden ist schlecht. Wenn ich in meine Bezirke schaue – in einigen Gemeinden gibt es zwölf verschiedene Bodenarten –, dann kann ich nicht sagen, der Boden ist schlecht, sondern es sind verschiedene Bodenarten; und diese Bodenarten müssen auch entsprechend unterschiedlich bewirtschaftet werden, und das, glaube ich, hat einzig und allein die Landwirtschaft sichergestellt.
Das größte Problem, das ich sehe: Wir sind zurzeit in Österreich mit der Lebensmittelversorgung nicht mehr hundertprozentig in der Eigenversorgung. Schauen wir es uns an: In der Fleisch- und Milchproduktion haben wir eine Überproduktion, aber in der Produktion von Gemüse und Obst haben wir eine Unterversorgung von 300 000 Tonnen. In der Fleischproduktion haben wir eine Überversorgung von 100 000 Tonnen, also ist das jetzt schon eine Differenz von 200 000 Tonnen Unterversorgung an Lebensmitteln, die wir deshalb nach Österreich importieren müssen. Wir haben bei den Lebensmitteln nur deshalb eine positive Handelsbilanz, weil unsere verarbeitenden Betriebe Produkte mit sehr hoher Wertschöpfung erzeugen und diese im Export entsprechende Preise erzielen, aber die Lebensmittelversorgung wäre jetzt schon nicht mehr gesichert, wenn wir nicht Importe mancher Produkte hätten. Das ist das Faktum, das wir haben.
Ja, wir haben ein Chaos, das jetzt gelöst werden sollte, gelöst werden wird. Ich bin überzeugt, unser Bundeskanzler und auch unser Landwirtschaftsminister sowie unsere Verfassungsministerin werden sich bezüglich dieser langwierigen Situation, was sich im rechtlichen Bereich ja immer widerspiegelt, bemühen. Das haben wir auch bei den Untersuchungsausschüssen gesehen. Wir haben im Untersuchungsausschuss Verurteilungen gehabt, in der Rechtsprechung gab es dann Freisprüche.
Wir können aus dieser Regierung aber jetzt nicht austreten – Kollege Matthias Zauner hat es schon gesagt –: Es gibt viele Gesetze, die uns noch beschäftigen. Wenn ich da allein an den Bereich der Landwirtschaft denke: etwa das Thema Vollspaltenverbot im Schweinebereich. Ich glaube, wir werden keine Mehrheit zusammenbringen, weder mit der FPÖ, denn die war 2006 schon gegen eine entsprechende Regelung betreffend Vollspaltenböden im Schweinebereich, noch mit der SPÖ noch mit den Grünen. Ich bin neugierig, was da im Endeffekt herauskommt. Wir haben viele Gesetze, die die Gemeinden betreffen, wir haben ein Pflegepaket, wir haben noch ein Behindertengesetz auf Schiene, und es sind viele Punkte, die es wert sind, in der Koalition zu bleiben und sie nicht aufzukündigen. Das ist unsere Aufgabe als verantwortungsbewusste Politiker der ÖVP.
In diesem Sinne danke ich unserem Bundeskanzler für die Verantwortung, die er für unser Land übernimmt, und ich wünsche mir, dass er auch nach dem 26. September unser Bundeskanzler bleibt. – Danke schön. (Rufe: 29.!) – Ah, 29. September: dass er nach dem 29. September unser Bundeskanzler bleibt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Allgemeine Heiterkeit.)
21.36
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es gibt eine weitere Wortmeldung, von Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm das Wort.