14.37
Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Fahrgastrechtenovelle 2024 sowie die Änderung im Eisenbahngesetz 1957 sind notwendige Schritte für die österreichischen Eisenbahnen. Kollege Gross und Kollege Stotter haben es ja bereits erwähnt und sind auch etwas ins Detail gegangen, nämlich: Diese Novelle umfasst zum einen Maßnahmen zur Stärkung der Fahrgastrechte und zum anderen eine Anpassung an europäische Vorgaben.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden diesen Punkten selbstverständlich zustimmen, denn sie bringen Fortschritte und Verbesserungen für die Fahrgäste und die Eisenbahnunternehmen.
Erlauben Sie mir aber, auf bestehende Lücken und Herausforderungen aufmerksam zu machen, die trotz vieler positiver Entwicklungen weiterhin bestehen. Ein ganz besonders kritischer Bereich ist die Kontrolle und Überwachung sowie die damit verbundene Dokumentation der Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten im Eisenbahnverkehr. Eine umfassende Dokumentation der Überwachung von Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten – wie beispielsweise die der Triebfahrzeugführer und -führerinnen – ist essenziell, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu gewährleisten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Die im Nationalrat vorgeschlagenen, aber leider abgelehnten Änderungen in § 13a und § 215 des Eisenbahngesetzes hätten dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.
Es ist wichtig – und ich möchte das betonen –, dass durch die fehlende Dokumentation und Berichterstattung im Jahresbericht auch die Möglichkeit, politische Verantwortung wahrzunehmen, geschwächt wird. Die verfehlte Liberalisierungspolitik der Europäischen Union im Eisenbahnsektor und der dadurch entstehende Konkurrenzdruck der Unternehmen führen zwangsläufig zu einem Rückgang der Sicherheit im Eisenbahnverkehr.
Es gibt trotz aller Anstrengungen nach wie vor keine einheitlichen technischen Standards, die Aus- und Weiterbildung des Eisenbahnpersonals ist nach wie vor uneinheitlich und oft auch unzureichend. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese Situation wird mit der zunehmenden Anzahl von Marktteilnehmern im Schienenverkehr und durch das Fehlen harmonisierter technischer und betrieblicher Standards im grenzüberschreitenden Verkehr, und gerade in diesem, nochmals verstärkt.
Ein Paradebeispiel dafür ist die fehlende Standardisierung bei der Aufzeichnung der Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten des Zugpersonals. Diese führt zu einem Wildwuchs an Aufzeichnungsmodi, da jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen eigene Methoden der Aufzeichnung festlegen kann. Standardisierte, personengebundene, fälschungssichere Aufzeichnungen, wie wir sie beispielsweise beim Straßengüterverkehr über Fahrer:innenkarten und Kontrollgeräte kennen und wie sie dort auch selbstverständlich sind, gibt es auf der Schiene bis dato nicht. Dies erschwert, ja, wenn wir ehrlich sind, verunmöglicht geradezu die Kontrollen durch das Verkehrsarbeitsinspektorat.
Die digitale Aufzeichnung der Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten für das fahrende Personal, insbesondere für die Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer, stellt für den Verkehrsträger Eisenbahn eine wesentliche Komponente für die Gewährleistung der betrieblichen Sicherheit und arbeitsrechtlicher Standards dar.
In einer im letzten Jahr von mir eingebrachten parlamentarischen Anfrage an Herrn Arbeitsminister Kocher ging es um Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten des Zugpersonals, und, Kolleginnen und Kollegen, das in der Beantwortung dargestellte Ergebnis würde ich als erschreckend bezeichnen. So wurden jährliche Kontrollen im Eisenbahnbereich durchgeführt, jedoch keine spezifischen Daten für Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer oder anderes Zugpersonal erfasst, und die Anzahl der Kontrollen – und jetzt wird es spannend –, beispielsweise für das Jahr 2022, lag bei 230.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie ihr wisst – ich habe das schon einmal erwähnt –, liegt allein bei den Österreichischen Bundesbahnen, den ÖBB, die Anzahl der Zugfahrten bei 7 000 pro Tag – und dann redet das Verkehrsarbeitsinspektorat von 230 Kontrollen im Jahr. Dies alles würde natürlich der jährliche Bericht, den wir mit dem Abänderungsantrag im Nationalrat gefordert haben, offenlegen.
Ein Aufzeichnungssystem analog zu jenem im Straßenverkehr wird gemäß der Anfragebeantwortung vonseiten des Arbeitsministeriums als wichtig angesehen, und man betont – betont! – die Notwendigkeit eines besseren Systems zur Überwachung von Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten.
Diese Missstände schaffen einen idealen Nährboden für unseriöse Unternehmen, die geltende Regelungen und Arbeitnehmerschutzbestimmungen von vornherein umgehen, um daraus Vorteile – auf Kosten des Personals und auf Kosten der Sicherheit – für sich zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)
Kolleginnen und Kollegen! In Österreich sind über 80 Eisenbahnverkehrsunternehmen tätig – über 80! –, was die Notwendigkeit standardisierter Aufzeichnungssysteme noch dringlicher macht.
Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist offensichtlich, dass die derzeitigen Maßnahmen, wie wir sie hier in Österreich kennen, nicht ausreichen, um die Sicherheit und die Effizienz der Kontrollen im Eisenbahnverkehr zu gewährleisten. Die Überwachung der Einhaltung der geltenden Vorschriften und Gesetze ist derzeit unzureichend geregelt.
Deshalb bringen wir heute – und ich möchte das betonen – parteiübergreifend einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ehestmöglich zu prüfen, ob durch eine Studie Lösungen erarbeitet werden können, wie digitale Aufzeichnungen im Bahnbetrieb ermöglicht werden sollen. Diese Studie soll auch organisatorische und technische Maßnahmen identifizieren, um die Arbeitsinspektorate bei ihrer wichtigen Aufgabe zu unterstützen.
Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Daniel Schmid, Markus Stotter, BA, Michael Bernard, Marco Schreuder, Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Zusammenhang mit dem Eisenbahngesetz 1957“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, ehestmöglich zu prüfen, eine Studie in Auftrag zu geben, die in weiterer Folge dem Nationalrat und dem Bundesrat zur Behandlung zugeleitet wird, mit welcher die Maßnahmen in Zusammenhang mit der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen über die Arbeits-, Fahr- und Ruhezeiten für Triebfahrzeugführer:innen gemäß Arbeitszeitgesetz, BGBl. 461/1969, evaluiert und Maßnahmen für die Überwachung vorgeschlagen werden.“
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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass der Eisenbahnbetrieb in Österreich weiterhin sicher, weiterhin effizient und zukunftsorientiert gestaltet wird! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
14.46
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Der von den Bundesräten Daniel Schmid, Markus Stotter, Michael Bernard, Marco Schreuder, Manuela-Anna Sumah-Vospernik, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Zusammenhang mit dem Eisenbahngesetz 1957“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Wir setzen die Debatte fort. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm das Wort.