RN/20
11.44
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Danke sehr, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geschätzte Mitglieder der Bundesregierung und, weil es so schön ist, liebe Korinna Schumann! (Beifall bei SPÖ – stehend dargebracht von Bundesrat Mertel [SPÖ/Ktn.] –, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Sehr geehrte Damen und Herren, die Debatte heute im Bundesrat über die Regierungserklärung und Regierungsbildung ist der Endpunkt dieser Regierungsbildung. Das hat auch etwas sehr Schönes, weil diese Regierung verdammt stark vom Bundesrat geprägt ist: eine Ministerin Schumann, ein Vizekanzler, der hier unter uns war, und eine Staatssekretärin Eibinger, mit der ich, wie ich mich erinnern kann, viele Jahre im EU-Ausschuss sehr konstruktiv gearbeitet habe. – Man könnte fast sagen: eine Regierung des Bundesrates. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Es ist eine Regierung der neuen Mehrheiten, und das ist, glaube ich, etwas, das auch Hoffnung, Zuversicht und Mut ausstrahlt. Die heutigen Erklärungen hier haben die Gemeinsamkeit und diese neue Fähigkeit des Kompromisses bereits sichtbar gemacht.
Das Ganze vor einem Hintergrund einer mehr oder weniger dramatischen weltpolitischen Situation: Wir stehen vor einer Situation, in der einem angegriffenen Land ein Diktatfrieden droht, in der diesem auch noch die Rohstoffe abhandenkommen. Wir sind in einer Situation, in der sich noch niemand über die Sicherheit nach einem solchen unbedingt notwendigen Waffenstillstand Gedanken gemacht hat. Gleichzeitig gibt es diesen fürchterlichen Krieg im Nahen Osten, in Gaza.
Ich möchte das um einen Punkt erweitern: Selbstverständlich steht das Existenzrecht Israels völlig außer Diskussion, aber es gibt auch ein Lebensrecht der Palästinenser und Palästinenserinnen – das sollte man angesichts dessen nicht vergessen, dass nahezu ein Genozid in Gaza stattgefunden hat.
Es gibt die Situation, dass heute, wenn wir hier die Regierungsbildung abschließen, in Deutschland die Regierungsbildung beginnt. Das ist insofern relevant, weil wir vor riesigen Herausforderungen stehen, weil es in diesen Tagen und Wochen eine besondere Aggression gibt: Von den USA – durch einen sehr interessanten Aggressor (Heiterkeit des Redners) – wird ein Handelskrieg verursacht, ein Handelskrieg, der uns in Europa schaden wird, der aber vor allem auch der USA schaden und den Menschen dort noch sehr, sehr teuer zu stehen kommen wird.
Nun, diese Regierungsbildung hat ein bisschen länger gedauert. Manchmal heißt Zeit aber, dass auch etwas Gutes herauskommt. Eines ist aber auch klar: Wir haben in den letzten Jahren hier bei jeder Debatte die Wörter Volkskanzler und Remigration gehört. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Also der Volkskanzler ist entzaubert, er hatte nämlich einen Regierungsbildungsauftrag und hat Österreich bewiesen (neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ): Er kann es nicht, er bringt es nicht zustande! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Aber, liebe Kollegen und Kolleginnen der FPÖ, ihr solltet in den nächsten Monaten und Jahren nicht vergessen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: So lang wird es nicht halten!): Den Budgetpfad, der nach Brüssel gemeldet wurde, habt ihr zu verantworten, ihr gemeinsam mit der ÖVP. (Ruf bei der FPÖ: Gott sei Dank! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.) Die Koalition hat in ihrer Großzügigkeit gesagt: Wir nehmen das, was ihr da gemacht habt, und werden das unterstützen! – Das muss man sagen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Es kommt ja aber noch etwas dazu: Diese Regierung steht vor der Situation, die Inflation zu bekämpfen, die gesteigerte Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und den wirtschaftlichen Aufschwung zu schaffen, den wirtschaftlichen Motor wieder in Gang zu setzen.
Das ist eine enorme Leistung, und deshalb sage ich nur eines – man darf ja jetzt auch ein bisschen auf eigene Dinge schauen, auch wenn ich versuche, eine sehr breite Rede zu halten –: Ich habe die Reden unserer Fraktion mit der Warnung: Passt auf, die Mieten rennen durch den Plafond!, nicht zählen können, so viele Initiativen und Forderungen haben wir formuliert. Deshalb muss ich sagen, wir sind unglaublich stolz, dass in der ersten Woche, bei den ersten Handlungen, es nun zu diesem Mietpreisdeckel kommt, der so wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Tiefnig [ÖVP/OÖ].) Im April wären die Mieten weiter explodiert. Das ist jetzt einmal gestoppt, und auch für nächstes und übernächstes Jahr ist die Erhöhung abgebremst.
Ich habe die Worte der Staatssekretärin beim Vizekanzler, Michaela Schmidt, im Ohr, die gesagt hat: Wir werden jetzt mit Hochdruck darum kämpfen, auch die freien Mieten mit in eine Regelung zu bekommen!, und ich glaube ihr, dass das auch zu schaffen ist. Es ist aber eine gewaltige juristische Aufgabe.
Andreas Babler hat heute gesagt – und das ist ein schöner Vergleich; wir haben ein unfassbares Budgetdefizit; wir haben einen Monat gebraucht, bis uns Brüssel unser eigenes Budgetdefizit erklärt hat; das nur so nebenbei als Fußnote –, dass dieses Defizit nicht gleichmäßig auf den Schultern der Österreicher und Österreicherinnen verteilt wird, sondern es gibt welche, die riesige, breite, starke und stählerne Schultern haben. Diese sollen nicht nur, sondern sie müssen auch etwas beitragen. Die haben in der Zeit der Krisen und der Inflation enorme Gewinne gemacht.
Das sind einmal die Banken. Da setzen wir mit einer Bankenabgabe einen ersten Schritt. Zweitens werden natürlich auch die Energiekonzerne gebeten: Ihr habt so viel verdient und so große Gewinne gemacht! Beteiligt euch mit euren starken Schultern an dieser Konsolidierung!
Zwei, drei Dinge würde ich gerne noch anknüpfen. Das eine ist ein Bekenntnis in diesem Regierungsprogramm – und ich möchte das ganz explizit und auch aus sozialdemokratischer Sicht unterstreichen –, und zwar das Bekenntnis zur Neutralität. Wir bekennen uns zu einer aktiven Neutralität (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP) und ich hoffe sehr, dass das von der gesamten Regierung und in allen Bereichen getragen wird. Wir bekennen uns auch nach wie vor dazu, dass Österreich der ideale Standort ist, um politische Krisen zu verhandeln, und sich Österreich auch nach wie vor an allen möglichen internationalen Sicherheitsmaßnahmen beteiligt.
Jetzt kommen wir aber zu einem Punkt, bei dem ich eine riesige Bitte an diese Bundesregierung ausspreche: Immer wenn es zum Thema Migration und Integration kommt, wird das irgendwie mit Angst, Furcht, Problemen und Unsicherheit eingeleitet. Versuchen wir es doch einmal anders! Was wir in diesem Land brauchen, ist Zuversicht, Optimismus. Versuchen wir doch einmal darüber zu reden, dass Migration dazu führt, dass das alltägliche Leben in diesem Land funktioniert! (Beifall bei der SPÖ.) Ohne Migration würden die Räder in diesem Land stillstehen, würde die soziale Sicherheit an den Rand des Abgrunds geführt werden. Natürlich gibt es Probleme. Versuchen wir aber, nicht immer Unsicherheit und Probleme, sondern mehr das Positive voranzustellen! Wenn wir in die Gesamtgesellschaft dieses positive Gefühl hineinbekommen, dann ist schon ein ganz großer Schritt gemacht.
Nun, zum Schluss meiner Rede, möchte ich einfach einen Satz zu Korinna Schumann sagen: Ich kenne fast niemanden, der mit so einer Leidenschaft für Soziales, für Gerechtigkeit in der Arbeitswelt, für den Platz der Frauen in diesem Bereich kämpft. Ich kann einfach nur sagen, unsere ganze Fraktion ist enorm stolz. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].) Wir werden das alles unterstützen, liebe Korinna Schumann, wann immer du deine Fraktion an deiner Seite brauchst.
Ich möchte aber auch, hätte ich die Möglichkeit, eine Tapferkeitsmedaille vergeben. Die vergebe ich erst später an Korinna Schumann, jetzt vergebe ich sie an jemand anderen: Ich würde sagen, diese Tapferkeitsmedaille verdient Markus Marterbauer, der dieses Budget zu bewältigen und zu bestreiten hat. Ich kann nur sagen, das ist eine Mammutaufgabe. Ziehen wir unseren Hut vor Markus Marterbauer! Das ist großartig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
11.56
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Klubvorsitzender Bundesrat Spanring. Ich erteile es ihm.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.