RN/89
18.32
Volksanwältin Gabriela Schwarz: Vielen Dank, Frau Präsidentin! Werte Mitglieder des Bundesrates! Werte Damen und Herren, die uns trotz später Stunde noch tapfer zuhören! Es freut mich sehr, dass wir heute wieder bei Ihnen Gast sein dürfen, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens möchte ich mich dafür bedanken, dass die Arbeit mit Ihnen im Ausschuss sehr, sehr konstruktiv ist, was durchaus belegt, dass Sie sich intensiv mit den Berichten der Volksanwaltschaft auseinandersetzen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und darum auch sehr, sehr beachtenswert.
Auf der anderen Seite ist es uns wichtig, direkt mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, weil ja unter Ihnen auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind, mit denen wir es dann ja de facto auch zu tun haben. Da habe ich gleich einen Appell und eine Bitte an Sie: Wir von der Volksanwaltschaft zeigen ja nicht nur Missstände in der öffentlichen Verwaltung auf, sondern wir kümmern uns auch um Menschen, die sich von Behörden nicht fair behandelt fühlen. Da würde niemandem ein Zacken aus der Krone fallen, wenn wir dann darauf hinweisen, dass man sich bei denjenigen im Nachhinein auch entschuldigt. Das würde ich mir wünschen. Ein bisschen eine Entschuldigungskultur würde uns allen, glaube ich, ganz guttun, und das ist mein Appell an Sie.
Noch etwas ganz Wichtiges: Wir nehmen natürlich das Lob, das Sie unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zollen, mit und teilen das auch weiter – das ist überhaupt keine Frage. (Allgemeiner Beifall.) Die Erreichbarkeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unsere ist uns extrem wichtig. Deswegen fahren wir auch sehr, sehr gerne in die Bundesländer zu den Sprechtagen. Sie wissen ja, wir sind lediglich in Tirol und in Vorarlberg keine Landesvolksanwälte, sondern nur für den Bund zuständig, aber in allen anderen Bundesländern sind wir für alles da.
In meinem Geschäftsbereich – das wurde heute schon mehrmals angesprochen – sind die größten Baustellen im Justizbereich, also im Straf- und Maßnahmenvollzug. Da werde ich nicht müde, immer wieder den Finger in die Wunde zu legen. Ich war erst gestern wieder bei einem Sprechtag in der Justizanstalt Wiener Neustadt, weil es uns wichtig ist, vor Ort immer auch Sprechtage sowohl für das Personal als auch für die Insassinnen und Insassen abzuhalten und eben nicht nur die Besuche unserer Bundeskommission zu machen, sondern auch direkt in Kontakt zu treten, denn das ermöglicht uns dann ganz konkret, an das Ministerium heranzutreten und auf Dinge aufmerksam zu machen.
Beim Wahrnehmungsbericht Jugend in Haft vom September 2022 ist für mich insofern immer noch ein wunder Punkt, dass das alles noch nicht umgesetzt wurde. Es wurde uns angekündigt, dass bis zum Juli 2024 der Münnichplatz in Betrieb genommen werden sollte. Das ist de facto nicht der Fall, ich habe heute diesbezüglich noch einmal telefoniert.
Im Moment sind dort 20 Jugendliche untergebracht. Das ist allerdings ein Departement der Josefstadt und gar keine eigene Jugendvollzugsanstalt. Da ist noch ganz viel Luft nach oben. Von den drei Abteilungen, die bereits besiedelt werden könnten, ist nur eine zu besiedeln, denn bei den anderen zwei gibt es bereits solche Schäden in den Sanitärräumlichkeiten, dass dort bereits renoviert werden muss. Also da ist wirklich der Wurm drinnen, und Sie können sich sicher sein, dass wir da nach wie vor dranbleiben, um die Situation für alle zu verbessern.
Der eklatante Personalmangel in den Justizanstalten hat selbstverständlich mehrere Gründe. Das Erste ist einmal die durchaus schlechte Bezahlung, das betrifft sowohl das Exekutivpersonal als auch das Fach- und Gesundheitspersonal. Es gibt immer wieder Schwierigkeiten, nachzubesetzen, gerade wenn es therapeutische Maßnahmen betrifft – egal ob Ergotherapie oder Psychotherapie. Ganz schlimm ist auch die Situation mit der psychiatrischen Versorgung, das ist gerade im Maßnahmenvollzug wirklich ein extrem wunder Punkt. Da bedarf es zunehmend mehr Anstrengungen, um diese Stellen auch wirklich besetzen zu können. Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass diejenigen, die bereits beschäftigt sind, wahnsinnig viel zu tun haben, es dadurch zu Langzeitkrankenständen kommt, die Betroffenen zwar im Personalplan aufscheinen, aber die Arbeit selbstverständlich nicht leisten können.
Was das Thema Suizid betrifft: Ich finde halt, dass Arbeitsgruppen kein Selbstzweck von Expertinnen und Experten sind, die sich wirklich Gedanken darüber machen und zu Schlüssen kommen. Wenn diese Empfehlungen dann vorliegen, sind die meiner Meinung nach auch zügig umzusetzen, und darauf pochen wir von der Volksanwaltschaft selbstverständlich immer wieder.
Ein weiteres Thema, das mich in meinem Geschäftsbereich beschäftigt, ist das Thema Internationales. Es gehört auch das Außenministerium mit Visaanträgen zu mir. Da haben wir durchaus bemerkt, dass es Gerüchte gab, dass es in unterschiedlichen Botschaften, in denen durch Agenturen Visaanträge durchgeführt wurden, möglicherweise Missstände gibt. Wir sind der Sache nachgegangen und sind beim Außenministerium auf durchaus offene Ohren gestoßen. Das sind Agenturen, die international tätig sind, also nicht nur für das österreichische Außenministerium. Auch darauf ein wachsames Auge vonseiten der Botschaften zu haben, ist ein wichtiger Punkt.
Im Oktober 2023 war ich bei der Menschenrechtswoche in den Vereinigten Staaten. Es war ein Erlebnis, das aber auch dazu angetan war, Kontakte für die internationale Zusammenarbeit zu knüpfen, um im International Ombudsman Institute dafür zu sorgen, dass es Support für Organisationen, für Institutionen – es sind insgesamt über 200 in diesem Gremium vertreten – gibt, die weltweit unter Druck geraten – so gut, wie es uns mit der Volksanwaltschaft in Österreich geht, geht es anderen Ombudsleuten in anderen Staaten überhaupt nicht, also da ist großer Druck vorhanden –, und auch, um zu gemeinsamen Trainingsprojekten zu kommen. Davon profitieren nicht nur wir, sondern davon profitieren natürlich alle anderen auch.
Zum Vertrauensindex möchte ich noch etwas sagen: Als wir das erste Mal 2023 beurteilt wurden, hat uns das wirklich sehr, sehr geehrt, aber das Vertrauen ehrt uns nicht nur, sondern das ist selbstverständlich uns und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch weiterhin Verpflichtung, und dafür stehen wir ein. – Vielen herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)
18.39
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich auch Herr Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Volksanwalt.