RN/58

13.42

Bundesrätin Margit Göll (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuseherinnen, Zuhörer und Zuseher! Bevor ich auf die Tagesordnung eingehe, darf ich ganz kurz mit einigen Worten und einigen Sätzen auf die Aktuelle Stunde zu Beginn der heutigen Sitzung zu sprechen kommen. 

Als Bürgermeisterin einer Grenzgemeinde, in einer Grenzregion, als Vorsitzende der Leader-Region Waldviertler Grenzland, aber auch als Vorsitzende von Euregio Silva Nortica kann ich aus der Praxis heraus erzählen und auch darüber sprechen, dass 30 Jahre Österreich in der EU absolut ein Erfolgsmodell ist. Wie gesagt, ich spreche da aus der Praxis, denn in vielen Projekten – über Leader, mit Interreg und KPF, dem Kleinprojektefonds – ist es gelungen, unsere Grenzregionen – aber nicht nur die niederösterreichischen, sondern natürlich im ganzen Land – weiterzuentwickeln und dem ländlichen Raum Perspektiven und auch Chancen zu geben. Daher ist es natürlich auch sehr wichtig, dass wir in diesen Projekten weiterarbeiten, denn für unsere Gemeinden und Regionen wären viele Dinge, Projekte, sei es in der Bildung, im Tourismus oder auch in der wirtschaftlichen Weiterentwicklung, ohne die EU-Projekte und EU-Programme nicht möglich gewesen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesrät:innen von SPÖ und Grünen.)

Jetzt komme ich zum eigentlichen Tagesordnungspunkt: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über eine Änderung des Gesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus. Wir wissen alle: Der Nationalfonds wurde gegründet, um historisches Unrecht anzuerkennen, Opfer bestmöglich zu unterstützen und das Gedenken wachzuhalten. Er war wirklich nie nur ein finanzielles Instrument, sondern auch gleichzeitig Ausdruck unserer gemeinsamen ethischen Verpflichtung. Die Änderung soll auch hinkünftig sicherstellen, dass der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus handlungs- und auch arbeitsfähig bleibt. Die Gesetzesänderung ist aber auch ein Fundament unseres demokratischen Selbstverständnisses. Sie ist gleichzeitig auch Ausdruck der Verantwortung, die wir alle in unserer Republik gegenüber jenen tragen, die verfolgt, entrechtet, vertrieben oder ermordet wurden. 

Seit seiner Errichtung im Jahr 1995 ist der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus ein zentrales Instrument zur Anerkennung und Unterstützung jener Menschen, die unter den Verbrechen des NS-Regimes gelitten haben. 

Mit der vorliegenden Gesetzesänderung wollen wir die Anpassung des Bundesgesetzes vornehmen. Künftig sollen die Leitung und die ordnungsgemäße Wahrnehmung aller Aufgaben des Nationalfonds nicht mehr automatisch beim Präsidenten oder der Präsidentin des Nationalrates liegen, sondern auch auf den Zweiten oder Dritten Präsidenten oder auf die Zweite oder Dritte Präsidentin übertragen werden können. Damit schaffen wir Raum für ein würdiges, glaubhaftes Gedenken und zeigen somit auch Haltung, Respekt und Konsequenz.

Der Nationalfonds ist auch ein symbolisches Bekenntnis: Wir vergessen nicht und wir verdrängen nicht. Wir stehen für Wahrheit, für Erinnerung und vor allem für Menschlichkeit ein. Diese Änderung ist ein Signal an die Opfer, dass sie gehört werden, ein Signal an die Gesellschaft, dass wir wachsam bleiben, und sie ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit, zu mehr Menschlichkeit und zu einer würdevollen Erinnerungskultur.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Erinnerungen dürfen nicht verstummen. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung zur Gesetzesänderung und um ein klares Bekenntnis gegen das Vergessen, gegen das Verdrehen und gegen das Verharmlosen. 

Wir alle hier haben diese Broschüre erhalten (eine Broschüre in die Höhe haltend), und ich möchte mit einem Zitat aus dieser Broschüre – sie beinhaltet sehr viele Beiträge zu den Gedenkfeierlichkeiten anlässlich 80 Jahre Befreiung – enden: „Wer keine Erinnerung hat, hat auch keine Zukunft. Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann auch die Zukunft nicht gestalten.“ – Vielen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

13.48

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.