RN/74

14.39

Bundesrat Thomas Karacsony (FPÖ, Burgenland): Danke, Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal frage ich mich, ob man in Brüssel eigentlich weiß, wie es bei uns im ländlichen Raum wirklich ausschaut. Ich meine nicht die Hochglanzprospekte und Powerpoint-Präsentationen, ich meine die Wirklichkeit. Genau diese Wirklichkeit kommt im EU-Arbeitsprogramm wieder einmal kaum bis gar nicht vor. Es ist ein wohlformulierter Katalog an Vorhaben, Projekten und Strategien, aber Papier ist bekanntlich geduldig. Unsere Leute haben es satt, Jahr für Jahr zu hören, wie viel besser alles werden wird, während es in Wahrheit Jahr für Jahr schlechter wird. Ich möchte an etwas erinnern: Was wurde uns beim EU-Beitritt 1995 alles versprochen? – Schutz für kleine Betriebe, weniger Bürokratie, Mitsprache und stabile Preise. Was ist daraus geworden? – Nichts, außer dass die kleinen Betriebe verschwinden! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Bürokratie ist explodiert, die ländliche Versorgung geschwächt, unsere Mitsprache eingeschränkt. Ja, Österreich ist wieder einmal Musterschüler bei der Umsetzung von EU-Vorgaben – betreffend Wirtschaftsdaten sind wir Letzter. Österreich muss aber nicht immer der Musterschüler sein, denn wenn alles so gut ist, warum stecken wir in einer Rezession, warum hören immer mehr Landwirte auf, warum steigt dann die Inflation? Gerade in der Landwirtschaft ist die Lage dramatisch, die ohnehin mageren Einkommen – seit Jahren im Minus – werden durch neue Vorschriften und Verbote der EU-Bürokraten wieder geschmälert. 

Es wird so viel über das Tierwohl gesprochen. Ich habe nichts gegen gute Lebensbedingungen für Tiere – im Gegenteil, ich liebe Tiere, finde Sinn in meiner Arbeit als Bauer, sonst hätte ich diesen Beruf nie gewählt –, aber was ist mit dem Wohl der Bauern selbst? Urlaub gibt es nicht, Schweine und Kühe kennen keinen Sonntag, viele Bauern rechnen nicht einmal ihre Arbeitszeit ein, denn bezahlt wird sie ohnehin nicht. Landwirte haben keinen Anspruch auf Überstundenvergütung, Urlaubsgeld oder Feiertagszuschläge, trotzdem erwarten alle hochwertige, regionale Lebensmittel, am besten zum Diskontpreis. – Diese Rechnung geht sich längst nicht mehr aus. 

Jetzt hör bitte zu, Kollege Thoma: Beim Green Deal – den es angeblich ja nicht mehr gibt; er heißt jetzt nur anders – war die Idee vielleicht gar nicht schlecht, aber umgesetzt wird sie auf dem Rücken der Landwirte. Wenn ein Landwirt – zum Beispiel in der Oststeiermark, ein guter Freund von mir – einen guten, super Milchviehbetrieb hat und auf seinen Flächen nur Futter für die Tiere produziert, auf diesen Flächen aber einen gewissen Anteil an Blühstreifen anbauen muss, den er ja nicht verwenden darf, und dann händeringend nach anderen Flächen sucht, auf denen er etwas anbauen muss, was er nicht ernten darf, dann frage ich mich: Was hat dieser Green Deal gebracht? 

Wo war Brüssel in der Energiekrise? Wo war der Rettungsschirm für unsere Bauern? Statt Lösungen kommen neue Auflagen: Blühstreifen, wie gerade gesagt; Pflanzenschutzverbote; CO2-Bilanzvorgaben pro Kuh – Kühe dürfen nicht mehr furzen. Unsere Bauern werden als Problem dargestellt, in Wahrheit sind sie die Lösung des Problems. Und während Brüssel über Resilienz philosophiert, schließen bei uns Nahversorger, Arztpraxen und Wirtshäuser. Die Situation hinsichtlich ärztlicher Versorgung ist dramatisch, und zwar nicht irgendwo in Osteuropa, sondern in Niederösterreich, in Kärnten, in der Steiermark – bei uns in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Frankreich schützt seine Bauern, Polen auch, Ungarn ebenso – und Österreich sagt Ja und Amen zu allem, was kommt, und schickt jetzt noch Geld nach Afrika für Nussbauern. Unsere Bäuerinnen und Bauern kämpfen seit Jahren gegen niedrige Erzeugerpreise, Auflagen, politische Ignoranz, trotzdem stehen sie jeden Tag auf und machen ihre Arbeit. Sie verdienen Respekt, nicht neue Belastungen. Wir müssen endlich aufhören, alles kritiklos mitzumachen, wir brauchen eine Politik mit Hausverstand, mit Bodenhaftung und Mut zur Eigenständigkeit. Die FPÖ bringt seit Jahren konkrete Lösungsvorschläge, nicht ideologisch, sondern praxisnahe. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) Wir fordern nationale Lösungen, angepasst an ein kleines Land. (Ruf bei der ÖVP: ... ideologisch, ganz sicher!) Wir hören auf die Landwirte und die Menschen vor Ort, nicht auf eine anonyme Kommission in Brüssel. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen keine neuen Visionen aus Brüssel, wir brauchen Lösungen vor Ort: für unsere Bauern, für unsere Jugend, für unsere Zukunft auf dem Land. 

Ich schließe mit einem einfachen Satz: Man kann keine Bäume ernten, wenn man die Wurzeln abschneidet. – Genau das tut die EU: Sie schneidet sich von den Menschen ab, die das Rückgrat Europas bilden. 

Wir sagen: So geht es nicht weiter! Wir stehen auf für unsere Heimat, unsere Bauern, unser Land. (Beifall bei der FPÖ.)

14.45

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.