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Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Danke, Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer und Zuseher via Livestream! Solange diese Regierung, die aktuelle Regierung, und insbesondere die NEOS weiter so eine Außen- und Sicherheitspolitik betreiben, fürchte ich, dass Österreich noch mehr auf der Strecke bleiben wird als bisher. (Beifall bei der FPÖ.)
Waren die Aktivitäten von Außenminister Schallenberg auf internationaler Ebene schon spannend, gab es aber bei ihm doch auch lichte Momente, als er im Jänner 2023 zur gemäßigten Haltung gegenüber der Aggression Russlands aufrief – Sie erinnern sich vielleicht, und da schließe ich jetzt bei Kollegen Schennach an –, womit er natürlich dort, vor allem in der Ukraine, nicht auf besondere Gegenliebe gestoßen ist. Mittlerweile wissen wir aber – und davor kann sich keiner verschließen, Kollegin Schwarz-Fuchs hat die Wirtschaft in Europa angesprochen –, dass die Russlandsanktionen hauptsächlich der europäischen Wirtschaft, vor allem auch der österreichischen Wirtschaft, geschadet haben und immer noch schaden.
Gott sei Dank, Frau Minister, agieren Sie da jetzt ganz anders. Gleich nach Ihrer Ministerweihe sind Sie zuerst in die Ukraine gereist und haben Selenskyj Geld der österreichischen Staatsbürger, der österreichischen Steuerzahler überbracht. Sie treten zurzeit, auch dort, wie eine EU- und Nato-Gesandte auf und nicht wie die Außenministerin des neutralen Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)
Dieses problematische Amtsverständnis schadet den Interessen und der Sicherheit unserer Heimat und unserer Bevölkerung, wie in Wirklichkeit überhaupt diese gesamte Regierung. Außenpolitisch erfährt man außer den typischen NEOS-EU-Schwärmereien auch nichts Greifbares. So wollen Sie der US-Zollstrategie einen Boykott von Jeans, Bourbonwhiskey und Harley-Davidson-Motorrädern entgegenhalten und glauben, Sie können damit Herrn Präsidenten Trump schaden. Sie trommeln auch weiter für Freihandelsabkommen auf der ganzen Welt inklusive Mercosur. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Weil wir schon über Ihre internationale Kampagne für einen nichtständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat geredet haben: Liebe Frau Minister, 20 Millionen Euro zu investieren, obwohl wir in Österreich ein Sparpaket haben, aber dafür in New York einen millionenschweren Sitz bekommen, das finde ich ziemlich spannend. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Da gratuliere ich Ihnen und auch der ganzen Regierung. (Beifall bei der FPÖ.)
Anstatt sich für Frieden, Diplomatie und eine eigenständige österreichische Verteidigungspolitik einzusetzen, fordern Sie nichts anderes als die bedingungslose Gefolgschaft gegenüber Brüssel und eine Verteidigungsunion mit der EU mit einem militärischen Beitrag Österreichs. Wenn Sie und die NEOS von Neutralität sprechen, steckt dahinter eine geplante Aushöhlung oder sogar die Auflösung dieser Neutralität – da bin ich jetzt auch bei Kollegen Schennach –: Auch diesbezüglich vertreten wir diese Standpunkte nicht. Neutralität ist nichts Knetbares, vor allem nicht die Art von Neutralität, die bei uns im Staatsvertrag steht. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Junos, liebe Frau Minister, fordern den Zusammenschluss der Mitgliedstaaten zu den Vereinigten Staaten Europas. Was das bedeutet, liebe Kollegen hier im Bundesrat, brauche ich Ihnen, glaube ich, nicht zu erklären. Das wäre das Ende des Föderalismus in Österreich, es gäbe keine Landesregierungen mehr, nur mehr Landes- und Verwaltungseinheiten ohne politisches Mitspracherecht. Wie, glauben Sie, soll das weitergehen?! Weiters findet man dort die Konsolidierung und Erweiterung der Kompetenzen des Europäischen Auswärtigen Dienstes und der Kommission sowie die Integration der nationalen Streitkräfte und des Eurokorps zu einer gemeinschaftlichen Europaarmee. Das ist die Zukunft.
Das Allerbeste aber findet man auf der Homepage der Junos: „Wer denkt, die Neutralität schützt uns, irrt“. (Bundesrätin Kittl [Grüne/W]: Das stimmt auch! – Bundesministerin Meinl-Reisinger: Das stimmt ja auch!) Das ist ein Werbeslogan der NEOS. Und glauben Sie mir, kein Mensch, kein - - (Bundesrat Zauner [ÖVP/NÖ]: ... das hat sich auch nicht verändert!) Das steht so auf der Homepage der NEOS. (Bundesministerin Meinl-Reisinger: Das sagen ja die Österreicher mehrheitlich auch mittlerweile! Das wissen die Österreicher auch schon!) Das glauben aber nur Sie, Frau Minister. Kein Mensch, weder die Errichter des Staatsvertrages noch irgendein vernünftiger Staatsbürger glaubt, oder glaubte jemals, dass uns die Neutralität gegen militärische Aggression schützt (Bundesrat Schreuder [Grüne/W]: Wegschauen! Abschotten!), aber haben Sie Kollegen Schennach nicht zugehört? – Die Neutralität ist mehr als nur ein Schutzschirm gegen Aggression. Ich glaube, damals waren sich die Errichter des Staatsvertrages schon einig, dass das nicht so ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie wissen, dass die immerwährende österreichische Neutralität auch im Verfassungsrang steht. Also scheinbar haben da einige beim Festakt anlässlich 70 Jahre Staatsvertrag, der vor Kurzem stattgefunden hat, nicht wirklich gut zugehört. Darüber hinaus hat der außenpolitische Sprecher der NEOS, Herr Veit Dengler, vor Kurzem bei einer TV-Diskussion auf die Frage, ob Österreich unter einen europäischen Schutzschirm schlüpfen und trotzdem neutral bleiben könne, interessanterweise gesagt: Nein, wir sind ja nicht neutral. Das ist ja auch so eine Sache. Wir sind Teil der Europäischen Verträge der Europäischen Union, und da gibt es eine gegenseitige Beistandspflicht. – Da ist das, von dem Sie (in Richtung Bundesministerin Meinl-Reisinger) vorhin schon gesprochen haben. Der dort auch anwesende frühere SPÖ-Nationalratsabgeordnete Josef Cap hat sich darüber schwerstens empört. (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Guter Mann!) Er hat gesagt: Wir sind natürlich neutral, das steht überall drinnen. Und: Es sei brandgefährlich, sich an die Nato und an Sky Shield dranzuhängen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Zauner [ÖVP/NÖ]: Das stimmt ja nicht! Die Schweiz ist dabei!)
Ich gratuliere dieser Regierung aus ÖVP und SPÖ, die sich mit den NEOS einen genialen Partner ins Boot geholt hat, der die Auflösung des Staates Österreich im Parteiprogramm hat! (Bundesrat Zauner [ÖVP/NÖ]: Die Schweiz ist dabei! Die Schweiz ist auch dabei!) Statt dass wir uns als Friedensvermittler - - Wollten Sie etwas sagen, Herr Kollege? (Bundesrat Zauner [ÖVP/NÖ]: Die Schweiz ist auch dabei!) – Ja, sehr gut. Das ist ein gutes Beispiel, dass wir uns jetzt mit der Schweiz vergleichen wollen. (Bundesrat Zauner [ÖVP/NÖ]: Na ja, Neutralität! – Heiterkeit bei der ÖVP.) Da hat es was, glaube ich. (Bundesministerin Meinl-Reisinger: Er verrennt sich, glaube ich! – Ruf bei der ÖVP: Das steht nicht am Zettel oben!) Statt dass wir uns als neutraler Staat in dieser heiklen Situation als Friedensvermittler starkmachen und uns für Friedensverhandlungen anbieten und empfehlen, heulen wir im Chor der europäischen Wölfe mit, gefährden in Wirklichkeit unser Land und finanzieren eine Kriegspartei – das müssen wir beim Namen nennen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Sie gefährden Europa! Nur Sie!)
Für uns Freiheitliche ist eine solche Außen- und Sicherheitspolitik mehr als nur verwerflich. (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Sie gefährden unsere Sicherheit, Herr Samt, ausschließlich Sie!) Wir wollen unsere Neutralität ernst nehmen und diese nicht weiter aushöhlen lassen. Schon gar nicht wollen wir bei einem Militärbündnis wie der Nato oder der Europäischen Armee mitmachen oder dieser beitreten. Wir sind seit Jahrzehnten UNO-Mitglied, das ist bereits erwähnt worden, und in diesem Rahmen sind unsere Soldaten auf der ganzen Welt in vielen Krisengebieten im Einsatz. Sie leisten in diesen Krisengebieten seit vielen, vielen Jahren hervorragende Arbeit und setzen dort nicht zuletzt ihre Gesundheit und ihr Leben ein. Das ist für einige Kollegen hier offenbar spaßig. Zuerst gehört bei uns in Österreich das Bundesheer ordentlich aufgerüstet und modernisiert, damit unsere Landesverteidigung wieder diesen Namen verdient. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Sehr gut! Das macht die Bundesregierung!)
Daran sollten wir denken, und nicht an eine engere Zusammenarbeit Österreichs mit der Nato oder solchen Projekten wie Sky Shield. Das sind alles Fehlentwicklungen, die mit unserer Neutralität nicht vereinbar sind und letztendlich dem Status und der Souveränität unseres Österreich massiv schaden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesministerin Meinl-Reisinger: Sie verrennen sich da ein bissl argumentativ, glaube ich!)
10.05
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer weiteren Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten. Ich erteile es ihr und darf sie bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit einzuhalten. – Bitte, Frau Bundesministerin.