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Schlussansprache der Präsidentin

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Der Vorsitz des Landes Salzburg und damit auch meine Präsidentschaft gehen in wenigen Tagen zu Ende. Ich werde an Kollegen Samt und somit an die Steiermark übergeben.

Daher ein paar Worte zum Schluss: „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.“ – Mit diesem Satz hat Antoine de Saint-Exupéry genau das formuliert, was mich während meiner Präsidentschaft bewegt und geleitet hat und zu meinem Motto wurde: „Miteinander wachsen – Brücken der Generationen bauen“. Dieses Motto war kein bloßer Leitsatz, es war ein Auftrag – ein Auftrag an uns alle hier im Parlament, in den Bundesländern und im Dialog mit der Gesellschaft.

Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir diesen Auftrag in den vergangenen Monaten gemeinsam mit Leben erfüllt haben – nicht abstrakt, sondern ganz konkret, indem wir uns hier im Hohen Haus im Bundesrat mit einem zentralen gesellschaftspolitischen Thema beschäftigt haben, das uns alle, ob Jung oder Alt, betrifft: der Demografie und der nachhaltigen Sicherung unserer Pensionssysteme.

Die demografische Entwicklung ist zweifellos eine der größten Herausforderungen unserer Zeit: Unsere Gesellschaft wird älter, das Pensionssystem steht unter Druck, Pflege und Gesundheitsvorsorge müssen nachhaltig abgesichert werden. Gleichzeitig schulden wir der jungen Generation eine stabile, chancengerechte und lebenswerte Zukunft. Deshalb war mir der Dialog zwischen den Generationen ein zentrales Anliegen, denn nur wenn wir Generationensolidarität leben, bleibt unser gesellschaftlicher Zusammenhalt stark. 

In der Enquete mit dem Titel „Miteinander wachsen – Brücken der Generationen bauen“ haben wir unterschiedliche Perspektiven zusammengeführt: Jugendliche, ältere Menschen, Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik. Die Themen reichten von der psychologischen Begleitung in den Ruhestand über gesellschaftliche Teilhabe bis hin zu Vorsorge und Versorgung im Alter. Es war eindrucksvoll, zu erleben, wie viel Bereitschaft zum Miteinander entsteht, wenn wir einander wirklich zuhören.

Ein weiterer Meilenstein für mich war das Expert:innenforum „Zukunft des Pensionssystems“. In diesem wurde deutlich: Wir brauchen mutige, kluge und nachhaltige Entscheidungen – nicht irgendwann, sondern jetzt. 

Die Antworten auf den demografischen Wandel müssen generationenübergreifend und parteiübergreifend getragen werden. Ich begrüße daher ausdrücklich, dass sich auch der Nationalrat – gemeinsam mit uns im Bundesrat – im Rahmen der Veranstaltung „Demografischer Wandel in Österreich – Analyse, Herausforderungen, Antworten“ offen und tiefgehend mit diesem Thema befasst hat. 

Bereits im Oktober des Vorjahres hatte der Bundesrat unter dem Vorsitz meines Kollegen Franz Ebner, Oberösterreich, mit einem Expertenforum gezeigt, dass wir beim Thema Demografie Mindsetter sind, denn der Bundesrat ist mehr als eine zweite Kammer, er ist die Zukunftskammer. Wir setzen früh Impulse, zeigen auf, was kommt und welche Weichen heute gestellt werden müssen – nicht rückwärtsgewandt, sondern mit Weitblick. 

Die Mitglieder des Bundesrates zählen zu den am besten vernetzten und informierten Politikerinnen und Politikern unseres Landes. Sie bringen das Wissen aus den Regionen, die Stimmen aus den Ländern und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger direkt in die politische Debatte ein. Sie sind ein unverzichtbarer Teil aktiver Zukunftsgestaltung. 

Daher mein klarer Appell: Schenken wir dem Bundesrat mehr Gehör, nicht nur in den Institutionen, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung und in den Medien! Zukunftsfragen brauchen Sichtbarkeit und der Bundesrat bietet die Bühne dafür. Was hier diskutiert, vorbereitet und angestoßen wird, ist wegweisend und verdient meiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. (Allgemeiner Beifall.) 

Die Länderkammer hat sich viele Expertisen erarbeitet, etwa zum Thema Kinderrechte, mit unserem EU-Ausschuss, zum Thema Pflege, zu Gesundheit, eben zum demografischen Wandel und dem ländlichen Raum. Es liegt an uns, dem Bundesrat jene Kompetenzen zu geben, die es uns ermöglichen, dieses Wissen besser für die Menschen in diesem Land umzusetzen. Da sind wir alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, gefordert. Denn noch immer besteht die Vorstellung, der Nationalrat oder gar die Regierung beschließen Gesetze im Alleingang. Dass der Bundesrat dabei eine zentrale Rolle spielt, wird oft ausgeblendet, gerade in den öffentlich-rechtlichen Medien. 

Es ist daher nicht akzeptabel, dass bei gemeinsamen Veranstaltungen nur die Präsidenten des Nationalrates zitiert werden, obwohl die Initiative von beiden Kammern ausgeht. Noch weniger akzeptabel ist es, dass ein hochkarätig besetztes Expertenforum zu einem aktuellen Thema nicht übertragen wird (allgemeiner Beifall) und der Bundesrat auf drei Liveübertragungen pro Halbjahr beschränkt ist. Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht im Sinne der Transparenz und einer umfassenden öffentlichen Information. Da hat es leider keine Fortschritte gegeben.

Fortschritte gab es bei der Zusammenarbeit – sehr erfreulich – mit dem Nationalrat. Diese hat sich in den letzten Monaten intensiviert. Die Einladungen zu den großen Festakten erfolgten gemeinsam im Namen des Nationalratspräsidenten und der Präsidentin des Bundesrates. Auch der Empfangssalon gegenüber dem Bundesratssitzungssaal steht nun dem Bundesrat für Sitzungen, Enqueten und Empfänge zur Verfügung. – Auch hier wurden Brücken gebaut, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Allgemeiner Beifall.) 

Wir müssen den Mut haben, mehr miteinander zu sprechen statt übereinander. Zuhören, einander ernst nehmen, Kompromisse suchen, das ist keine Schwäche, das ist die wahre Stärke der Demokratie. Deshalb habe ich in diesem Halbjahr viele Gespräche geführt, national und international: bei der EU-Parlamentspräsidentenkonferenz in Straßburg, im Rahmen der Konferenz der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten der EU-Mitgliedstaaten in Budapest, bei der Europakonferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landtage sowie des Südtiroler Landtages in Belgien, beim Besuch in Lemberg, Ukraine, wo ich unsere Unterstützung für die Rückholung der verschleppten ukrainischen Kinder zugesagt habe – wir konnten dann gleich danach auch einen Antrag hier im Bundesrat beschließen; das war wirklich eine gemeinsame Anstrengung, die gezeigt hat, wie wichtig wir sind –, beim überparteilichen Frauenfrühstück am Internationalen Frauentag – ein sichtbares Zeichen für Gleichstellung und Zusammenarbeit. 

Gerade dieser letzte Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, ist mir ein besonders wichtiges Anliegen. Frauen spielen eine tragende Rolle in unserer Gesellschaft, in der Familie, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in der Kultur und Gott sei Dank auch in der Politik. Ihre Leistungen sind vielfältig, unverzichtbar und oft viel zu wenig sichtbar. Eine gerechte, chancengleiche Gesellschaft kann nur dann Wirklichkeit werden, wenn Frauen gleichberechtigt mitentscheiden. Gleichstellung ist kein Randthema, sie ist Grundvoraussetzung für eine funktionierende Demokratie. (Allgemeiner Beifall.)

Dieses Halbjahr war auch geprägt von bedeutenden Festakten: dem Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus, den Gedenkveranstaltungen zu 80 Jahre Kriegsende, der Feierlichkeit zu 30 Jahre Österreich in der EU und zum 70. Jahrestag des Staatsvertrages. 

Ein besonderes Herzensanliegen war mir natürlich mein Bundesland Salzburg. Ob beim Salzburgabend im Parlament, beim „Bundesrat im Bundesland“, beim Vernetzungswandertag in Großarl oder beim Austausch unseres Kinderrechteausschusses mit dem Kinderschutzzentrum Salzburg und der Salzburger Kinder- und Jugendanwaltschaft. 

Es war mir wichtig, zu zeigen: Politik findet nicht nur in Wien statt, sie ist überall dort lebendig, wo wir einander zuhören, Verantwortung übernehmen und Brücken bauen. Und das liegt eben auch an uns als Ländervertreterinnen und -vertreter, dass wir in unseren Ländern aktiv sind.

Zum Abschluss möchte ich mich von Herzen bedanken, bei euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ihr alle Veranstaltungen so positiv mitgetragen habt und wir so viel miteinander haben machen können, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Haus, insbesondere bei Frau Bundesratsdirektorin Susanne Bachmann, bei Frau Vizedirektorin Alice Alsch-Harant und bei allen Damen und Herren der Bundesratsdirektion, bei meinem Sprecher Thomas Neuhauser, bei meiner Assistentin Paula Jenner – dich werde ich besonders vermissen, liebe Paula – und beim Fahrteam mit Renat Kojic, Tina Steinbauer und Dorli Frejek. (Allgemeiner Beifall.) 

Besonderer Dank gilt der Veranstaltungsabteilung für ihre hervorragende Arbeit sowie dem internationalen Dienst für die profunde Unterstützung bei den internationalen Gesprächen, besonders aber bei unserer Reise letzte Woche nach Usbekistan.

Meinem Nachfolger, Peter Samt, dir, lieber Peter, wünsche ich viel Erfolg für die Präsidentschaft der Steiermark. Alles Gute für deinen Vorsitz! (Allgemeiner Beifall.) 

Brücken zu bauen war mein Ziel – viele haben wir gebaut, manche stehen noch aus. Aber ich bin überzeugt, wenn wir weiter aufeinander zugehen, weiter miteinander wachsen, dann werden wir auch künftig große Herausforderungen gemeinsam bewältigen. – Vielen Dank. (Langanhaltender allgemeiner Beifall.)

9.20