RN/11

9.57

Bundesrätin Margit Göll (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bildungsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte heute die Geschichte von einem jungen Mädchen erzählen, von Lena. Sie ist 14 Jahre alt. Sie wirkt in der Klasse still, zu still. Ihre Noten fallen, sie zieht sich zurück – wir haben das heute schon angesprochen –, und die Lehrerin spürt, da stimmt etwas nicht, aber sie ist mit ihrem Verdacht alleine. Es gibt keine Zeit, keine Ansprechpartnerin und keinen Ansprechpartner im Haus, keinen Raum, aber auch keine Ressource für ein Gespräch. 

Lena ist in unseren Schulen kein Einzelfall. 21 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden laut Studien an wiederkehrenden depressiven Symptomen, und das ist jedes fünfte Kind – ein Fünftel, das leidet, leise, oft unsichtbar. Sehr geehrter Herr Bildungsminister, vielen, vielen Dank auch für die Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden. 

Die Gründe – es wurden heute schon einige erwähnt – sind vielfältig: Die Pubertät zum einen – in dieser Phase geraten Körper und Psyche aus dem Gleichgewicht, was völlig normal, aber natürlich auch sehr herausfordernd ist –, der Krieg in Europa, die Klimakrise, familiäre Unsicherheit, all das belastet unsere Jugendlichen. Die Schule ist für viele der einzige verlässliche Ort, aber sie muss mehr bieten können als Unterricht. Sie muss Schutzraum sein, und sie muss zuhören können. Schule muss ein Ort sein, an dem niemand mehr übersehen wird. 

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Pädagoginnen und Pädagogen, und das möchte ich auch ausdrücklich erwähnen und sagen, leisten an unseren Schulen Tag für Tag Großartiges. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Sie tun dies mit enormem Engagement, mit Herzblut und oft weit über die Unterrichtspflicht hinaus. Es braucht daher bessere Rahmenbedingungen, damit es möglich ist, ihre Schülerinnen und Schüler nicht nur zu unterrichten, sondern sie auch zu begleiten, zu stärken, aber auch zu schützen. Deshalb ist dieses Maßnahmenpaket der Bundesregierung kein technokratisches Papier, sondern eine Antwort auf die Bedürfnisse unserer Kinder und Jugendlichen sowie von dem Mädchen, über das ich die Geschichte bereits erzählt habe, von Lena. 

Was aber braucht Lena in unserer Schule? – Sie braucht Schulpsychologinnen und Schulpsychologen und die Chance, gesehen zu werden. Deshalb wird die Zahl der Planstellen im Bereich der Schulpsychologie verdoppelt. Sie braucht jemanden, der sie auffängt, bevor sie aus dem System fällt. Deshalb wird die Schulsozialarbeit im Bundesschulbereich etabliert, und zwar nicht als Ausnahme, sondern flächendeckend. – Vielen Dank dafür! 

Zudem braucht es klare Angebote zur Stärkung der seelischen Widerstandskraft. Deshalb werden Präventionsprogramme ausgebaut. Resilienz, Achtsamkeit und Konfliktfähigkeit sollen gestärkt werden. Wenn Lena eines Tages die Schule verlassen will – das haben Sie heute eingangs auch erwähnt –, weil sie nicht mehr kann oder sich anders entscheidet, dann wird es ein verpflichtendes Exitgespräch mit ihr und ihren Eltern geben, also kein stilles Verschwinden mehr, sondern eine Begleitung darüber hinaus. 

Dort, wo Kinder und Jugendliche wie Lena in sozialen Brennpunkten aufwachsen, in unseren Städten in schwierigen Lebenslagen, wird der Fokus im Jugendcoaching verstärkt. Gerade in unseren Ballungszentren muss weiterhin eine intensive Betreuung, aber auch Begleitung an höheren Schulen gewährleistet werden, denn dort sind der Druck am größten und der Halt am kleinsten. 

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen psychische Gesundheit nicht als Nebenschauplatz betrachten. Sie ist Grundvoraussetzung für Bildung, für soziale Gerechtigkeit und für Demokratie. Es reicht nicht, dass es schöne Klassenzimmer gibt beziehungsweise Klassenzimmer saniert werden. Wir müssen auch die seelischen Räume unserer Kinder stärken, denn starke Schulen machen Kinder stark, und starke Kinder bauen unsere Gesellschaft von morgen. 

Lena verdient unsere ganze Aufmerksamkeit. Sie und alle anderen Jugendlichen. Eine Gesellschaft zeigt ihren wahren Charakter nicht darin, wie sie ihre Starken ehrt, sondern wie sie ihre Schwächsten schützt. Unsere Verantwortung beginnt bei unseren Kindern und darf dort niemals enden. Daher begrüßen wir dieses Maßnahmenpaket. Wir danken dafür und hoffen, damit vielen Kindern und Jugendlichen größtmögliche Hilfe geben zu können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

10.02

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Mag. Daniela Gruber-Pruner. – Ich erteile es ihr.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.