RN/66
14.12
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher im Saal! Als wir heute Morgen gekommen sind, lag der Tätigkeitsbericht des Bundesrates auf unseren Plätzen (den genannten Bericht in die Höhe haltend), und ich finde, er ist besonders gut gelungen. Ich erwähne das jetzt genau deshalb, weil in diesem Tätigkeitsbericht auch sehr viel über das steht, worüber wir bei diesem Tagesordnungspunkt reden. Danke, liebe Andrea (in Richtung Bundesrätin Eder-Gitschthaler), dass du in deiner Präsidentschaft die Initiative ergriffen hast, unter dem Motto Brücken bauen zwischen Jung und Alt die Thematik, die uns durch das Älterwerden der Gesellschaft bevorsteht, genauer anzuschauen.
Ich habe da ganz viel gelernt, auch durch die Enqueten und so weiter, und ich glaube, dass vieles von dem, was hier in diesem Saal diskutiert worden ist, auch in den Gesetzentwürfen, die jetzt im Nationalrat beschlossen worden sind, seinen Niederschlag gefunden hat. Es ist ja tatsächlich so, dass wir wirklich am Beginn einer tiefgreifenden demografischen Veränderung in unserem Land stehen. In den kommenden Jahren wird in Österreich eine der geburtenstärksten Generationen in Pension gehen – ich gehöre auch schon ein bissel dazu, ja. Bis 2030 erreichen also tatsächlich 1,2 Millionen Menschen das gesetzliche Pensionsalter. Das sind pro Jahr 100 000 Menschen, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden – viele davon mit jahrzehntelanger Berufserfahrung und oft auch in körperlich und psychisch belastenden Berufen. Es ist unsere Verantwortung, diesen Menschen einen würdigen, gut vorbereiteten und gesunden Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen, und zwar mit durchdachten und auch gerechten Modellen.
Die Teilpension ist tatsächlich ein neuer Weg, der uns dort hinführt. Die Teilpension ist eine gute Nachricht per se, denn künftig – wir haben es heute auch schon gehört – können Menschen, die ihr Pensionsantrittsalter erreicht haben, ob regulär oder über die Korridorpension, selbst entscheiden: Vollpension oder Teilpension.
Wer Teilpension wählt, kann 25, 50, 75 Prozent der Pension beziehen und im Gegenzug weniger arbeiten. Das erfolgt freiwillig, im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber, und ist eine wirklich kluge Verbindung von Arbeit und Ruhestand. Wer weiterarbeitet, erwirbt dann zusätzliche Pensionsansprüche – der Staat spart, auch ganz wichtig: höhere Beiträge bei geringerer Auszahlung –; ein positives Modell, individuell, flexibel und altersgerecht. (Beifall der Bundesrät:innen Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.] und Mertel [SPÖ/Ktn.].)
Ja, aber – es gibt natürlich immer ein Aber – jetzt kommt die schlechte Nachricht, und die wiegt natürlich schwer: Die Altersteilzeit wird gekürzt. Ein bewährtes Modell steht – ich mag das jetzt einmal so sagen – vor dem schleichenden Tod. Es gibt statt aktuell fünf Jahren in Zukunft nur noch drei Jahre Altersteilzeit, und der früheste Einstieg ist jetzt erst mit 62 Jahren, das heißt, nicht mehr mit 60. Wer über die Korridorpension, die nun auch um ein Jahr hinaufgesetzt worden ist, in Pension gehen kann, muss die Altersteilzeit beenden, und die Zugangsvoraussetzung sind statt 15 künftig 17 Jahre Arbeitslosenversicherung in den letzten 25 Jahren; und die Förderung für Betriebe wird von 90 auf 80 Prozent reduziert.
Ich kann dem Argument, dass die neue Teilpension die Altersteilzeit ersetzt, nicht ganz folgen. Das ist unserer Ansicht nach nur bedingt richtig, weil die Teilpension ja erst nach dem Pensionsantritt beginnt – ich habe es ja gerade schon gesagt, man kann auswählen, das Pensionskonto wird ruhend gestellt, man erwirbt neue Zeiten –, die Altersteilzeit hingegen schon davor.
Vielleicht zwei Beispiele, weil es doch sehr komplex ist: Franz, Jahrgang 1966, geht mit 63 in die Korridorpension – er hat die benötigten Monate –, beginnt mit 60 Altersteilzeit, danach bis 65: 50 Prozent Teilpension, 50 Prozent Arbeitszeit. Das funktioniert bei Franz, aber Maria, Jahrgang 1968, kann nicht in die Korridorpension gehen, weil sie, wie nämlich die meisten Frauen, die notwendigen 504 Versicherungsmonate nicht erreicht. Sie kann die Altersteilzeit erst mit 62 beginnen und die zwei Jahre Gleitphase fehlen. Und in Wirklichkeit – seien wir uns ehrlich –: Wer weiß, ob sie mit 62 überhaupt noch einen Job hat?
Frauen sind tatsächlich besonders betroffen. Zwei Drittel aller Menschen in Altersteilzeit sind nämlich Frauen, meistens im Handel, in der Pflege und in Sozialberufen. Für sie bedeuten zwei Jahre weniger Übergang mehr Arbeitslosigkeit und mehr gesundheitliche Probleme. Für uns Grüne bedeutet das: Da können wir nicht zustimmen.
Wenn der Zugang zur Altersteilzeit erschwert wird, verliert unser Arbeitsmarkt Tausende wertvolle Arbeitskräfte – Ziel verfehlt, es tut mir leid. Einsparungen bei der Altersteilzeit, aber Mehrkosten bei Invalidität, Arbeitslosigkeit und Reha-Geld: Die Teilpension kann das nicht auffangen – das ist unser Standpunkt.
Ich will nicht hier stehen und alles schlechtreden, ich habe ja auch schon gesagt, dass da viel, viel, viel Gutes drin ist, ja, aber aus unserer Sicht hätte es intelligentere Lösungen gegeben: Zugang zur und Dauer der Altersteilzeit zum Beispiel an Pflegeverpflichtung, gesundheitliche Einschränkungen oder besondere berufliche Belastungen knüpfen. Die Regierungsmehrheit hat sich aber anders entschieden, und das ist nicht unser Zugang.
Wir stehen für eine gerechte, menschenfreundliche Arbeitswelt – wahrscheinlich wie wir alle, das ist natürlich jetzt auch ein bisschen Plattitüde, aber wir machen es eben an diesen Punkten fest. Wir wollen, dass die Menschen bis zum letzten Arbeitstag gesund im Arbeitsleben stehen können, insbesondere – ich erwähne das noch – Pflegekräfte und Menschen, die am Bau, im Handel und im Sozialbereich arbeiten. Vielleicht kann man da noch einmal nachschärfen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
14.19
Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrat Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.