RN/127
18.23
Bundesministerin für Justiz Dr. Anna Sporrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Es wurde schon vorgestellt, worum es bei diesem Nationalratsbeschluss geht. Im Wesentlichen geht es um zwei Punkte: um das Eheverbot unter 18 und um das Verbot der Eheschließung bei Verwandten des vierten Grades. Und, ganz wichtig, das wurde jetzt auch noch erwähnt: Die Klagebefugnis der Staatsanwaltschaft in solchen Fällen wird wieder eingeführt.
Worum geht es? – Vielleicht ist auch einmal zu erwähnen, dass es international ein rechtlicher Standard ist – die Unicef empfiehlt es schon lange, wir ziehen jetzt endlich mit dem internationalen Standard gleich –, dass keine Menschen, die noch nicht volljährig sind, in Ehen gedrängt werden sollen. In dem Alter sollen sich die jungen Menschen auf ihre Ausbildung konzentrieren, sie sollen lernen, sie sollen schauen – vor allem die jungen Frauen –, dass sie sich ein eigenständiges Leben aufbauen können und dafür selbst die Grundlagen schaffen.
Wenn jetzt eingewandt wird, so etwas komme in der österreichischen Gesellschaft nicht vor, dann möchte ich doch daran erinnern, dass wir schon auch das Phänomen haben, dass wenn eine ungewollte Schwangerschaft im Alter unter 18 entsteht, ein großer Druck auf die betroffenen jungen Frauen ausgeübt wird, sich zu verehelichen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das gibt es schon lange nicht mehr! Nicht mehr in Österreich!) Das soll auch nicht sein. Die jungen Frauen sollen einmal schauen, ob der Vater des Kindes überhaupt als Vater, als Partner geeignet ist. In solchen Fällen sind die Beziehungen oft noch nicht gefestigt und zum Heiraten ist mit 18 immer noch Zeit genug, sofern sich der junge Mann bewährt hat.
Ich möchte diese Gelegenheit auch nützen – es wurde angesprochen –, um gesellschaftspolitisch ein bissl weiter auszuholen. Es wurde gesagt: Ja, in Österreich kommt es schon auch noch vor, dass es Männer gibt, die sich als Oberhaupt der Familie fühlen und versuchen, in der Ehe, in der Beziehung oder in der Familie keine Gleichrangigkeit, keine Gleichberechtigung, sondern eine Über- und Unterordnung zu leben. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Bei Weitem nicht in der Häufigkeit!)
Ich möchte Ihnen sagen: Die Zahlen, die wir im Gewaltschutzbereich sehen, zeigen, dass das nicht wenige Einzelfälle sind, sondern dass wir da schon noch ein gravierendes Problem haben. 50 Jahre nach Einführung der Gleichberechtigung in der Familie, mit der das Prinzip des Oberhaupts der Familie durch die Familiengesetzgebung in der Regierung Kreisky und mit Christian Broda – mein großes Vorbild und einer meiner Vorgänger – abgeschafft wurde, ist es noch immer in den Köpfen. Ich kann sagen: Die Zahlen, die wir im Gewaltschutzbereich sehen, die einstweiligen Verfügungen, die Wegweisungen – da geht es immer darum – und es ist in der Regel so –, dass der Mann noch immer glaubt, er könne über die Frau herrschen. Wir erleben das tagtäglich. Und ich möchte schon auch auf die Femizide zu sprechen kommen. Da bemächtigt sich meist ein Mann, meist ein früherer Partner, Herr über das Leben eines anderen Menschen zu sein. Wo sind wir da, wenn nicht im Patriarchat? Ich sage Ihnen also: Das sind wirklich keine Einzelfälle, und wenn wir hier darüber sprechen, dann möchte ich das auch erwähnen. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Ich darf auch eine kleine Ankündigung machen: Sie wissen, im Regierungsprogramm haben wir uns auch auf die Modernisierung des Eherechts geeinigt und das vereinbart. Ich möchte da in der nächsten Zeit auch zu weiteren Schritten kommen und Sie gerne dazu einladen, dass wir das alles dann gemeinsam hier diskutieren und beschließen. – Danke schön! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
18.27
Präsident Peter Samt: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist damit geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.