RN/16

10.51

Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen MMag. Barbara Eibinger-Miedl: Vielen Dank, geschätzter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Nach einer breiten und sachlichen Debatte mit dem steirischen Landeshauptmann freue ich mich, jetzt als steirische Staatssekretärin hier bei Ihnen bei der Aktuellen Stunde zu sein. Herr Finanzminister Markus Marterbauer ist heute bei der Sitzung der Finanzminister in Brüssel und lässt sich daher entschuldigen, aber es ist mir eine große Freude, hier zu diesem Thema zu sprechen, weil das Thema Finanzbildung nicht nur ein Thema ist, mit dem ich im Ministerium direkt betraut bin, sondern auch ein Thema, das mir ein ganz großes Herzensanliegen ist.

Das Thema Finanzbildung klingt als Schlagwort vielleicht sehr abstrakt, klingt vielleicht für den einen oder anderen auch hochtrabend. Wenn man sich aber wirklich darum annimmt und sich vorstellt, dass es darum geht, dass die Bürgerinnen und Bürger dadurch letzten Endes bessere finanzielle Entscheidungen treffen, dann sieht man schon den großen Mehrwert, den Finanzbildung, den Finanzwissen, den Finanzkompetenz für die Bürgerinnen und Bürger in Österreich und damit auch für den Standort insgesamt bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns den Titel der Aktuellen Stunde anschauen, dann sehen wir, dass das dadurch auch schön ausgedrückt wird, denn der Titel lautet „Finanzbildung ist Zukunftsbildung“ und Standortpolitik. Wenn man nämlich an den Standort denkt – und Österreich ist ein toller Standort –, dann denkt man an unsere hoch qualifizierten Fachkräfte, dann denkt man an gute Infrastruktur, dann denkt man an innovative Unternehmen, dann denkt man an die Forschungslandschaft – weil das vorhin auch schon ein Thema war –, aber da geht es auch um die Bürgerinnen und Bürger: Da geht es darum, dass sie gut wirtschaften können; da geht es darum, dass sie gut veranlagen, sicher investieren und auch entsprechend vorsorgen können. Die Bürgerinnen und Bürger müssen also im Mittelpunkt stehen.

Potenzial, geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte, haben wir da sehr viel, denn wenn man sich anschaut, dass in Österreich 70 Prozent der Ersparnisse Bankeinlagen, aber nur 30 Prozent am Kapitalmarkt veranlagt sind, dann sieht man schon, dass wir in Österreich sehr traditionell veranlagen. Wenn man sich das in anderen Teilen der Erde ansieht: Da ist es oft genau umgekehrt. In den USA beispielsweise sind 70 Prozent der Ersparnisse am Kapitalmarkt veranlagt und 30 Prozent in Bankeinlagen zu finden. Da haben wir also wirklich noch entsprechend Aufholbedarf, und da ist Finanzbildung ein wesentlicher Faktor, um das Potenzial, das da ist, noch entsprechend zu heben.

Weiters: Warum ist es ein Punkt für die Aktuelle Stunde, warum ist dieses Thema gerade jetzt so aktuell? – Das liegt daran, dass in der vergangenen Woche die Europäische Union auch eine europäische Finanzbildungsstrategie aufs Tapet gebracht und vorgestellt hat und damit auch klar signalisiert hat, dass das Thema Finanzbildung in ganz Europa in den nächsten Jahren noch entsprechend forciert werden wird. Es ist damit klar, dass dies wirklich als Schlüsselkompetenz für die Menschen gesehen wird – nicht nur in Österreich, sondern eben in ganz Europa.

Ich bin sehr froh, dass gerade diese Strategie einige Dinge wesentlich festlegt, nämlich unter anderem die Kooperation über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg. Da geht es wirklich um einen Wissensaustausch: dass man die Erfolgsbeispiele vor den Vorhang holt. Ich kann Ihnen versichern, dass Österreich sich da sehr gut einbringen wird. Ich hatte in meiner bisherigen Amtszeit auch schon die Möglichkeit, zweimal in Deutschland zu sein – einmal in Frankfurt, einmal in Berlin –, um dort zu präsentieren, was Österreich in den letzten Jahren in diesem Bereich bereits auf den Weg gebracht hat. Deutschland schaut da sehr interessiert nach Österreich: Man möchte wissen, wie Österreich diesen Weg der letzten Jahre gegangen ist, und möchte sich da auch wirklich das eine oder andere abschauen.

Umso wichtiger ist es für mich, ist es für uns auch, dass diese neue europäische Strategie wirklich ergänzend wirkt und nicht eine bestehende Strategie ersetzen soll. Für mich ist es wirklich ein Rückenwind aus Brüssel für unsere eigene Finanzbildungsstrategie in Österreich.

Österreich ist da wie gesagt Vorreiter in Europa: Wir haben bereits 2021 eine Nationale Finanzbildungsstrategie auf den Weg gebracht. Meine Damen und Herren, es kann uns alle miteinander durchaus stolz machen, dass wir da Vorreiter waren, dass andere Länder jetzt von uns lernen wollen. Heute haben wir hier unter dem Dach der österreichischen Finanzbildungsstrategie 180 Maßnahmen zum Thema Finanzbildung gebündelt, die Hälfte davon, nämlich 90, richtet sich an Schülerinnen und Schüler. Das ist eine ganz wichtige Zielgruppe. Es gibt aber auch weitere wichtige Zielgruppen wie beispielsweise besonders Frauen, Lehrlinge oder auch kleine und mittelständische Unternehmen. Letztlich ist es ein Thema wirklich für alle Österreicherinnen und Österreicher unabhängig vom Alter – das möchte ich ganz klar sagen.

Ich möchte Ihnen auch unsere Erfolgsrezepte näherbringen: Das erste Erfolgsrezept für uns ist wirklich die Kooperation, denn es gibt mittlerweile in Österreich ganz viele Stakeholder, viele Institutionen, die bereits Finanzbildungsmaßnahmen auf den Weg gebracht haben. Mir ist es wichtig, dass wir all diese Maßnahmen entsprechend bündeln: von den Schulen über die Sozialpartner bis hin zu den Finanzinstitutionen, aber auch Privatpersonen aus der Zivilgesellschaft, die sich dieses Themas bereits entsprechend annehmen.

Auch für uns in der Politik ist es wichtig, dass wir da ressortübergreifend zusammenarbeiten – und das tun wir auch. Wir haben in Österreich einen Finanzbildungsrat gegründet, bei dem der Vorsitz im Finanzministerium liegt – der Kovorsitz übrigens bei der Oesterreichischen Nationalbank –, bei dem aber auch viele Kolleginnen und Kollegen aus der Bundesregierung als Mitglieder engagiert mit dabei sind: ganz wichtig – ich habe die Jugend schon angesprochen – das Bundeskanzleramt mit den Jugendagenden; genauso wichtig das Bildungsministerium mit Minister Wiederkehr; auch das Sozialministerium, gerade in Konsumentenschutzfragen und bei der Schuldnerberatung, ist für uns ein wichtiger Partner, um das Thema Finanzbildung entsprechend abzubilden.

Es war mir auch ein Anliegen, dass wir im Mai dieses Jahres noch ein neues Mitglied aufgenommen haben, nämlich die Ministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung, aus zwei Gründen: Zum einen wollen wir bei Mädchen und Frauen das Thema der Finanzbildung noch verstärken, und zum anderen gibt es in Österreich auch im Wissenschaftsbereich sehr viele Institutionen, die sich engagieren. Ich darf als eines das Kompetenzzentrum für Finanzbildung an der WU nennen, in dem ein ganz engagiertes Team tätig ist. – Diese Vernetzung, diese Kooperation ist also für mich ganz wesentlich.

Zweites Erfolgsrezept: Man muss da auf Qualitätsstandards setzen. Man muss gewährleisten, dass diese Information, diese Beratung unabhängig, neutral und transparent erfolgt. Das gewährleisten wir mit einem eigenen Verhaltenskodex, der ein Maßstab für alle Institutionen, für alle Personen, für alle Einrichtungen, die im Bereich der Finanzbildung tätig sind, ist.

Drittes Erfolgsrezept aus meiner Sicht: das sogenannte Finanznavi, ein Onlineportal. Gerade viele junge Menschen erreicht man ja am besten auf dem digitalen Wege, und wir haben da einen sogenannten One-Stop-Shop eingerichtet, bei dem man Tipps und Informationen für alle Lebenslagen bekommt: vom ersten Einkommen über die erste Wohnung bis möglicherweise hin zu Kreditfinanzierungen oder auch zur Pensionsvorsorge. Meine Damen und Herren, sehr praxisnah finden dort täglich rund 1 000 Personen sozusagen auf einen Klick die entsprechende Information, die sie benötigen. Die Tendenz ist auch steigend – man sieht also wirklich das Interesse der Bevölkerung an diesem Thema.

Unsere Finanzbildungsstrategie läuft noch bis Ende 2026. Mir war es wichtig, schon frühzeitig die Weichen für eine neue Strategie zu stellen. Ich habe bereits in Auftrag gegeben, dass wir die Folgestrategie, die dann ab 2027 gelten wird, auf den Weg bringen. Wir haben uns da einige Schwerpunkte vorgenommen, die wir in den nächsten Jahren besonders bearbeiten wollen: zum einen das Thema Alters- und Zukunftsvorsorge. Auch im Regierungsprogramm ist der Bereich der zweiten und dritten Säule in der Altersvorsorge angesprochen, und da braucht es meiner Meinung nach auch das entsprechende Finanzwissen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Hinein spielt auch das Thema Kapitalmarktkompetenz. Ich werde später, in meiner zweiten Rede, noch näher darauf eingehen, warum auch das so unmittelbar zusammenhängt.

Zum Dritten: der digitale Raum. Gerade junge Menschen sind in diesem Onlinebereich sehr stark vertreten, und da gibt es viele Chancen – es gibt viele interessante Produkte, wo man auf einen Klick beispielsweise Veranlagungen findet –, aber es gibt auch entsprechende Risiken. Es ist uns wichtig, dass wir da entsprechend Aufklärungsarbeit leisten und auch Bewusstseinsbildung machen.

Der vierte Schwerpunkt ist – ich habe ihn schon genannt, und als Mama einer Tochter ist mir das besonders wichtig –, dass wir speziell Mädchen stärken und befähigen. Das gilt ähnlich wie im Bereich Mint – Mathematik, Naturwissenschaften, Technik –, zu dem Mädchen oft wenig Zugang finden; das Gleiche gilt auch für Finanzthemen. Es ist aber unglaublich wichtig, dass wir beide, Burschen und Mädchen, Männer und Frauen, entsprechend unterstützen und befähigen. Darauf möchte ich einen besonderen Schwerpunkt legen.

Ein weiterer Schwerpunkt – wir sind hier in der Länderkammer, ich war ja auch einmal Mitglied dieses Hauses –: Ich möchte das Thema Finanzbildung auch stärker in die Länder und in die Regionen bringen. Ich habe festgestellt, als ich hier in Wien als Staatssekretärin begonnen habe, dass im Wiener Raum schon sehr viele Angebote bestehen, dass hier das Thema schon sehr präsent ist. Ich sehe das aber in den Bundesländern und in den Regionen in diesem Ausmaß noch nicht ganz so stark. Wir haben jetzt zwar einige Einrichtungen dazubekommen – in Graz etwa, kürzlich auch in Klagenfurt; ich weiß, dass sich auch in Linz Initiativen bilden –, aber ich möchte auch Sie darin bestärken, diese Finanzbildungsinstrumente in Ihren Wahlkreisen, in den Ländern und in den Regionen entsprechend zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Abschließend, meine Damen und Herren: Finanzbildung ist nicht ein Projekt, das man einmal beginnt und das zu Ende ist, sondern das ist eine kontinuierliche Aufgabe. Ich denke, dass wir, für unsere Finanzbildungsstrategie aus Brüssel entsprechend Rückenwind bekommen, und dass es unser aller Anliegen sein muss, dass die Österreicherinnen und Österreicher mit dem entsprechenden Wissen auch bessere finanzielle Entscheidungen treffen können, für sich, für die Familie – und das ist letzten Endes auch für unser Land und für den Standort gut. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

11.02

Vizepräsident Günther Ruprecht: Ich danke dir, sehr geehrte Frau Staatssekretärin.

Nun zu Wort gemeldet ist der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, Herr Bundesrat Christian Fischer. Ich erteile es ihm und mache noch einmal darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.