RN/71
18.02
Bundesministerin für Justiz Dr. Anna Sporrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ausgeführt, was da in den letzten Jahren in Österreich so passiert ist, wurde durch die geschätzten Mitglieder dieses Hauses schon mehrfach. Ich möchte dazu nur noch einmal ganz kurz zusammenfassen: Wir machen eine Änderung im Rechtsanwaltstarif, indem wir die Bemessungsgrundlage auf 100 Euro reduzieren. Das Ergebnis der ganzen Berechnung wird also 100 Euro sein. Wir reduzieren die Bemessungsgrundlage, wir reduzieren aber auch die Gerichtsgebühren.
Warum ist das wichtig? – Weil das Drohszenario 400 Euro war. Das war durchschnittlich der Betrag, der im Falle, dass eine Besitzstörungsklage erhoben wird, mindestens zu bezahlen war – das war im besten Fall zu bezahlen. Jetzt ist das Drohszenario 100 Euro. Das entzieht insofern diesem Geschäftsmodell die Grundlage, nämlich den Profit, weil ja der Rechtsanwalt im Auftrag eines Besitzers – wie auch immer – der Fläche, die da angeblich besitzstörend befahren wurde, auch etwas für das Anwaltsschreiben verlangt. Das heißt, für den, der das da anstrebt, ist die Marge nun gering.
Wir wissen auch, es ist tatsächlich ein Geschäftsmodell. Es wurden Flächen, die nicht ausgeschildert worden sind, extra angemietet, um da tatsächlich ein Geschäft zu machen mit etwas, das im allgemeinen Rechtsgebrauch sonst ganz wichtig ist, nämlich eine Besitzstörung geltend machen zu können. Wir müssen unseren Besitz schon verteidigen können. Es wurde auch schon gesagt: In jenen Fällen, in welchen tatsächlich unabhängig von einem Kfz eine Besitzstörung geltend gemacht werden kann, ist das weiterhin möglich. Man wird auch weiterhin eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt finden, die, der das macht, weil im übrigen Bereich eben die Tarife nicht gesenkt wurden.
Des Weiteren ist es wichtig, dass wir den Rechtszug zum Obersten Gerichtshof eröffnet haben, weil der bisher aufgrund einer Wertgrenze ausgeschlossen war. Das ist auch deswegen wichtig.
Meine geschätzten Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Es gibt nicht nur neun Landesgerichte, es gibt 17. Eines davon ist das Handelsgericht Wien, das da nicht infrage kommen wird. Gerade die großen Flächenbundesländer – Niederösterreich, Oberösterreich – haben vier; die Steiermark hat zwei. Das hat natürlich auch etwas mit dem Zugang zum Recht und der Aufteilung in den Regionen zu tun. Daher sind es noch mehr Landesgerichte, die unter Umständen anders judiziert haben: Was ist jetzt eine Besitzstörung? Wenn ich in der Einfahrt des Nachbarn wende, kann das eine Besitzstörung sein, wenn ich es jeden Tag mache und es weiß. Dann kann es eine Besitzstörung sein. Wenn es einmal – wirklich einmal – nur zufällig, unabsichtlich mehr oder weniger passiert, dann ist es aber mitunter keine. Um da eine Abgrenzung zu schaffen – und das haben die einen Gerichte so, die anderen Gerichte so entschieden –, ist das eben jetzt dann durch den Rechtszug zum Obersten Gerichtshof vereinheitlicht. Wichtig ist eben auch, dass wir diesen Rechtszug nur auf fünf Jahre beschränken, dann fällt alles wieder zurück – auch die Bemessungsgrundlage für den Anwaltstarif und die Gerichtsgebühren. Das wird dann alles wieder normal.
Wir haben das in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes erarbeitet. Mein großer Dank geht da auch an die Automobilklubs, insbesondere den ÖAMTC, und die Arbeiterkammer, die sehr aktiv an der Gesetzwerdung mitgewirkt haben, und natürlich auch an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag. Ein Dank gilt diesen Organisationen natürlich auch, weil sie in dieser schwierigen Zeit viele Betroffene gut beraten haben.
Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich ersuche, keinen Einspruch gegen dieses Gesetzesvorhaben zu erheben. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ, bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
18.06
Präsident Peter Samt: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.