RN/79
18.28
Bundesministerin für Justiz Dr. Anna Sporrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Mit der heute vorliegenden Sammelnovelle bringen wir eine Aktualisierung des Vergaberechts auf den Weg, die vor allem eines bedeutet: weniger Bürokratie und mehr Praxisnähe. Damit werden die Vergabeverfahren auf ein modernes und gut strukturiertes Niveau weiterentwickelt.
Zentraler Punkt dieser Novelle ist die Umsetzung einer im Regierungsprogramm klar verankerten Maßnahme, nämlich die Überleitung der Schwellenwerte aus der Schwellenwerteverordnung in das Dauerrecht. Das ist auch eine wichtige Maßnahme zur Entbürokratisierung. Damit schaffen wir nämlich eine Struktur, die nicht alle paar Jahre neu angepasst werden muss. Gleichzeitig werden Schwellenwerte im Unterschwellenbereich angehoben. Das bedeutet mehr Spielraum durch höhere Schwellenwerte und mehr einfachere und praxistauglichere Direktvergaben, die auch einen Beitrag zur notwendigen Konjunkturbelebung leisten können.
Wir stärken des Weiteren das Bestbieterprinzip. Öffentliche Auftraggeber sollen künftig noch stärker auf Qualität achten. Entscheidend soll eben nicht nur der niedrigste, billigste Preis sein, sondern welches Angebot insgesamt am besten ist.
Das ist ein wichtiger Impuls für innovative, nachhaltige und verantwortungsvolle Beschaffung. Wir verankern, dass nachhaltige Kriterien im Vergabeverfahren eine Rolle spielen – von technischen Anforderungen über Gütezeichen bis hin zur Energieeffizienz.
Kurz gesagt: Öffentliche Aufträge sollen eben nicht nur günstig, sondern auch zukunftsfähig sein. Des Weiteren setzen wir mehrere europäische Vorgaben um. Besonders hervorheben möchte ich die Energieeffizienzrichtlinie sowie die Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette. Beide bringen wichtige vergaberechtliche Anpassungen mit sich und stärken faire Vertragsbedingungen.
Ein weiterer Modernisierungsschritt liegt in der Einführung der sogenannten E-Forms – es wurde schon gesagt: auf nationaler Ebene. Damit beenden wir auch die Zersplitterung unterschiedlicher Formate und Formulare. Auftraggeber und Plattformen erhalten ein einheitliches digitales System. Das ist einfacher, effizienter und natürlich auch zukunftsträchtig.
Auch beim Rechtsschutz nehmen wir eine wichtige Anpassung vor. Das Gebührensystem wird entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes unionsrechtskonform geordnet. Damit schaffen wir Klarheit und verhindern künftig Rechtsunsicherheiten. Insgesamt verfolgt diese Novelle ein klares Ziel: Vergabeverfahren sollen einfacher, übersichtlicher und rechtssicherer werden. Gerade bei kleineren Aufträgen, die im Zuge der Inflation an Bedeutung gewonnen haben, ist das ein großer Schritt nach vorne. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir holen Nachschärfungen nach, beseitigen Unklarheiten und schaffen ein Vergaberecht, das den Anforderungen der Praxis auch in der Zukunft gerecht wird.
Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ich möchte mich jetzt noch auch zu einem Thema äußern, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, das aber auch eine hohe Bedeutung für diesen Bundesrat hier als verfassungsmäßiges Organ hat.
Ich möchte an dieser Stelle an Frau Dr.in Helga Hieden-Sommer erinnern. Wer war sie? – Frau Dr.in Helga Hieden-Sommer war Bundesrätin, war Nationalrätin und war vor allem auch eine Präsidentin des Bundesrates. Sie ist leider heuer im Frühjahr verstorben. Was ist eines der großen Vermächtnisse von Frau Dr.in Helga Hieden-Sommer? – Art. 7 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes. Was steht in diesem Art. 7 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes? – Dass eben Bezeichnungen von Ämtern, von Funktionen, auch akademische Grade, von der Amtsinhaberin und dem Amtsinhaber in der dem Geschlecht entsprechenden Fassung verwendet werden dürfen. Das ist ein Recht, das uns Helga Hieden-Sommer vermacht hat, Sie hat damals in den Achtzigern sehr dafür gekämpft und das durchgesetzt. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Auf dieses Recht, in der Verfassung verankert, berufe ich mich hier als Bundesministerin für Justiz, und nicht nur das, sondern es ist doch so, dass am 3. März dieses Jahres meine Wenigkeit und alle anderen weiblichen Mitglieder dieser Bundesregierung zu Bundesministerinnen mit kleinem i und Staatssekretärin gemäß Art. 70 Abs. 1 B-VG durch den Herrn Bundespräsidenten ernannt worden sind. Das ist ein staatsrechtlicher Akt, der uns auch das Recht verleiht, unsere Funktionsbezeichnung Bundesministerin, Staatssekretärin in der weiblichen Form zu führen und auch als solche angesprochen zu werden. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Jetzt will ich nicht päpstlicher als die Päpstin sein (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP) und verstehe schon, dass manchmal vor allem Angehörige der älteren Generation das noch nicht so gewohnt sind, obwohl dieses Recht seit 40 Jahren besteht. Aber wenn hier jemand in diesem Haus – Sie alle sind der Verfassung verpflichtet – hergeht und ganz bewusst die männliche Form für weibliche Amtsträgerinnen verwendet, dann erachte ich das als eine Missachtung von Frauenrechten, die wir uns hart erkämpft haben. Ich stelle fest, dass das hier bewusst und gezielt eingesetzt wird, und ich kann Ihnen sagen: Ich erachte das als unfreundlichen Akt und möchte mich dagegen verwehren. (Anhaltender Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
18.34
Präsident Peter Samt: Eine weitere Wortmeldung liegt mir dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.