RN/67

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das eEltern-Kind-Pass-Gesetz, das Eltern-Kind-Pass-Gesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (305 d.B. und 340 d.B. sowie 11755/BR d.B.)

Präsident Peter Samt: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung. 

Berichterstatter dazu ist Herr Bundesrat Martin Peterl. – Ich bitte um den Bericht. 

RN/68

Berichterstatter Martin Peterl: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das eEltern-Kind-Pass-Gesetz, das Eltern-Kind-Pass-Gesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden, zur Kenntnis bringen. 

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich sogleich zur Antragstellung:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. 

Präsident Peter Samt: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein. 

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm dieses. 

RN/69

13.58

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Recht herzlichen Dank, Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]. Ruf bei der ÖVP: Geht ja!) – Schrecklich, schrecklich! (Heiterkeit des Redners.) Das sind die wahren – ich will ja nicht sagen – Probleme (Bundesrätin Kerschler [SPÖ/Stmk.]: Es ist eh kein Problem!), aber die wahren Herausforderungen. Dabei gibt es so viele andere Themen, die man wirklich angehen sollte, aber: schrecklich. (Bundesrätin Kerschler [SPÖ/Stmk.]: Ja, dann sprich, sprich!)

Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Liebe Schwangere und liebe Mütter! (Heiterkeit der Bundesrätinnen Jäckel [FPÖ/Vbg.] und Neurauter [ÖVP/T.].) Ja, wir reden jetzt über den Eltern-Kind-Pass. Sein Vorgänger war der bekannte Mutter-Kind-Pass. Dieser wurde 1974 eingeführt, das Ziel war die Früherkennung von Risiken, Krankheiten, Entwicklungsstörungen sowie vor allem die Senkung der Säuglings- und Müttersterblichkeit, was Gott sei Dank auch erreicht wurde, und er wurde auch immer weiterentwickelt bis hin zu einer Hebammenberatung. 

Ja, jede Schwangerschaft beziehungsweise jede Geburt eines Kindes ist vor allem für die Mutter, aber auch für den Vater ein sehr emotionales Ereignis. Daher ist auch der Mutter-Kind-Pass nicht nur ein Stück Papier, er ist mit Emotionen behaftet. Der Augenblick, in dem man erfährt, dass die Frau schwanger ist beziehungsweise dann bei der Geburt, wenn das Kind da ist, das sind sehr emotionale Momente, daher ist die Bindung zum Mutter-Kind-Pass auch so groß. 

Gerade als dreifacher stolzer Vater habe ich auch noch heute den gelben Pass. Wenn ich mir den anschaue, habe ich genau die Gefühle, die vor 30, 32, 34 Jahren, als meine drei Kinder geboren wurden, da gewesen sind. Ich meine, jeder, der so etwas schon erlebt hat, weiß: Es ist etwas Besonderes. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Dabei bist du gar nicht die Mutter!) Wir wissen das: Männer leiden ja voll mit, also wir sind da sozusagen mittendrin, aber die Frauen müssen es aushalten, das stimmt. Daher ist auch über Generationen hinweg der gelbe Pass etwas, das man auch weitergibt. 

Meine Tochter ist jetzt auch schwanger, im vierten Monat, und da vergleicht man das dann – wie war das bei ihr, wie ist das jetzt bei ihr? – und verbindet damit eine gewisse Sicherheit. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Gratulation, Opa!) – Ja, Opa bin ich schon, das ist dann schon das zweite Mal. Mein Sohn hat schon ein Kind, das ist schon fast zweieinhalb Jahre alt. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.]: Na schau, was wir heute alles erfahren!) – Ja, na siehst du, jung habe ich angefangen.

Wie gesagt: Der Mutter-Kind-Pass steht einfach für Sicherheit, für Verlässlichkeit. Bereits die Umbenennung von Mutter-Kind-Pass zu Eltern-Kind-Pass habe ich schon sehr kritisch gesehen. Ist das eigentlich notwendig, braucht man das? Hat da irgendjemand einen Gewinn? Wenn man sich das anschaut: Die Umbenennung bringt aus meiner Sicht keinen Vorteil für die Mutter oder für den Vater, sondern sie ist nur wieder ein weiterer Schritt der Ideologisierung durch die Linken.

Daher, geschätzte Damen und Herren, ist es uns auch immer wichtig, dass die Wahlfreiheit für die werdenden Mütter für die traditionelle Form, sprich den Mutter-Kind-Pass, weiterhin möglich ist. Das Argument, das im Nationalrat oder dann bei meinen Nachrednerinnen kommt – das kann man ausdrucken, das hat man dann auf Papier und das tut man irgendwo in eine Klarsichtfolie rein –: Es geht nicht um das Papier, dass man das irgendwo ausdrucken kann, dass man da wieder ein Heftl hat, in das man ein Foto reintut, sondern es geht um die emotionale Verbindung. Das ist etwas anderes, wenn man in dem Fall einen Mutter-Kind- oder Eltern-Kind-Pass hat, als wenn man so ein Papier hat und irgendwas hineingibt. Das verliert aus meiner Sicht dann auch an Wert.

Es war ja auch geplant, dass das bereits am 1. Jänner 2026 umgesetzt wird, aber es ist halt nicht möglich und das verzögert sich bis zum 1. Oktober. Danach werden automatisch die Daten der Schwangeren digitalisiert gespeichert, mit März 2027 sogar von den Neugeborenen – ob die Mutter das will oder nicht.

Weiters möchte ich auch immer wieder diesen Irrsinn mit den sechs Geschlechtern aufzeigen. Wenn der Arzt dann bei der Geburt zwischen sechs Geschlechtern entscheiden muss: Ja, da haben nicht nur wir aufgeschrien, wie ihr immer wieder sagt, sondern auch sehr viele Ärzte. Es wurde zum Beispiel gesagt, Genderkategorien bei Neugeborenen sind realitätsfremd. Das ist nicht mehr Medizin. Es ist grundsätzlich männlich oder weiblich und dann halt die dritte Form, die es halt leider Gottes auch immer wieder gibt, damit kann man leben. Ich brauche dann aber nicht noch eine vierte, eine fünfte, eine sechste, eine siebente Form und am Ende haben wir 72 Geschlechter. (Ruf: Stimmt ja nicht!) Also damit können wir überhaupt nicht leben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben dann nachgefragt, wie viele Neugeborene es gibt, die wirklich dann in so einer Phase drinnen sind, dass man noch nicht gleich am Beginn das Geschlecht entscheiden kann: Es sind unter 1 Prozent, bei denen dann halt die Hebamme oder der Arzt entscheiden, wohin das geht. Wir haben auch beim Gesundheitsministerium gefragt, wie viele es denn überhaupt in Österreich gibt, die dann gesagt haben, sie sind inter oder offen, irgendwelche Geschlechter. Da ist leider keine Beantwortung möglich gewesen, aber laut Statistik Austria sind von den 9,2 Millionen Menschen sieben inter und 14 offen, die sich jetzt sozusagen gemeldet haben. Da sieht man auch wieder, womit sich die Politik beschäftigt, womit sich die Regierung beschäftigt (Bundesrätin Kerschler [SPÖ/Stmk.]: ...! Ihr sagt es ja immer!), bei einem Verhältnis von, ich sage einmal, wenigen zu über 9,2 Millionen. Da glaube ich auch wieder: Die Familien brauchen Ordnung und keine theoretischen Konstrukte. Das ist von der Lebenswirklichkeit sehr weit entfernt. (Beifall bei der FPÖ.) 

Worum es da geht: Der Mutter-Kind-Pass war und ist und soll immer ein Instrument der gesundheitlichen Vorsorge sein. Er soll Sicherheit geben und nicht zu einer Spielwiese linker Experimente werden. Genau das fordern nicht nur wir, sondern sehr viele Österreicher: Verlässlichkeit statt Ideologie.

Meine geschätzten Damen und Herren, die Regierung hat – leider nicht nur in diesem Punkt, sondern auch in vielen anderen – längst den Bezug zur Realität verloren. Sie haben es mit dieser Gesetzesvorlage nur wieder neuerlich bewiesen. In Wirklichkeit kämpfen die Familien gegen die Teuerung und Belastungen und wir versinken in Symbolpolitik, die einfach niemand benötigt. Man erfindet Probleme, anstatt Lösungen der echten Probleme anzugehen. Wir von der FPÖ sagen klar: Der Mutter-Kind-Pass war immer ein Instrument der gesundheitlichen Vorsorge. Er soll Sicherheit geben und keine Spielwiese sein, und genau das fordern wir.

Ich möchte mich zum Abschluss bei allen Ärzten und Hebammen bedanken, die trotz der großen Herausforderungen wirklich immer für die Schwangeren, für die Mütter, für die Kinder da sind. Wir stehen an der Seite der Familien. Wir sprechen aus, was sich die meisten in unserem Land denken, und wir werden auch weiter dafür kämpfen, dass Vernunft und Realitätssinn endlich wieder Platz in der Politik finden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte zum Abschluss auch noch allen frohe Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen, allen schwangeren Frauen – vor allem meiner Tochter – alles, alles Gute wünschen, dass die Schwangerschaft gut ist und bei der Geburt alles gut verläuft. Ich freue mich schon darauf, wenn ich das zweite Mal Opa geworden bin. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und SPÖ.)

14.06

Präsident Peter Samt: Ich darf recht herzlich Frau Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig bei uns empfangen und begrüßen, und gehe bereits zur nächsten Rednerin weiter. 

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Verena Schweiger. Ich erteile es ihr.

RN/70

14.07

Bundesrätin Verena Schweiger, BA MA MA (SPÖ, Wien): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Eltern-Kind-Pass begleitet Familien in Österreich seit über 50 Jahren. Er steht für Vorsorge, für Sicherheit und für einen guten Start ins Leben. Genau deshalb ist es richtig, dieses bewährte Instrument mit Maß, mit Verantwortung und mit Blick auf die Realität der Familien weiterzuentwickeln. 

Ja, es geht um den Eltern-Kind-Pass, sehr geehrte Damen und Herren. Auch wenn Sie immer wieder betonen, dass Sie noch gerne hätten, dass es der Mutter-Kind-Pass ist: Der Name Eltern-Kind-Pass unterstreicht auch sprachlich, dass beide Elternteile Verantwortung tragen. Da geht es nicht um irgendwelche Ideologien, sondern einfach darum, dass Väter auch Verantwortung tragen (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP) und nicht nur Mütter für Arzttermine, für Impfungen, für Vorsorgeuntersuchungen zuständig sind. Wir leben nicht mehr in den Siebzigerjahren. (Zwischenruf der Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.].)

Wenn die FPÖ jetzt beim Eltern-Kind-Pass so tut, als wäre die Anerkennung unterschiedlicher Geschlechtseinträge ein angeblich linkes Gesellschaftsexperiment, dann muss ich eines sagen: Das ist schon eine besondere Form einer politischen Gedächtnislücke. Ich möchte Sie schon daran erinnern, dass diese Möglichkeit Herbert Kickl selbst geschaffen hat. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Ah!) Der Erlass, der es nämlich erlaubt, neben männlich und weiblich auch andere Geschlechtseinträge zu führen, stammt aus seiner Zeit als Innenminister. Das heißt ganz konkret: Was Sie heute skandalisieren, haben Sie eigentlich selber beschlossen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.])

Zum Eltern-Kind-Pass selber: Ich bin selber Mama eines kleinen Buben. Ich habe den gelben Eltern-Kind-Pass zu Hause, mein Kind ist 2024 auf die Welt gekommen. Ehrlich gesagt trage ich ihn nicht mit, weil ich ihn mir regelmäßig selber anschaue, ich trage ihn mit, damit die Ärztin etwas eintragen kann. Ich gebe ihn ihr und sie händigt ihn mir wieder aus. Im Alltag ist der Pass, finde ich, vor allem eines: ein Heft, das man einfach immer mithaben muss. Man darf ihn nicht vergessen, man muss aufpassen, dass er nicht verloren geht und im Grunde dient er eigentlich ausschließlich dazu, dass medizinische Daten an einer Stelle dokumentiert werden. 

Gleichzeitig ist es aber für uns völlig selbstverständlich, dass wir keine Arztbriefe aus dem Krankenhaus permanent mit uns herumtragen – oder ich weiß nicht, ob Sie das vielleicht anders handhaben. Diese Informationen sind nämlich sicher elektronisch gespeichert und genau deshalb ist der elektronische Eltern-Kind-Pass für mich kein Bruch mit Bewährtem, sondern einfach eine logische Erleichterung für alle Beteiligten. Er entlastet nämlich die Eltern, er entlastet Ärztinnen und Ärzte und er erhöht die Sicherheit der Dokumentation. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist auch bewusst, dass es Kritik daran gegeben hat, dass es diesen gelben Pass künftig nicht mehr geben soll. Ich muss ehrlich sagen, ich verstehe das wirklich, denn solche Umstellungen lösen schon viele Emotionen aus. Viele Menschen waren sehr betrübt, als es den rosa Führerschein nicht mehr gegeben hat. Die Leute waren ebenfalls betrübt, als der orange Universitätsausweis durch eine Karte ersetzt worden ist. Ich verstehe wirklich, dass das Emotionen auslöst, denn das hat es bei mir damals auch. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.] – einen rosa Papierführerschein in die Höhe haltend –: Da ist er, der rosa Führerschein! Mit Stempelmarkerl!) Wir wissen heute aber: Die Dinge sind dadurch nicht schlechter geworden. Sie sind sicherer und praktikabler geworden, auch für Sie, und das freut mich ganz besonders. 

Eines ist mir schon wichtig, klarzustellen: Es wird niemand gezwungen, selbst digital zu sein. Niemand braucht ein Smartphone, niemand braucht einen Computer, niemand braucht eine App. Der elektronische Eltern-Kind-Pass wird von Ärztinnen und von Ärzten geführt, er wird von Hebammen geführt und nicht von den Eltern – nämlich so, wie es bis jetzt auch war, nur dass wir ihn jetzt halt einfach nicht mehr einstecken haben müssen. Auch Menschen ohne digitalen Zugang oder auch mit bewusster Ablehnung der Digitalisierung behalten den vollen Zugang zu allen Untersuchungen, zu Leistungen und zu Ansprüchen. Kein Kind bekommt weniger Vorsorge, keine Mutter weniger Leistungen, es geht kein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld verloren, nur weil jemand keinen digitalen Zugang hat oder ihn auch einfach nicht verwenden möchte. Es geht da um digitale Dokumentation im Gesundheitssystem, nicht um digitale Hürden für Familien. 

Darüber hinaus bringt diese Reform echte Verbesserungen, nämlich ein aktualisiertes Untersuchungsprogramm, zusätzliche Hebammenberatungen, mehr Augenmerk auf psychosoziale Belastungen und eine bessere Vernetzung mit Unterstützungsangeboten wie den frühen Hilfen. Gerade für Familien, die Unterstützung brauchen, ist das ein enormer Fortschritt. 

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Vorsorge muss sich weiterentwickeln, aber sie muss für alle zugänglich bleiben. Dieses Gesetz schafft genau diesen Ausgleich. Wir haben die Verantwortung, dass kein Kind übersehen wird, dass Familien bestmöglich entlastet werden und dass keine Mutter und auch kein Vater alleingelassen wird. Das ist Politik, die zählt, und das ist Politik, die auch wirkt. Und aus meiner persönlichen Erfahrung als Mutter und auch aus meiner politischen Verantwortung heraus sage ich: Diese Reform ist absolut sinnvoll, sie erleichtert den Alltag und sie stärkt die Gesundheitsvorsorge unserer Kinder, und darum verdient dieses Gesetz unsere Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.12

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. Ich erteile es ihr.

RN/71

14.12

Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Vielen Dank, geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, Familien sind das Wertvollste in unserer Gesellschaft und sie verdienen Schutz, Anerkennung und Unterstützung, und eine Unterstützung ist dabei sicher, den Lebensrealitäten nachzukommen, und das ist definitiv die Digitalisierung des Eltern-Kind-Passes. 

Der Eltern-Kind-Pass ist seit Jahrzehnten – das haben wir schon gehört – ein zentrales Instrument unserer Gesundheitsversorgung. Er begleitet werdende Mütter und Kinder in den ersten Lebensjahren und trägt entscheidend dazu bei, frühzeitig Risiken zu erkennen und die bestmögliche Entwicklung sicherzustellen. Nach mehr als 50 Jahren kommt es nun zu einer grundlegenden Änderung, und wenn das jetzt schon 50 Jahre her ist, dann würde ich schon sagen, ist es jetzt Zeit geworden, dass man die Lebensrealitäten einmal genau betrachtet. 

Wir haben es schon gehört: Ja, der gelbe Papierpass wird schrittweise durch den digitalen Eltern-Kind-Pass ersetzt, also Oktober 2026 für Schwangere und ab März 2027 dann für Neugeborene. Ehrlich gesagt bin ich persönlich schon sehr überzeugt davon, dass die heutigen Eltern wirklich sehr gut mit der Digitalisierung umgehen können. 

Nur zum Hinweis: Ja, der Eltern-Kind-Pass kann ausgedruckt werden. Ich weiß, er schaut nicht mehr aus wie ein Buch, es sind Zettel. Auch ich kann wie meine Vorrednerin aus Erfahrung sprechen: Mein Sohn wird im Jänner zweieinhalb Jahre alt. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich selbst bin Bibliothekarin. Bibliothekar:innen haben Bücher ja immer sehr gern, und ich bin selbst so. Am Anfang, als ich den Pass in den Händen gehalten habe, war es natürlich ein schönes Gefühl und man sagt sich: Jetzt habe ich den auch in der Hand, ein schönes Gefühl!, aber im Laufe der Zeit, wenn du damit quasi umzugehen gelernt hast und merkst, dass es im Endeffekt ein Arztbrief ist, und du auch diverse Untersuchungsformulare und Zettel bekommst, dann fangen die Zettel, die noch zusätzlich hineingehören, einmal zum Fliegen an, und dann nervt es dich, wenn man ganz ehrlich ist. Dann sagt man: Eigentlich wäre es praktisch, wenn man das anderweitig ablegen könnte. Darum finde ich es wirklich sehr gescheit, dass man jetzt die Digitalisierung macht. – Das ist jetzt meine Meinung dazu. 

Natürlich habe ich mich auch bei meinen Freundinnen, bei Bekannten und Müttern umgehört. Ich habe gefragt: Was hältst du davon, dass der Eltern-Kind-Pass jetzt digitalisiert wird? – Dann sagen sie: Mah, super! Das ist wirklich ganz klasse!, denn meist verlegt man ihn oder man hat ihn sogar verloren. Man weiß eh, wie kompliziert das ist. Es ist wirklich sehr vage, wenn man den Pass in der Hand hat und man ihn verlegt. Und man weiß auch, dass Frauen, wenn sie gerade ein Kind frisch zur Welt gebracht haben, oft vergesslich sind. Darum ist es wirklich sehr förderlich, denn das Handy hat man dabei und wenn man den Eltern-Kind-Pass dann auf der App hat, dann merkt man es. Sie haben gesagt: Mah, das ist voll super, wenn ihr das macht, das ist wirklich sehr unterstützenswert!

Außerdem möchte ich schon noch erwähnen, dass die digitale Form bestimmt eine enorme Erleichterung für die interne Kommunikation bringt, und zwar zwischen den Ärzten und Ärztinnen, den Hebammen und anderen Gesundheitseinrichtungen und nun dazu auch den Eltern. 

Ich finde das schon sehr verunsichernd, was ihr, liebe FPÖ, da betreibt. Ihr verunsichert die Eltern. Wenn man mit ihnen spricht, dann sagen sie: Ja, ich habe gehört, dass im Endeffekt die Hebammenberatung gestrichen wird, dass der Eltern-Kind-Pass generell gestrichen wird!, es gehen also alle möglichen Dinge und Versionen umher. Ich weiß, das hat nicht alleine die FPÖ gesagt, aber es ist so transportiert worden, dass beispielsweise die Hebammenberatungen nicht mehr verpflichtend, sondern freiwillig sind. Dann habe ich im Gespräch mit den Müttern auch mitbekommen, dass sie gesagt haben: Das habe ich ja gar nicht gewusst, dass sie sowieso freiwillig gewesen sind! – Man hat es also in Anspruch genommen. 

Darum finde ich diese Entscheidung jetzt sehr, sehr gut, dass die Untersuchungen, die es für Hebammen gibt, ausgeweitet werden – also nicht gestrichen, sondern ausgeweitet werden. Von der Verpflichtung zur Freiwilligkeit: Ich muss schon ehrlich sagen, am besten ist, es gibt dieses Angebot. Und man weiß auch: Wenn etwas verpflichtend ist, dann braucht es Konsequenzen, und dieses im Endeffekt zu kontrollieren, muss ich ganz ehrlich sagen, ist sicher nicht sehr, sehr förderlich. Daher ist die Änderung zu begrüßen, dass die zusätzlichen Untersuchungsmöglichkeiten des Eltern-Kind-Passes sogar ausgeweitet werden, das heißt, noch mehr Hebammenberatung: von einer zu zwei. 

Dann gibt es außerdem noch die Möglichkeit, zusätzlich noch mehr Vorsorge durch eine dritte Ultraschalluntersuchung gegen Ende der Schwangerschaft, ein weiteres Hörscreening für Neugeborene, und was ich ebenso betonen möchte – das finde ich sehr, sehr wichtig – ist die psychologische Beratung, ein psychologisches Gespräch. Gerade um die Zeit der Geburt und danach – und das weiß man sehr wohl – haben Frauen wirklich eine große körperliche und vor allem psychische Belastung. Das ist aber ganz normal, denn es ist nämlich kein Spaziergang, eine Geburt zu erleben. Darum finde ich es wirklich sehr förderlich, wenn es da eine Beratung gibt, und die dann auch in Anspruch genommen wird. 

Kurzum: Ich bitte alle, die hier im Saal sitzen, und alle Parteien, dass man gerade bei diesen Themen, die von sehr, sehr vielen Emotionen begleitet werden – verständlicherweise, weil jedem und jeder hier gerade die Kinder und die Familien am Herzen liegen –, wirklich keine Verunsicherung streut, denn gerade bei diesem Thema findet eines statt: Wir treffen da die Lebensrealitäten der Eltern. Sie finden es förderlich, und wenn man ganz genau hinschaut, erkennt man, dass eine große Veränderung stattfindet. Wir haben schon ganz vieles im Bereich der Digitalisierung gemacht. Daher bitte ich darum, nicht in Nostalgie zu schwelgen, sondern wirklich dem aktuellen Stand der Dinge entgegenzukommen. 

Eine emotionale Bildung zu einem Buch ist zwar gut, aber letzten Endes haben wir eher eine emotionale Bildung zum ersten Ultraschallbild, haben wir eher eine emotionale Bildung zu unserem Kind, und vor allem sind wir froh und dankbar, wenn unsere Kinder gesund sind. Und wenn etwas festgestellt wird – dass sie krank sind und eine medizinische Betreuung brauchen –, so sind wir froh, ein ausgezeichnetes Gesundheitssystem wie hier in Österreich zu haben. Das garantiert der Eltern-Kind-Pass. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung: für unsere Familien und für die Gesundheit unserer Kinder. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.19

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile es ihr. 

RN/72

14.19

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Danke schön, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin – willkommen! Werte Besucherinnen und Besucher, willkommen hier bei uns im Hohen Haus! Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt kurz überlegt, ob ich das noch einmal ansprechen soll, aber ich mache es, weil es ja heute und auch gestern schon mehrmals Thema gewesen ist: die Frage, wie man Personen anspricht, ob man sie in der weiblichen Form, in der männlichen Form anspricht. Ich möchte da, weil es für die Zuhörerinnen und Zuhörer vielleicht interessant ist, noch einmal auf den vorigen Tagesordnungspunkt zurückkommen. 

Es war eine rein weibliche Besucherinnengruppe hier bei uns im Haus, und die Rednerin von der FPÖ hat diese rein weibliche Gruppe, lauter junge Frauen, mit „Hallo, Besucher!“ angesprochen. Wir haben von da hinten versucht, zu signalisieren, das sind nur Frauen. Die Damen haben sich dann – ich weiß nicht aus welchem Grund, vielleicht war es nur zufällig – umgedreht und sind rausgegangen, und wir haben gesagt: Ah, die fühlen sich nicht angesprochen, die gehen raus. (Ruf bei der FPÖ: Mein Gott!) Die Antwort der Kollegin war dann: „ ... egal! [...] ich bin gut erzogen“. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Also das ist ja wohl tief! Also das ist ja wohl letzte Schublade! Letzte Schublade!) – Nein, nein, nein! (Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.]: ...! Das weiß ich noch ganz genau!)– Nein, nein, nein, ihr macht das ganz genau so. Ihr macht das ganz genau so! Ich wollte einfach nur darauf hinweisen. Ich kann mir vorstellen, dass das jetzt nicht absichtlich war, dass diese Reaktion nicht beabsichtigt war – daher der Hinweis. (Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.]: Aber Ihre Absicht ist es ja schon!) – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Aber jetzt! Genau! Ihre Absicht ist es jetzt schon! ...! Das könnt ihr!)

Solche unangenehmen Situationen lassen sich vielleicht vermeiden, indem ihr nicht so – weiß ich nicht – ideologisch prinzipiell einmal jeden und immer mit der männlichen Form ansprecht, sondern ganz kurz einmal hinschaut: Wer sind denn die Personen, die ich anspreche? (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Wir wollen ja nicht als „-in“ angeredet werden, Frau Kollegin!) Dann kann ich auch darauf eingehen und – zumindest wenn da eine rein weibliche Gruppe ist – nicht „Hallo, Besucher!“ sagen. – Einfach nur ein Hinweis. (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ].)

Sehr geehrter Herr Präsident (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Wieso sagst du nicht Präsidentin zu ihm?), ich möchte mich für Ihre Präsidentschaft bedanken und auch dafür – weil Sie es heute in der Früh erwähnt haben –, dass Sie den Bundesrat nicht abgeschafft haben. Ich freue mich, dass Sie Ihre Amtszeit mit vielen wertvollen Begegnungen verbinden konnten. Gleichzeitig ist es ebenso für die Zuseherinnen und Zuseher vielleicht interessant, zu erwähnen, dass der Bundesrat ein unverzichtbarer Teil unserer Verfassungsordnung ist, eine Brücke zwischen Bund und Ländern und ein Garant für unsere föderale Demokratie, damit nicht der Eindruck entsteht, dass es jetzt hauptsächlich um Reisetermine geht.

Ich möchte aber auch noch zusätzlich etwas aufgreifen, was Sie in Ihrer Rede angesprochen haben, nämlich dass Diskurs offen geführt werden soll und alle Gesichtspunkte beachtet werden müssen. Prinzipiell stimme ich da absolut zu. Ich diskutiere gerne, ich bin diskussionsfreudig. Ich habe es aber auch schon in meiner Rede bei der Enquete angesprochen: Prinzipiell sollten wir uns auf eine gewisse Basis des Diskurses einigen, dass diese Basis etwas Gemeinsames sein soll. Ich habe angesprochen: Wissenschaftlicher Konsens ist eine gute Basis.

Kollege Spanring ist jetzt nicht hier. Ich weiß nicht, ob er es heute oder letztes Mal erwähnt hat. Nein, genau, es war in der letzten Sitzung, da hat er gesagt: Wenn wir uns immer nur am wissenschaftlichen Konsens orientiert hätten, dann würden wir jetzt noch an die Erde als Scheibe glauben. Der Vergleich hinkt insofern ein bisschen, als der Glaube an die flache Erde kein wissenschaftlicher Konsens war. Das war ein populärer Mythos über vermeintliches Wissen im Mittelalter und ist erst durch tatsächlich wissenschaftliche Arbeit widerlegt worden. Wenn es diesen wissenschaftlichen Konsens nicht gäbe, dann würde man noch an die flache Erde glauben.

Präsident Peter Samt: Geschätzte Kollegin, eine Frage: Reden Sie auch noch zum Tagesordnungspunkt? – Danke schön. (Beifall bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ. Heiterkeit des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.].)

Bundesrätin Simone Jagl (fortsetzend): Danke schön. – Nein, aber weil Sie es heute in Ihrer Rede angesprochen haben, habe ich mich dazu berufen gefühlt, das auch noch einmal anzusprechen.

Nun also zu dem vorliegenden Gesetz: 1974 – wir haben es schon gehört – wurde der Mutter-Kind-Pass eingeführt, und das kann man tatsächlich als einen Meilenstein bezeichnen. Die Idee ist recht einfach: Der Mutter-Kind-Pass sollte einen Rahmen bilden und vorgeben, an dem sich werdende Eltern orientieren können. Sie hatten ab dann tatsächlich einen guten Überblick darüber, welche Untersuchungen gescheit sind, gut sind, wirklich gut für die Gesundheit der Schwangeren und des Kindes sind. Zusätzlich waren alle relevanten Informationen, die man zusammengesammelt hat, in einem Dokument gesammelt. Es war also wirklich besonders wichtig während der Schwangerschaft, aber auch später für die Kinder, für Anamnesen sozusagen. 

Die Idee ist tatsächlich aufgegangen. Sind vor der Einführung, vor 1974, noch 23 Kinder von 1 000 Lebendgeburten verstorben, waren es zehn Jahre danach „nur“ noch acht, sage ich jetzt einmal, und derzeit sind es „nur“ noch drei. Ich setze „nur“ unter Anführungsstrichen, denn jedes Kind, das während oder kurz nach der Geburt verstirbt, ist eines zu viel. Ich hoffe, da sind wir uns einig, und wir dürfen in dem Bereich niemals aufhören, noch besser zu werden.

Im Laufe der Zeit wurde das Untersuchungsprogramm immer wieder weiterentwickelt. Ich habe vier Mutter-Kind-Pässe zu Hause gehabt, wusste das aber alles nicht, war wirklich erstaunt, wie sich das entwickelt hat. 1974 waren nur acht Untersuchungen vorgesehen. 1987 wurde das Programm größer ausgebaut. Da kommen die Ultraschalluntersuchungen dazu, die HNO-, die Augenuntersuchungen – 1987 erst, das ist gefühlt noch nicht so wahnsinnig lange her. 1997 wurde dann der finanzielle Anreiz gesetzt, also der Mutter-Kind-Pass an ein finanzielles Anreizsystem gekoppelt, was auch wichtig war, um eben die Teilnahmequote zu erhöhen. 2013 ist dann die Hebammenberatung dazugekommen.

2024 haben wir beschlossen, den Eltern-Kind-Pass, dieses wichtige Dokument, ins neue Jahrtausend zu heben. Wir haben eben aus dem Mutter-Kind-Pass einen Eltern-Kind-Pass gemacht; die Kollegin von der SPÖ hat es schon wirklich gut erklärt. Damit wird nämlich deutlich gemacht, dass es einerseits um einen Elternteil, nämlich um die Mutter geht, die Sorge um das Kind aber tatsächlich eine Aufgabe beider Elternteile ist und nicht nur der Person, die das Kind geboren hat. 

Wir haben die Grundlage dafür gelegt, dass der Eltern-Kind-Pass elektronisch wird. Jetzt verstehe ich den sentimentalen Blickwinkel darauf. Das ist wirklich etwas Emotionales, dieses gelbe Büchlein in den Händen zu haben, das aufzuheben, vielleicht in die Dokumentenmappe der Kinder zu geben, die diese dann, wenn sie ausziehen, mitnehmen. Das bleibt ja. Es ist wirklich etwas Emotionales. 

Gleichzeitig hat der elektronische Eltern-Kind-Pass einfach wirklich massive Vorteile. (Bundesrat Pröller [FPÖ/OÖ]: Beides!) Er ermöglicht eine Vernetzung verschiedenster Gesundheitsuntersuchungen, Gesundheitsleistungen und -einrichtungen. Das ist wirklich wichtig. 

Ich kann dazu eine Geschichte erzählen: Eines meiner Kinder ist mit nur einer Niere auf die Welt gekommen; zufälligerweise damals in einem Spital, in dem routinemäßig eine Nierensono gemacht wurde. Jetzt ist eine Nierensono nicht Teil des Eltern-Kind-Pass-Angebotes – aber trotzdem. Zehn Jahre später ist er massiv krank geworden. Innerhalb eines halben Jahres war er mehrfach in stationärer Behandlung, und man ist nicht draufgekommen, was war; im Endeffekt doch, Gott sei Dank. Es war ein nekrotischer Blinddarm, der nicht entdeckt wurde, weil durch das Fehlen der Niere die Organe verschoben waren. Es war wirklich etwas Massives. 

Dieses Ergebnis der Nierensono bei der Geburt war mir nicht klar, weil das ein Zettel irgendwo war. Mir war als Mutter damals nicht klar, was das war und dass das einen Zusammenhang haben könnte. Wenn das die Ärzte damals gesehen hätten, wären sie vielleicht früher draufgekommen, dass diese gefährliche Erkrankung schon ein halbes Jahr am Laufen war. Diese Vernetzung kann wirklich Leben retten.

Was beschließen wir jetzt heute? – Einerseits eben die Verschiebung des Starts des elektronischen Eltern-Kind-Passes, weil sich einfach gezeigt hat, dass die Umsetzung komplexer ist und länger braucht. Ab 1. Oktober 2026 sollen nun alle neu festgestellten Schwangerschaften dort erfasst werden.

Wir haben auch eine zweite Hebammenberatung drinnen. Das ist gut und wichtig. Wir fänden es gut, wenn sie verpflichtend wäre, weil die Hebammenberatung wichtig ist. Viele Eltern machen einen Geburtsvorbereitungskurs, bei dem sie eben auf das, was neu auf sie zukommt, vorbereitet werden. Viele können sich das nicht leisten. Eine Hebammenberatung kann das wirklich gut abfangen. 

Das wäre auch eine Aufwertung der Leistungen, die Hebammen erbringen. Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen, hier wirklich den Hebammen zu danken, dass nämlich – so ein bisschen zwischen den Gesundheitsberufen – vielleicht nicht immer ganz wertgeschätzt wird, was sie als Stütze für die Familien leisten und dass sie während der Schwangerschaft und während der Geburt für Mütter und Eltern da sind.

Das Gesundheitsgespräch, wie schon gehört, ist auch sehr wichtig.

Alles in allem ist die Einführung des elektronischen Eltern-Kind-Passes wirklich eine gute Sache. Man muss schon sagen, diejenigen, die vielleicht jetzt etwas wehmütig dem gelben Heftchen nachtrauern, werden in Zukunft nicht mehr allzu viele sein. Die Mehrheit der kommenden werdenden Mütter sind halt Frauen, die schon mit dem Handy aufgewachsen sind. Die sind das gewohnt. 

Eine Kollegin der FPÖ hat im Nationalrat zur Frage der Sicherheit gemeint, wenn man einen Unfall hat, dann findet man diesen gelben Pass in der Handtasche. 

Es gibt in jedem Handy mittlerweile diese Notfallseite, das ist das Erste, das Ersthelfer oder Sanitäterinnen und Sanitäter aufmachen. Wenn man das da einträgt – und das kann man eintragen (Ruf bei der FPÖ: Man kann alles machen!–, dann ist das ersichtlich und man muss nicht in einer Handtasche kramen, um möglicherweise einen gelben Pass zu finden. 

Also ich verstehe, dass das aus Sentimentalität manchen wichtig ist, aber noch wichtiger sollte uns die bestmögliche Gesundheit von Schwangeren und Kindern sein. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ.)

14.30

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. – Ich bitte um Ihre Wortmeldung.

RN/73

14.30

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Ulrike Königsberger-Ludwig: Danke, Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich möchte so wie im Nationalrat auch hier im Bundesrat damit beginnen, dass ich das Verbindende vor das Trennende stelle, dass ich auch ein bisschen zurückschaue, was denn der Mutter-Kind-Pass – der damalige Mutter-Kind-Pass – gewesen ist: 1974 – wir haben es heute schon ein paar Mal gehört – war er ein Symbol für ein solidarisches Gesundheitssystem, ein Meilenstein, der damals eingeführt wurde, um gegen die Müttersterblichkeit und auch gegen die Säuglingssterblichkeit anzukämpfen. Die Zahlen – wir haben es heute schon gehört – sprechen wirklich für sich: Zehn Jahre nach Einführung des damaligen Mutter-Kind-Passes ist die Säuglingssterblichkeit tatsächlich um über 60 Prozent zurückgegangen. Heute haben wir 2,1 Totgeburten auf 1 000 Lebendgeburten. Ich bin schon davon überzeugt, dass das damals wirklich ein ganz, ganz großer gesundheitspolitischer Meilenstein gewesen ist – und auch heute noch ist. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ.)

Der damalige Mutter-Kind-Pass, der heutige Eltern-Kind-Pass bietet tatsächlich jeder schwangeren Frau eine Untersuchung, sorgt dafür, dass jedes Neugeborene untersucht wird, und natürlich auch dafür, dass die Kinder noch weiter ihre Untersuchungen erhalten, um ihren Gesundheitszustand zu überprüfen und sie gesund zu erhalten. 

Was ganz besonders gut ist: Er gilt von Anfang an, er ist flächendeckend in ganz Österreich und er ist vor allem auch eine kassenfinanzierte Leistung. Ich glaube schon, dass das wirklich wichtig ist. Der Eltern-Kind-Pass hat mit den Maßnahmen, mit den Untersuchungen, über die wir im Vorfeld gehört haben, aus meiner Sicht, aus unserer Sicht tatsächlich Leben gerettet. Er hat Familien gestärkt und er war damals – und ist es auch heute noch – ein wirklicher Vorreiter, wenn es darum geht, für die Mütter- und für die Kindergesundheit etwas zu machen.

Die Zahlen habe ich schon angesprochen, aber, geschätzte Damen und Herren, es ist eben so, dass die Erfolge von damals die Herausforderungen von heute und von morgen vielleicht nicht mehr so gut abbilden. Man muss sich in das Jahr 1974 zurückversetzen. Der Pass ist eben ein Kind – wenn ich das so sagen darf – seiner Zeit. Er ist in den Siebzigerjahren entstanden, als man noch auf Papier dokumentiert hat. Es gab damals und gibt auch heute bei einem Papier-Eltern-Kind-Pass keine digitalen Schnittstellen, es gibt keine Erinnerungsfunktionen, es gibt keine Vernetzung zu anderen Unterstützungsangeboten und er ist auch in einer Zeit entstanden, geschätzte Damen und Herren, als man noch mit der Schreibmaschine und nicht mit Smartphones geschrieben hat. Genau deswegen bringen wir, bringen Sie, wenn Sie diesen Beschluss heute fassen, den Pass ins 21. Jahrhundert. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Ich möchte nur auf ein paar Errungenschaften eingehen, die der elektronische Eltern-Kind-Pass mit sich bringt: Es ist so, dass es eine automatische Erinnerungsfunktion geben wird. Ich glaube schon, dass das auch für werdende Mütter, für werdende Eltern durchaus wichtig ist. Man hat in dieser Zeit viele Dinge im Kopf, und wenn man elektronisch an Untersuchungen erinnert wird, kann das natürlich dazu beitragen, dass man die Termine auch fristgerecht einhält. Es wird mehrsprachige Informationen geben, auch das ist in der heutigen Zeit einfach wichtig und ein großer Fortschritt. Es gibt sicheren Zugriff für Fachpersonal und für die Eltern und – das wurde auch schon angesprochen und ich finde das persönlich besonders wichtig – es wird eine Verknüpfung zu den frühen Hilfen geben, damit jene Familien, die in dieser sehr herausfordernden, manchmal auch belastenden Zeit, in der auch oft psychische Belastungen in den Familien, bei den Müttern auftreten, Unterstützung durch die frühen Hilfen erhalten. 

Ich finde das wirklich großartig, weil ich davon überzeugt bin: Wir müssen frühzeitig unterstützen, um niederschwellig helfen zu können, und auch, um diese Vernetzung, die schon angesprochen wurde, auch wirklich mit Leben erfüllen zu können. Der digitale Pass, der elektronische Eltern-Kind-Pass bringt genau dafür die nötige Infrastruktur auf. Er ist verlässlich, er ist sicher und er wird auch effizient sein, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Es wurde heute noch gar nicht angesprochen, aber ich möchte es auch in diesem Rahmen sagen, weil es für viele Menschen, für viele Mütter, für Eltern wichtig ist: Es wird natürlich auch nach wie vor die anonyme Geburt möglich sein. Das ist wirklich wichtig, das war im Vorfeld oft ein Diskussionspunkt, also die anonyme Geburt wird weiterhin möglich sein. 

Papierausdrucke – wir haben es auch schon gehört – werden auch weiterhin kostenfrei möglich sein. Man kann sich auch die Ultraschallbilder, das erste Ultraschallbild ausdrucken lassen, wenn man es wirklich für das Nostalgiealbum – sage ich jetzt einmal – braucht. Auch ich bin Mutter und Großmutter und natürlich ist das auch mit Emotion verbunden. Also man kann sich das ausdrucken lassen, aber man kann es auch direkt vom elektronischen Eltern-Kind-Pass verschicken. Es geht also dann noch schneller, dass auch die Oma weiß, dass vielleicht die Tochter oder der Sohn Mutter oder Vater wird. Also ich glaube, auch das ist ein guter Fortschritt.

Was ganz wichtig ist – und das möchte ich auch betonen –: Die Daten gehören den Familien, es gibt keinen Zugriff ohne Zustimmung. Es ist mir schon auch wichtig, das zu betonen, weil es natürlich im Gesundheitsbereich auch immer um sensible Daten, um Gesundheitsdaten geht. Datenschutz ist da eines unserer ganz, ganz großen, wichtigen Assets, dass wir wirklich darauf achten, dass die Privatsphäre geschützt ist und dass der Datenschutz eingehalten wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)

Wir haben im Vorfeld alle Datenschutzfolgeabschätzungen mit größter Sorgfalt gemacht, damit diese Angst, dass mit den Daten vielleicht etwas gemacht wird, was man nicht möchte, wirklich hintangehalten werden kann. 

In diesem Zusammenhang möchte ich ein paar Gedanken prinzipiell zu Daten im Gesundheitswesen sagen. Wir kommen im übernächsten Tagesordnungspunkt auch noch darauf zu sprechen, aber es ist mir wirklich auch wichtig, das zu sagen: Daten sind im Bereich der Gesundheitspolitik für die eigene individuelle Nutzung enorm wichtig, das haben wir heute schon gehört. Für werdende Mütter, für Eltern ist es wichtig, dass sie die Daten schnell griffbereit haben, aber es ist auch in der Gesundheitspolitik von großer Bedeutung, dass wir valide Daten haben, um Gesundheit planen zu können, um Versorgung planen zu können, um Präventionsangebote planen zu können. Mit jeder Digitalisierung im Gesundheitswesen kommen wir dieser wirklich großen Errungenschaft im Bereich der Gesundheitspolitik ein bisschen näher. So können wir noch besser Versorgungsangebote für die Menschen in Österreich planen.

Deswegen bin ich auch davon überzeugt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass der elektronische Eltern-Kind-Pass einerseits individuell unglaubliche Vorteile bringt, andererseits aber auch für die Gesundheitspolitik als Ganzes große Vorteile bringt.

Das möchte ich auch noch ansprechen: Diese wichtige gesundheitspolitische Errungenschaft ist uns gemeinsam natürlich auch finanziell etwas wert. Wir werden 15,6 Millionen Euro in die Umsetzung des elektronischen Eltern-Kind-Passes investieren. Wir werden für das Untersuchungsprogramm, das heute schon angesprochen wurde, das im Wege einer Verordnung dann auch kommen wird, noch 100 Millionen Euro jährlich in die Hand nehmen. Das ist gut angelegtes Geld, wie ich meine, weil es in das Wertvollste investiert wird, das wir haben: in die Gesundheit unserer Kinder.

Geschätzte Damen und Herren, abschließend möchte ich allen danken, die an diesem Projekt mitgearbeitet haben. Es war doch ein längeres Projekt mit vielen, vielen Verhandlungsrunden, aber jetzt sind wir auf einem wirklich guten Weg. 

Ich möchte noch einmal den Appell auch an die Damen und Herren der Freiheitlichen richten: Vielleicht können Sie sich einen Ruck geben und über die Parteigrenzen hinweg dieses wichtige elektronische Eltern-Kind-Pass-Projekt oder diese Umsetzung des elektronischen Eltern-Kind-Passes mit uns gemeinsam beschließen, weil es wirklich darum geht, ein modernes, gerechtes und zukunftssicheres Gesundheitssystem weiter auszubauen, für die Familien in unserem Land und natürlich auch für die nächsten Generationen. Geben Sie sich einen Ruck! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

14.38

Präsident Peter Samt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Margit Göll. – Ich bitte um Ihre Wortmeldung.

RN/74

14.39

Bundesrätin Margit Göll (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben heute schon sehr viel über den damaligen Mutter-Kind-Pass, der ja 1974 eingeführt wurde und eine der größten sozial- und gesundheitspolitischen Errungenschaften unseres Landes war, und über den heutigen E-Eltern-Kind-Pass gehört. Seit Jahrzehnten gibt er unseren Müttern Sicherheit, aber natürlich auch den Kindern einen gesunden Start ins Leben. Er steht für Vorsorge, für Vertrauen und für die Überzeugung, dass für jedes Kind die bestmögliche medizinische Begleitung vorhanden ist. (Vizepräsident Ruprecht übernimmt den Vorsitz.

Diese neue Errungenschaft hat die Familien- und die Kindergesundheit gestärkt. Österreich wurde damals – das ist heute auch schon erwähnt worden – ein Vorreiter, was Mütter- und Kindergesundheit betrifft. Mit der Einführung des Mutter-Kind-Passes konnte – die Zahlen wurden auch genannt – die Säuglingssterblichkeit um über 60 Prozent gesenkt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was sind denn die Neuerungen im E-Eltern-Kind-Pass? – Um hier nur auf einige einzugehen: Der Eltern-Kind-Pass wird digital, das heißt bequem am Smartphone nutzbar. Ich denke – meine Kollegin hat es erwähnt –, er wurde vor 50 Jahren eingeführt, jetzt einmal modernisiert, an die heutige Zeit angepasst, aber natürlich kann er auch weiterhin ausgedruckt werden.

Was mir besonders aufgefallen ist, ist die noch stärkere Einbindung der Hebammenberatung. Sie ist nicht verpflichtend – das finde ich schon auch sehr wichtig, denn wenn ich da an meine Schwiegertochter denke: Sie benötigte das nicht. Ich denke, den Frauen soll da Wahlfreiheit gegeben sein. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Eben, Wahlfreiheit, ja!) Hebammen begleiten ja die Familien mit großer Kompetenz und mit viel Menschlichkeit.

Die Staatssekretärin hat es angesprochen: die Verknüpfung mit den Frühen Hilfen. Das erscheint mir auch besonders wichtig, weil wir immer wieder hören, dass gerade in dieser Situation Mütter, aber auch Familien an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen, und daher ist es äußerst wichtig, dass wir sie bei sozialen Unsicherheiten, bei psychischen Belastungen begleiten, dass wir sie größtmöglich und bestens unterstützen.

Viele von uns Bundesrätinnen hier im Saal erinnern sich sicherlich noch gut an ihren eigenen Mutter-Kind-Pass und an die eigene Erfahrung, die wir damals machen durften. Auch wir haben in einer besonderen Lebensphase diesen Pass als verlässliche Orientierung, als medizinische Absicherung genützt, und er war für uns auch eine große Stütze. Diese persönliche Erfahrung prägt uns bis heute, und wir sehen damit auch die große Bedeutung dieses E-Eltern-Kind-Passes.

Zu wissen, dass dieses Kind von Beginn an gut medizinisch begleitet wird, gibt der Familie Sicherheit: den Eltern, aber uns auch als Großeltern – es ist schon erwähnt worden. Genau dieses Gefühl von Sicherheit wollen wir auch in Zukunft gewährleisten. Ich darf mich ebenfalls bei allen, die mitgewirkt haben, sehr herzlich für dieses Projekt bedanken.

Doch Vorsorge muss auch mit der Zeit gehen, deshalb ist die Umstellung auf den E-Eltern-Kind-Pass wirklich ein wichtiger und richtiger Schritt. Er ist zeitgemäß, verlässlich, jederzeit verfügbar und erleichtert auch die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Gesundheitssystem. Das ist verantwortungsvolle Gesundheitspolitik: nicht verwalten, sondern mit der Zeit auch weiterentwickeln – im Interesse unserer Kinder, im Interesse unserer Familien.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um unsere Kinder, es geht um unsere Familien, und es geht um unsere Gesundheitspolitik mit Verantwortung und Herz. Ich bitte Sie daher alle um Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Mitgliedern des Bundesrates von der SPÖ sowie der Bundesrätinnen Jagl [Grüne/NÖ] und Deutsch [NEOS/W].)

Vizepräsident Günther Ruprecht: Vielen Dank.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Ah, war ich zu früh?

Bundesrätin Margit Göll (fortsetzend): Nein, in der zweiten Rede dann: Bevor die nächste Rednerin ans Rednerpult kommt, möchte ich noch kurz auf die Bedeutung einer klaren Ansprache und der Sichtbarmachung von Frauen eingehen – nur ganz kurz, denn mir ist das jetzt schon bei einigen Sitzungen aufgefallen. Männliche Alleinansprache können wir nicht mehr als Versehen abtun, sondern das ist für mich ganz einfach wirklich Respektlosigkeit (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W]), wenn wir bedenken, dass 42,6 Prozent hier im Bundesratssaal Frauen sind, und wenn wir bedenken, dass die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher ja Frauen sind. Frauen unsichtbar zu machen, heißt auch, die demokratische Realität zu verleugnen.

Weil wir nur mehr einige wenige Tage vor Weihnachten sind, habe ich mir auch einen Wunsch zurechtgelegt: Ich wünsche mir, dass die Mitglieder des Bundesrates von der FPÖ Frauen bewusst wahrnehmen, sie auch dementsprechend ansprechen, sodass wir alle einander mit Respekt begegnen können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

14.45

Vizepräsident Günther Ruprecht: Nun aber darf ich das Wort an Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser übergeben. (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Herr Bundesrat, bitte!)

RN/75

14.45

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Staatssekretär! (Bundesrätin Schwarz-Fuchs [ÖVP/Vbg.]: Staatssekretärin! – Bundesrat Reisinger [SPÖ/OÖ]: Unverbesserlich!) Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Mutter-Kind-Pass, mit dem Eltern-Kind-Pass diskutieren wir in der Tat ein sehr emotionales Thema, aber bei allen unterschiedlichen Ansichten und Meinungen sollte man doch bitte bei der Wahrheit bleiben. (Bundesrat Beer [SPÖ/W]: Wir lauschen!)

Frau Kollegin Schweiger hat behauptet, Herbert Kickl hat in seiner Zeit als Innenminister mehrere Geschlechter eingeführt. – Das ist falsch. (Staatssekretärin Königsberger-Ludwig: Nein!) Ich darf jetzt in einer Rede eine tatsächliche Berichtigung machen: Herbert Kickl hat damals in seiner Funktion als Innenminister nichts dergleichen eingeführt – nichts. Es war der Verfassungsgerichtshof: Der hat im Juni 2018 eine Entscheidung getroffen (Bundesrätin Prügl [ÖVP/OÖ]: Ah!), nämlich dass Menschen, die weder eindeutig männlich noch eindeutig weiblich sind, das Recht auf einen dritten Geschlechtseintrag haben – so war das umzusetzen. (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Das ist aber schon ein Verfassungsgerichtshofbeschluss! Der Verfassungsgerichtshof war das! Seids ihr auf die Verfassung vereidigt? Das gibt’s ja nicht! – Ruf bei der SPÖ: ... angelobt! – Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].)

Innenminister Kickl hat infolgedessen dann eine Richtlinie erlassen, dass ein dritter Geschlechtseintrag nur gegen Vorlage eines medizinischen Gutachtens erfolgen darf. – Also lassen wir die Kirche bitte im Dorf (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Nein, ...!): Das war keine Erfindung von unserem zukünftigen Volkskanzler, sondern es war schlicht und ergreifend der Verfassungsgerichtshof. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: ... wird das Mandat aberkannt, ... Verfassung ...!)

Wenn ich dann höre, dass Frau Bundesrat Prügl sagt, wie wichtig die Digitalisierung ist und dass die Menschen doch keine Angst vor der Digitalisierung zu haben brauchen: Es geht nicht um das Thema Digitalisierung; es geht darum, dass wir die Wahlfreiheit haben möchten. Die Menschen sollen frei entscheiden können (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Ob sie Manderl oder Weiberl sind!): Möchte ich den analogen Pass haben, oder möchte ich mit moderner Technik – also digital – arbeiten? (Beifall bei der FPÖ.)

Weil ich von der linken Reichshälfte, von den Sozialisten, immer wieder Zwischenrufe habe: Na ihr habt ja alles über Bord geworfen. (Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Ihr seids nicht einmal an Bord gegangen, weil ihr zu feig wart!) Wer ist denn im Wahlkampf 2024 noch dagestanden und hat gebetsmühlenartig gepredigt und den Bürgern versprochen, es bleiben die analogen Angebote? Na ja, alles habt ihr über Bord geworfen. Seit ihr in der Regierung seid, ist die Analogie bei euch in Vergessenheit geraten. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W]. – Bundesrat Wanner [SPÖ/Sbg.]: Und ihr seids aus der Analogie nicht rausgekommen! – Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: ... Frau Kollegin!)

Mutter-Kind-Pass, Eltern-Kind-Pass: Das ist ja ein traumhaftes Projekt, es ist 1974 eingeführt worden, und das Ziel war die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit. Auch die Früherkennung: Fehlentwicklungen des Kindes während der Schwangerschaft sind untersucht worden. Es ist ein absolutes Vorzeigeprojekt, wirklich toll – wir merken ja an den Emotionen, dass jeder irgendetwas damit anfangen kann.

Wer wurde denn mit diesem Mutter-Kind-Pass betreut? – Es waren nicht die werdenden Väter, sondern es waren eben die Kinder und die werdenden, schwangeren Mütter (Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]: Die Kinder schauen ...!); es geht um die Gesundheit von Mutter und Kind. Es ist gut so, ich unterstütze es ja: Ich habe ja im Bekanntenkreis, im Freundeskreis, in der Familie genügend Väter, die sich liebevoll und leidenschaftlich um die Kinder kümmern. (Bundesrätin Prügl [ÖVP/OÖ]: Deswegen sollen sie eingetragen werden, oder? ... in der Formulierung schon, oder?)

Nur: Das mit dem Eltern-Kind-Pass ist eine Augenauswischerei. Es sind zwar an die 150 Fragen darin zu beantworten – die Frauenärzte, die Gynäkologen stöhnen schon und fürchten sich davor –, aber in dem ganzen Eltern-Kind-Pass werden die Väter nicht erwähnt. Was soll dann diese Augenauswischerei? Lassen wir es doch beim Alten: Mutter und Kind, Mutter-Kind-Pass (Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]), denn zu beiden kommen die Eintragungen hinein. Oder wird jemals ein Vater mit dem Eltern-Kind-Pass untersucht? Wird da ein Vater untersucht? – Nein, ich denke nicht, dass ein Vater untersucht wird. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) Dieser Schritt wurde wieder einmal völlig links orientiert ideologisch beschlossen.

Sollte diese Umbenennung vielleicht weiters Tür und Tor für weitere Experimente öffnen? Ja, Nachtigall, ich höre dir trapsen. Werden vielleicht in Zukunft unsere Kinder von Dragqueens erzogen und müssen zur Mutter-Kind-Pass-Untersuchung? (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) Na, bei den Dragqueens passt dann Eltern-Kind-Pass-Untersuchung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wer weiß?

Was ich aber nicht verstehe, ist, warum die ÖVP als eigentlich wertkonservative Partei bei der ganzen linken Genderpolitik von Rot, Grün und Pink immer wieder mitspielt. Das kann ich nicht nachvollziehen. Frau Bundesrat Göll hat uns vorhin eh schon belehrt, dass sie da mehr Weiblichkeit haben möchte – und das ist Respekt. 

Ich möchte für mich selbst nicht als Frau Bundesrätin Steiner-Wieser angesprochen werden, sondern als Frau Bundesrat Steiner-Wieser. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: ... Herr!) Dieser Respekt wird mir ja auch nicht entgegengebracht. Ich bin mir aber sicher, dass eure verbleibenden Wähler das entsprechend zu werten wissen, denn ohne eure ständige Mithilfe als Steigbügelhalter für die ganzen linken Spinnereien wäre der ganze Irrsinn gar nicht möglich. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].)

Ja, der damalige Beschluss entbehrt jeglicher logischer Grundlage. Ach so. (Die Rednerin blättert in ihren Unterlagen.  Heiterkeit und Zwischenrufe bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und SPÖ.– So, ich habe schon noch etwas. 

Ich für meinen Teil werde sicherlich weiterhin Mutter-Kind-Pass sagen. Für die meisten Mütter ist dieses Dokument mit vielen emotionalen, warmherzigen Gefühlen verbunden. Aber jetzt können sich die anderen Parteien, jetzt könnt ihr alle euch wehren, wie sie wollen, wie ihr wollt: Mütter, also echte biologische Frauen, bekommen Kinder. Jede und jeder von uns hier im Bundesrat ist von einer Frau geboren worden. Das ist halt die Natur, das ist die Biologie – die will es nicht anders. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) Darum ist es auch gut und recht und sollte es den Mutter-Kind-Pass hoffentlich bald wieder einmal geben. 

Zum 18. Geburtstag meiner Kinder habe ich – was habe ich ihnen gegeben? – eine Dokumentenmappe mit Zeugnissen, ein kleines Sparbuch und eben den Mutter-Kind-Pass gegeben, weil der eben verbindet. Er verbindet einfach. Mein Sohn hat jetzt sogar darin nachgeschaut, als sein Sohn auf die Welt gekommen ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]. – Ruf bei der SPÖ: ... Mutter-Kind-Pass?)

Dieser Pass kann durch keine Papierausdrucke ersetzt werden. Das sollte nämlich jetzt zusätzlich noch alles digital gemacht werden. Aber wie bereits erwähnt: Es geht nicht um die Digitalisierung oder die Hemmnisse bei der Digitalisierung, sondern wir möchten echte Wahlfreiheit haben. Entweder analog oder dialog – die Menschen sollen sich das selbst aussuchen können. (Heiterkeit bei Mitgliedern des Bundesrates von ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Analog mit Dialog!)

Weil sie vorhin, Frau Staatssekretär, gesagt haben, es wird auch Mehrsprachigkeit eingeführt: Das verstehe ich gar nicht. In Artikel 8 der österreichischen Bundesverfassung steht drinnen: Deutsch ist Amts- und Landessprache. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) Warum wird jetzt ein amtliches Dokument mehrsprachig gemacht? Ich gehe einmal davon aus, dass alle hier aufhältigen, lebenden Menschen der deutschen Sprache mächtig sind (Beifall bei der FPÖ) oder sich zumindest so verständigen können, dass sie das eben auf Deutsch haben können. (Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank ist die Übertragung bald aus, weil das ist ...!  Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].)

Dieser Eltern-Kind-Pass entwickelt sich ja so ein bisschen zu einem Bürokratiemonster. (Bundesrätin Miesenberger [ÖVP/OÖ]: Jede Untersuchung ist es wert! Das ist kein Bürokratiemonster!) Wenn man da noch bedenkt, dass nach der Entbindung eines Kindes sechs Geschlechter, männlich, weiblich, inter, divers, offen oder keine Angabe, angegeben werden können, ist das für mich einfach nicht verständlich. (Ruf bei der SPÖ: Analog versteht man es aber auch nicht!) Ich sage sogar, es ist irre. Und wie man so schön sagt: Die Welt wird nicht mehr lange stehen. (Beifall bei der FPÖ.  Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) 

14.54

Vizepräsident Günther Ruprecht: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

RN/76

Abstimmung

Vizepräsident Günther Ruprecht: Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.