Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 176

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

21.00

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, daß wir die Einführung der Integration in die Sekundarstufe I hier in diesem Hohen Haus als Meilenstein gefeiert und unserer Freude darüber Ausdruck verliehen haben.

Ich möchte mich heute nicht mehr intensiv auf die Diskussion über den Sinn oder Unsinn der Integration einlassen, weil meine Vorredner ohnehin schon darauf eingegangen sind. Trotzdem möchte ich festhalten: Auch wenn wir dieses Gesetz als Meilenstein bezeichnet haben, sollten wir uns, wenn wir jetzt Reparaturbedürftigkeit erkennen, nicht scheuen, entsprechende Reparaturmaßnahmen vorzunehmen. Ich möchte dies aus meiner Sicht anhand von zwei Beispielen vergegenwärtigen.

Beispiel eins: Es wird rechtzeitig erkannt, daß bei einer Schülerin oder einem Schüler in Teilbereichen oder insgesamt sonderpädagogischer Förderbedarf besteht. Dieses Kind wird in eine Integrationsklasse eingeschult und durchläuft mit seiner Klasse in acht Jahren integrativ Volksschule, Hauptschule oder AHS-Unterstufe.

In Anbetracht der Forderung der Abgeordneten Schaffenrath nach Gleichberechtigung und mehr Schuljahren könnte ich jetzt sehr zynisch fragen: Und wo soll das Kind den Rest der Schulzeit absitzen? Wird es jetzt zwei, drei oder vier Jahre in der letzten Integrationsklasse sitzen und warten, bis es den Hauptschulabschluß schafft?

Ich würde eine Integration in Sekundarstufe II vorschlagen, aber nicht in der HTL oder in höheren berufsbildenden Schulen, sondern – ich sage das einmal bewußt unter Anführungszeichen – in einer "Berufsfachschule", wo diese Kinder, dem gesellschaftlichen Auftrag entsprechend, vorsichtig auf das Berufsleben vorbereitet und ins Berufsleben integriert werden können, ihnen gleichzeitig aber auch die ihnen noch fehlende schulische Bildung zuteil werden kann, damit, wenn noch Abschlüsse möglich scheinen, diese Abschlüsse dort auch gemacht werden können. Ziel muß die gesellschaftliche Integration mit Einbindung in das Berufsleben nach Art und Fähigkeit dieses behinderten jungen Menschen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Beispiel zwei – auch das gibt es heute noch, auch wenn wir die Integration beziehungsweise den sonderpädagogischen Förderbedarf insgesamt bereits festgeschrieben haben –: Ein Kind wird eingeschult, jedoch zurückgestellt, weil es die Schulreife noch nicht hat, und dann wieder eingeschult. Dieses Kind wird von den Eltern und mit deren Zustimmung zum freiwilligen Wiederholen der ersten Schulstufe motiviert. Dieses Kind hat dann möglicherweise auch noch während der Volksschulzeit Schulbahnverluste und bekommt erst dann sonderpädagogischen Förderbedarf. Dieses Kind wird integriert und schafft in der Integrationsklasse gemäß der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung keinen vollständigen Abschluß der Sekundarstufe I. – In diesem Zusammenhang müßten Erleichterungen geschaffen beziehungsweise muß das Prinzip des flexiblen Schuleinstiegs greifen, damit die eingangs von mir geschilderten Ungeschicklichkeiten mancher Pädagogen, die es leider Gottes auch noch da und dort gibt, keine Auswirkungen haben und diese Kinder dadurch keinen Schulbahnverlust mehr haben.

Zuletzt möchte ich noch etwas zu einem anderen Entschließungsantrag sagen, über welchen ich etwas verwundert bin: Nach jahrelangen Bemühungen wurde erreicht, daß Mädchen und Buben koedukativ im Schulunterricht unterrichtet werden. Mir ist bewußt, daß verschiedene Menschen beziehungsweise Kinder verschiedenartige Interessen haben. Daraus kann man aber doch nicht ableiten, daß es besser ist, wenn Mädchen wieder in eigenen Mädchenklassen unterrichtet werden, auch wenn das nur einzelne Gegenstände betrifft, und Buben in Bubenklassen! (Abg. Dr. Fekter: Darüber gibt es wissenschaftliche Studien!) Liebe Frau Kollegin! Ich war lange genug Lehrer in Unterrichtsfächern, die man nicht unbedingt als mädchenfreundliche Fächer bezeichnet, nämlich in Physik und Chemie. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Ich


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