Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 48

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Bericht der Volksanwaltschaft entnehmen. Sie sollten sich bei den Debatten, die wir, wie ich hoffe, anhand einer Enquetekommission zum Thema Sekten und Religionsgemeinschaften weiterführen werden, dies entsprechend zu Gemüte führen und diese Ratschläge beachten.

Noch ein Punkt, obwohl es keine große Sache zu sein scheint, ist mir aufgefallen und wichtig erschienen. Das betrifft – noch einmal darauf zurückkommend – den Bericht der Frau Volksanwältin Messner. Da geht es auf Seite 64 darum, daß die Volksanwaltschaft anregt, daß die in Österreich lebenden Opfer nationalsozialistischer Verfolgungshandlungen die Möglichkeit erhalten sollten, Beiträge nachzuentrichten, wenn sie in Österreich vom NS-Regime verfolgt worden sind und deshalb zum Beispiel am Schulbesuch gehindert wurden.

Jetzt finde ich alleine die Tatsache, daß wir als Gesetzgeber nicht imstande waren, über 40 oder 50 Jahre hinweg jenen Personen, die in Österreich verfolgt und benachteiligt worden sind, die sich vor den Schergen des NS-Unrechtsregimes verstecken mußten, ihr Recht zukommen zu lassen, und daß diese nicht mit all jenen gleichgestellt worden sind, die im Zweiten Weltkrieg für ein Mörderregime einen Wehrdienst leisten mußten, schon beschämend genug. Aber die Argumentation, die das Bundesministerium verwendet, ist noch beschämender.

Meine Damen und Herren! Ich erwarte mir vom Gesetzgeber für diese Personen, die hier in Österreich und nicht im Ausland verfolgt worden sind, klare Präzisierungen betreffend die Gleichstellung nicht nur mit jenen, die ins Ausland flüchten mußten, sondern auch betreffend die Gleichstellung mit jenen, die in Österreich für ein Mörderregime ihren Wehrdienst ableisten mußten.

Wenn ich mir nur vor Augen halte, daß illegale Nationalsozialisten, wie zum Beispiel Dr. Groß, wie zum Beispiel Herr Haider, Ehrenorden dieser Republik erhalten und keine sonstigen Benachteiligungen durch diese Republik dafür erhalten haben, daß sie als illegale Nationalsozialisten für ein anderes Regime und nicht für die Republik gearbeitet haben und selbstverständlich alle sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche geltend machen können (Zwischenruf des Abg. Scheibner ), während wir auf der anderen Seite für die Verfolgten im eigenen Land, die sich teilweise in Kellern verstecken mußten, diese Gleichstellung nicht schaffen, wenn ich mir das vor Augen halte, dann muß ich schon sagen: Alleine diese kurze Anregung auf den Seiten 64 und 65, meine Damen und Herren, sollte Sie als Gesetzgeber und sollte uns als Gesetzgeber eigentlich sehr schnell in die Lage versetzen, das zugunsten dieser Verfolgten zu ändern. (Beifall des Abg. Wabl. )

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stippel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.36

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Damen Volksanwältinnen! Sehr geschätzter Herr Volksanwalt! Ich möchte mich mit einem schwerpunktmäßig an erster Stelle stehenden Problem befassen, das bereits eine meiner Vorrednerinnen angeschnitten hat, nämlich mit der Frage des Antragsprinzips in der gesetzlichen Sozialversicherung. Ich meine, daß die Volksanwaltschaft zu Recht immer wieder eine diesbezügliche Regelung einmahnt. Ich glaube, daß es sinnvoll und aus sozialen Überlegungen seit jeher gerechtfertigt wäre, diese Hinweise der Volksanwaltschaft ernsthaft aufzugreifen.

Da bereits im Bereich der Hinterbliebenenleistungen für Waisen eine sehr sinnvolle Erleichterung für die Anspruchsberechtigten erreicht wurde – auch auf Anregung der Volksanwaltschaft –, scheint mir der nächste logische Schritt zu sein, die Leistungen für die hinterbliebenen Ehepartner oder aber auch die hinterbliebenen geschiedenen Ehepartner in der Weise zu regeln, daß diese ebenfalls rückwirkend, und zwar bis maximal fünf Jahre ab Antragstellung, zur Auszahlung gelangen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns diesbezüglich zu einer gesetzlichen Regelung verstehen, dann helfen wir vor allem denjenigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die in der Regel nicht in der Lage sind, zu ihrem Recht zu kommen.


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