Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 137

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wurden, zu installieren. Ich kann mich noch sehr gut an Zeiten erinnern, in denen sehr viele private Personen und auch Personen in der Öffentlichkeit weggeschaut und dieses Thema negiert oder wegdiskutiert haben.

Heute nach diesem langen Weg haben wir vieles institutionalisiert, die entsprechenden Einrichtungen sind mehr und mehr vorhanden, die Geldmittel werden zur Verfügung gestellt, die Rechtsmittel werden verbessert, und dieses Thema tritt aus dem Tabubereich heraus. Gott sei Dank: Wir klagen an, wir zeigen auf und wir bekämpfen. Ich denke, daß die gesamte Gesellschaft sehr gut beraten ist, diesen Weg sehr ernsthaft, ohne Polemik und ohne Mißbrauch dieses Themas weiterzugehen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich denke auch, daß wir da noch sehr vieles zu tun haben.

Es ist bis heute oft und oft nicht Schande der Täter, weil sie Täter sind, sondern Schande der Opfer, weil sie als solche nach wie vor dargestellt werden. Wir haben noch immer häufig die breite Akzeptanz in der Gesellschaft, daß Gewalt in der Familie, sexuelle Gewalt etwas ist, womit man am liebsten nichts zu tun haben will und was man wegdiskutieren will. Es ist notwendig, daß die Zahlen der Anzeigen, aber auch jene der Verfahren und der Verurteilungen steigen. Damit sich aber gesellschaftlich generell etwas ändern kann, brauchen wir natürlich das Empfinden der Gesellschaft und damit hoffentlich auch das Empfinden der Täter, etwas getan zu haben, womit sie Individuen und die gesamte Gesellschaft verletzt haben. Es kann nicht angehen, daß dieses Thema der sexuellen Gewalt und des sexuellen Mißbrauches zum Teil immer noch als Kavaliersdelikt dargestellt wird, daß vielfach in der Gesellschaft, in den eigenen Familien und in der Nachbarschaft weggeschaut wird, daß keine Zivilcourage geübt wird, weil man eben mit diesem unangenehmen Thema nichts zu tun haben will.

Wir brauchen die intensive Arbeit mit den Kindern, damit sich diese Kinder auch wehren können, damit sie aufstehen und sagen können, da geschieht mir Unrecht, da passiert etwas, was ich nicht zu akzeptieren brauche, was ich ablehnen kann und wogegen ich mich auch wehren kann. Dazu braucht es aber auch die Auseinandersetzung mit der Sexualität allgemein, und dazu braucht es auch eine neue Qualität einer aufgeschlossenen und modernen Gesellschaft.

Wir haben vieles auf den Weg gebracht, viele Maßnahmen gesetzt und viele Einzelprojekte verwirklicht, und wir wenden erfreulicherweise mehr und mehr Geld auf, um das alles auch zu garantieren. Aber nur gemeinsam werden wir erreichen können, daß der Mißbrauch von Kindern – ein Thema, das wir wohl nie gänzlich von der Tagesordnung werden nehmen können – so in dieser Gesellschaft bewertet wird, wie wir es den Kindern und den Frauen gegenüber verantworten können, nur gemeinsam werden wir erreichen können, daß wir diesen Kindern und Frauen so gegenübertreten können, wie wir ihnen gegenübertreten wollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Dr. Povysil. Die Restredezeit beträgt nur mehr 2 Minuten. – Bitte.

17.57

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler hätte heute bei seiner Beantwortung der Dringlichen Anfrage nicht so laut werden müssen: Schreien ist Aggression, Aggression ist Furcht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mißhandelte Kinder sind still, sie sind unendlich still. Sie bleiben alleine, sie können nicht mehr schlafen. Sie schreien in der Nacht, sie haben Kopfweh, sie haben Bauchschmerzen, sie nässen ein, sie koten ein. Sie sind ratlos. Wissen Sie, was sexueller Mißbrauch ist? Sexueller Mißbrauch ist Mord, Mord an der kindlichen Seele, meine Damen und Herren!

Einen Menschen, der durch Jahre hindurch Kinder und Jugendliche in seine Abhängigkeit gebracht hat, nach Verbüßung der Strafe sofort wieder in die Gesellschaft zu heben, sodaß er wieder Macht hat, das öffnet Tür und Tor für weitere Experimente dieser Art. 


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