Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 38

19.39

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Jetzt, Frau Kollegin Haller, verstehe ich, warum Sie neulich von einer "eloquenten" Sozialpolitik gesprochen haben. Ich nehme aber an, daß Sie eine effiziente gemeint haben. Offensichtlich ist Ihnen aber dieser Ausdruck fremd. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind weder effizient noch eloquent!)

Kollege Öllinger hat heute die Zahl der Vollzeitbeschäftigten, die unter 12 000 S Einkommen erzielen, angesprochen und hat diesen Umstand kritisiert. Kollege Kier hat das Thema Armut - wenn auch sehr vereinfacht, möchte ich sagen, so doch immerhin - dargestellt.

Selbstverständlich ist das Einkommen (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath) - Sie müssen zuhören, Frau Kollegin, dann werden Sie es schon hören -, das man aus der selbständigen Erwerbsarbeit erzielt, ein wesentlicher Punkt zur Frage, inwieweit Armut in einem Staat bekämpft werden kann oder nicht.

Aus dem Sozialbericht ist aber auch die Lohndiskriminierung von Frauen deutlich erkennbar - Frau Kollegin Motter hat das heute bereits mit Fakten vom Rednerpult aus angesprochen -, ein Problem, das europaweit vorhanden ist und das noch kein Staat in den Griff bekommen konnte, wie ich mich kürzlich bei einer EGB-Frauenkonferenz überzeugen konnte. Auf jeden Fall steht fest, daß in dieser Frage vor allem die Wirtschaft gefordert ist. Ich denke beispielsweise - da ja die Ärzteeinkommen auch gerade ein Thema sind, Frau Bundesministerin - an den Kollektivvertrag, den die Ärzte den Ordinationshilfen oder den Zahnarzthelferinnen anbieten. Da kann man ja wirklich nicht davon reden, daß das in einer Relation zu ihrem eigenen Einkommen steht.

Deutlich wird das alles vor allem auch bei der Neuregelung der Nachtarbeit, die vorhin bereits angesprochen wurde. Viele Betriebe, die bis dato gefordert haben, Frauennachtarbeit müsse möglich sein, Frauennachtarbeit sei existenzbestimmend für die österreichische Wirtschaft, zeigen nun, da sie aus dieser Lohndiskriminierung keinen so großen Vorteil mehr erwarten und erzielen können, kein Interesse mehr an dieser Frauennachtarbeit.

Auch das Einsetzen von Teilzeit zur Arbeitszeitflexibilisierung - auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - vergrößert diese Einkommensschere. So sind 398 000 Frauen teilzeitbeschäftigt, hingegen nur 86 000 Männer.

Existenzsichernde Arbeit muß ein Ziel sein, und zwar von allen gesellschaftlichen Schichten in Österreich, um den Wohlstand in unserem Staat halten zu können. Es muß also auch im Interesse der Wirtschaft liegen. Dazu gehört auch das Angebot von Arbeitsplätzen statt von Arbeitsplätzchen.

Statt einem Heer von Working poor, wie es uns andere Länder vorzeigen, muß bei uns der Abbau von regelmäßigen Überstunden und Arbeitszeitverkürzung endlich ein Thema sein, bei dem uns auch die Wirtschaft ernsthaft entgegenkommt und Gesprächsbereitschaft zeigt. Die soziale "Hängematte" ist wohl nur aus der Sicht von der obersten Etage des Zuhauses einiger Unternehmer, vielleicht von deren Gartenterrasse aus, sichtbar, den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Österreich hingegen wird von der Wirtschaft ein so enges Korsett angelegt, daß ihnen kaum Luft zum Atmen bleibt.

Auf legistischer Ebene ist viel geschehen, um den ArbeitnehmerInnen, um den arbeitenden Menschen in Österreich zu helfen. Frau Bundesministerin, Sie haben ja selbst das Beispiel der arbeitnehmergerechten Flexibilisierungsmöglichkeit angesprochen. Bei der Umsetzung dieser legistischen Maßnahmen ist aber nun die Wirtschaft in Österreich gefordert. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich habe nun eine Wortmeldung des Abgeordneten Wabl. - Da Herr Abgeordneter Wabl nicht im Saal ist, kann diese Wortmeldung keine Berücksichtigung finden.


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