Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 194

seine Tätigkeit in dieser Form fortsetzt und sie keiner Veränderung zugeführt wird, dann müssen sich die Regierungsparteien auch den Vorwurf gefallen lassen, hier nur mit einem demokratiepolitischen Feigenblatt zu arbeiten.

Auffällig, sehr geehrte Damen und Herren, ist auch, wie man mit unangenehmen Petitionen umgeht, zum Beispiel mit jener Petition, die meine Kollegin Aumayr eingebracht hat, daß bei einem Volksbegehren mit mehr als 500 000 Unterschriften automatisch und zwingend eine Volksabstimmung erforderlich sein soll. Hier wurde – bestens unterstützt von den beiden sogenannten kleinen Oppositionsparteien – argumentiert: 500 000 Leute findet man in Österreich ja auch schnell einmal, um sich für die Todesstrafe auszusprechen.

Es fällt mir sehr schwer, das ernst zu nehmen, noch dazu, wenn Oppositionsparteien hier unisono mit einstimmen und dieses Ansinnen, diese Petition negativ behandelt wissen wollen, die es bei den letzten Wahlen – weder die eine noch die andere – nicht geschafft haben, diese Anzahl von Stimmen, nämlich 500 000, zu erreichen. Abgesehen davon, daß damit offenkundig wird, daß kein Interesse daran besteht, den Bürger auch tatsächlich am politischen Geschehen in dem ihm zustehenden und erforderlichen Maße zu beteiligen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuchs. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.47

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen gehört nicht zu den Gremien des Nationalrates, die häufig in der Tagespolitik anzutreffen sind. Die 17 Abgeordneten, die sich in diesem Gremium um Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmern, erfüllen jedoch eine der elementaren Pflichten der Volksvertretung, nämlich sich der Probleme der Bürgerinnen und Bürger nicht nur allgemein, sondern auch ganz persönlich anzunehmen. Kein Staat, keine Gesellschaft, keine Bürokratie und keine politische Institution ist unfehlbar. Jedes noch so ausgefeilte Gesetz und jede noch so gründlich durchdachte Regierungsverordnung kann in der Praxis Mängel zeigen oder Lücken aufweisen. Daher ist die Bedeutung dieses Ausschusses doch deutlich zu sehen. Ich sehe das zumindest so, im Gegensatz zu meinem Vorredner der Opposition.

Wir haben zwischen 1996 und 1998 neben acht Sitzungen auch insgesamt drei Hearings abgehalten, zu denen Experten und Betroffene eingeladen wurden. Wir haben aber auch Abstand genommen von der Behandlung von zwei Petitionen und drei Bürgerinitiativen.

Im Zusammenhang mit der Bürgerinitiative betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich fand eine Vorführung des Österreichischen Blindenverbandes im Umkreis des Parlamentsgebäudes statt. In diesem Rahmen stellten ausgebildete Blindenführhunde ihre Fähigkeiten als Partner von Sehbehinderten unter Beweis.

Grundsätzlich hat sich der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen zur Vorbereitung seiner Entscheidungen über die einzelnen Anliegen in vielen Fällen an die Bundesministerien, die Volksanwaltschaft und andere Behörden beziehungsweise Organisationen mit dem Ersuchen um Stellungnahmen gewandt. Ich möchte hier als Ausschußvorsitzende die insgesamt sehr gute Zusammenarbeit mit den erwähnten Institutionen betonen und mich dafür bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen ersten Erfolg konnten wir bei der Petition Nr. 3, "Bus und Bahn für alle – Resolution für ein Gleichstellungsgesetz", verbuchen, die von zahlreichen Behindertenverbänden eingebracht wurde. In der von allen fünf Parlamentsfraktionen gemeinsam überreichten Initiative verlangten die Unterzeichner die behindertengerechte Ausstattung der öffentlichen Verkehrsmittel, und aufgrund der Initiative des SPÖ-Klubs wurde im Verfassungsausschuß und schließlich in der Nationalratssitzung vom 9. Juli 1997 das Bundes-Verfassungsgesetz dahin gehend geändert und ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für behinderte Menschen beschlossen.


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