Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 145. Sitzung / 54

Herr Finanzminister! Sie waren gestern in Bonn und haben mit Lafontaine gemeinsam eine Pressekonferenz gegeben. Sie waren dabei, als über die Frage des Stabilitätspaktes diskutiert wurde. Mich erfüllt es mit Sorge ... (Bundesminister Edlinger: Daß ich in Bonn war?) Nein, sondern was dort – nicht von Ihnen, aber von Lafontaine – über die Frage des Stabilitätspaktes gesagt wurde. Wir sind jetzt in der Phase, daß wir den Euro am 1. Jänner 1999 einführen und drei Jahren später in Bargeld umsetzen werden.

Daß Sie von der Europäischen Zentralbank Zinssenkungen verlangen, halte ich für legitim. Daß Sie die Frage stellen, ob man die Investitionen des Staates aus der Defizitquote herausrechnen sollte, halte ich hingegen für ein sehr gefährliches Spiel. (Beifall beim Liberalen Forum. – Bundesminister Edlinger: Das ist nicht von mir!) Darüber wurde auf europäischer Ebene gesprochen. Sie waren dabei und haben sich im anschließenden Interview ... (Bundesminister Edlinger: Kommissar Monti hat diesen Vorschlag gemacht!) Sie treten diesem Vorschlag also nicht bei? (Bundesminister Edlinger: Ich habe gesagt, man muß darüber diskutieren!)

Gut, dann diskutieren wir darüber. Ich versuche es gerade, weil ich es für einen sehr gefährlichen Weg halte, wenn wir die Investitionen des Staates aus der Defizitquote herausrechnen und damit implizit sagen, daß die Defizitquote des Staates nur noch dazu dient, das Mehr an staatlichem Konsum zu finanzieren, das wir durch die Steuern nicht bedecken können. Das heißt, wir kommen damit in eine Situation, in der wir den Wert unserer Währung sehr stark in Frage stellen.

Ich weise darauf hin, daß die Zinssteuerquote trotz sinkender Tendenz netto noch immer über 20 Prozent beträgt und daß wir in den letzten 30 Jahren im Vorgriff auf die Zukunft gelebt haben. Das müßte Sie, Herr Finanzminister – da auch Sie Enkelkinder haben –, genauso wie mich betreffen. Ich denke daher, die Währungspolitik sollte man bei der Europäischen Zentralbank belassen und sie nicht dem Wahlspiel der Finanzminister anheimstellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

11.41

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Minister Edlinger! Die Debatten ähneln einander sehr: Wir hören von Ihnen regelmäßig, was nicht geht. Zum Beispiel wird eine Änderung beim 13. und 14. Monatsbezug zugunsten einer Änderung der Steuerstruktur in der Lohn- und Einkommensteuer von Ihnen offensichtlich als politisch nicht machbar eingeschätzt. Alles, was den Finanzausgleich betrifft, ist ebenfalls tabuisiert und nicht machbar.

Sehr viel bleibt dann nicht übrig, aber einige große Brocken sind es doch, und daran möchte ich Sie erinnern. Wenn Sie sich wirklich ausschließlich auf den Bereich der Bundessteuern konzentrieren, dann lade ich Sie dringend dazu ein. Sie haben einige freundliche Worte zum Steuerreformprogramm der Grünen gefunden, nämlich zur Ökologisierung der Steuerstruktur und zur Entlastung der Arbeit einerseits sowie zur Anhebung der Energiesteuern andererseits. Das geht, ohne daß Sie den Finanzausgleich aus den Angeln heben müssen, ja unserer Meinung nach geht es sogar, ohne ihn auch nur am Rande zu berühren.

Wenn Sie gleichzeitig den anderen Punkt ernst nehmen, den Sie auch als zentralen Pfeiler der Steuerreform genannt haben, nämlich die Senkung der Arbeitskosten, dann frage ich mich, wie Sie im Rahmen eines nachhaltigen Steuerkonzepts – erlauben Sie mir, den Ausdruck "Nachhaltigkeit" auch in diesem Zusammenhang zu verwenden – eine nachhaltige Senkung der Arbeitskosten ohne Ökologisierung des Steuersystems erreichen können – es sei denn, Sie wollen das Defizit erhöhen – was ich nicht glauben kann – oder drastische Maßnahmen im Bereich der Vermögensteuern treffen, also in einem Bereich, den Sie implizit tabuisiert haben, ohne ihn hier ausdrücklich zu erwähnen.


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