Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 55

im heurigen Jahr die ersten Rückgaben durchführen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin nicht stolz, daß wir 50 Jahre für dieses Gesetz gebraucht haben, aber ich bin froh, daß es nun einen breiten Konsens für eine gesetzliche Grundlage zur Rückgabe von Kunstgütern gibt, auf welche die Besitzer einen moralischen Anspruch haben. Es ist keine Wiedergutmachung, aber es ist ein Stück mehr Gerechtigkeit, die wir mit diesem Gesetz zeigen wollen. Wir werden die Kunstwerke ihren Eigentümern oder Erben zurückgeben. Österreich setzt damit für sich selbst, aber auch über seine Grenzen hinaus ein Signal zu einem neuen Bewußtsein in der Aufarbeitung eines unrühmlichen Teils seiner Geschichte.

Ich danke allen, die in den letzten Monaten mit großer Intensität ihren Beitrag zur Erforschung der Provenienzen in den Bundesmuseen und Sammlungen geleistet haben, und ich danke allen, die zur Erarbeitung dieses Gesetzes beigetragen haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.45

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gestatten Sie mir zum vorliegenden "Reparaturgesetz" eine Anmerkung zu den Ausführungen der Vorrednerin Schmidt.

Es ist schon zu überlegen und in das Wissen miteinzubeziehen, daß das Kunsthistorische Museum seit 1945 Aufarbeitungen tätigt – allerdings unter den jeweiligen Bedingungen betreffend personelle Besetzung, unter den besonderen Bedingungen der Nachkriegszeit; dann gab es den großen Sprung, der etwa mit der Teilrechtsfähigkeit einsetzte. Und es ist Direktor Seipel zu verdanken, daß er im wesentlichen aus diesen Mitteln den Jubiläumsband 1991 erstellen ließ und in diesem sehr offen und ehrlich die Lücken der Aufarbeitung dargestellt hat.

Ich meine, es muß auch in Rechnung gestellt werden, unter welchen Bedingungen Aufarbeitung in den Bundesmuseen, in den Sammlungen insgesamt stattgefunden hat – nicht zureichend, das soll keine Beschönigung sein. Aber um der Gerechtigkeit die Ehre zu erweisen, sollte man doch sagen, wie dieser Prozeß in Gang gekommen ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.)

Zur Dynamik der Frau Ministerin: Sie haben in öffentlichen Stellungnahmen lesen können, daß man ihr für die Dynamik, für das Tempo und für das Engagement gedankt hat. Das soll von denselben Leuten zitiert werden, die sie im Zusammenhang damit gemeint haben, daß die Republik nicht das nötige Tempo an den Tag gelegt hätte.

Ich meine, daß das auch gesagt sein soll, wenn es darum geht, eine Stellungnahme zu dem abzugeben, was wir heute tun. Heute geht es ganz sicher um ein Reparaturgesetz, das noch nicht die Zwangsarbeiter miteinbezieht. Diese Zwangsarbeiter-Anerkennung wird aber hoffentlich in einer nächsten Maßnahme, nämlich in einer differenzierten Aufgabenerweiterung des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus, in gewisser Weise möglich gemacht werden. Aber eines nach dem anderen.

Es gibt zwei Dinge, die mir in diesem Zusammenhang wichtig sind, vor allem in der Konfrontation und in der Gegenüberstellung mit der Jugend. Was ist es, was wir hier tun? – Spät, aber doch verhelfen wir Leuten zu ihrem Eigentum. Wenn wir am Ausgang unseres Jahrhunderts, Jahrtausends das Privateigentum und seine Wertschätzung so hochhalten, dann müssen wir diese Anerkennung von Eigentumsrechten als das benennen, was sie eben sind.

Wir haben gesagt, es sei unlauter und nicht in Ordnung, von einer Wiedergutmachung reden zu wollen. Also was ist es? – Es ist ein Versäumnis gutzumachen, das längst hätte gutgemacht


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