Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 67

Im Rückstellungsverfahren artikulierte sich den Opfern gegenüber ein hartes, selbstgerechtes: "Mir san mir!" Und: "Mir ham nix tan!" Über allem schwebt dieser heute schon öfter zitierte Satz von Oskar Helmer "Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen." – Diese Worte haben das moralische Klima der Zweiten Republik bis zum heutigen Tag vergiftet.

Ich möchte sagen, daß der Autor Ralph Giordano von einer "zweiten Schuld" gesprochen hat, nämlich jener, daß man nicht auf Auschwitz, auf die Tatsache der Hinrichtung von Juden reagiert hat und daß man das quasi als "zweite Schuld" mit in die Republik geschleppt hat.

Mit dem heute zu beschließenden Gesetz möchte ich die Hoffnung verbinden, daß wir im Angesicht dieses Satzes von Oskar Helmer sagen können: Wir sind am Ende dieser Länge angekommen. – Ich möchte noch hinzufügen, daß es das Verdienst – und das sage ich jetzt ganz bewußt – einer ÖVP-Ministerin war, daß sie 15 Jahre nach Kreisky und vier Jahre nach Scholten dieses Gesetz, das wir heute beschließen, erarbeitet und vorgelegt hat.

Ich möchte damit diese Sache zwar nicht ruhen lassen, aber ich möchte nicht mehr darüber reden. – Aber ich möchte doch noch einiges sagen, und zwar zu den gestrigen Vorfällen:

Kollege Haigermoser hat hier folgendes gesagt – ich zitiere –: "In der Parteiakademie der Österreichischen Volkspartei, das ist jenes Springer Schlößl, das die ÖVP einem jüdischen Vorbesitzer abgestohlen hat ..."

Präsident Dr. Heinz Fischer: "Herr Abgeordneter, bitte, ich ..." – Abgeordneter Dr. Haider: "Das stimmt ja!" – Zitatende.

Ich möchte noch einmal zum Mitschreiben wiederholen: Das Springer Schlößl ist nach 1938 arisiert worden, im Jahre 1947 an den Besitzer, an die Besitzerin rückgestellt worden und im Jahre 1953 zu einem marktgerechten Preis an den "Verein der Wiener Volksheime" verkauft worden. Wenn Dr. Haider und Herr Haigermoser sagen, das wäre erstohlen und gestohlen worden, dann ist das, bitte, eine politische Verleumdung der Sonderklasse, und zwar noch auf Kosten eines Gesetzes, zu dem wir uns angeblich alle hier im Nationalrat bekennen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Bei der Vergangenheit Ihrer Partei sollten Sie sich hier nicht zum Sittenrichter aufspielen! (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ungeheuerlich! Diese Unterstellungen! Ordnungsruf!)

Und noch einmal: Eine Partei, die einen Parteiführer hat, der im Bärental wohnt, sollte nicht mit Springer Schlößln um sich werfen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Grünen.)

12.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Dr. Krüger  in Richtung ÖVP –: Das habt ihr nicht entgegnet, was im "Format" gestanden ist! ... die zerstörten Anwesen ...!)

12.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Debattenbeitrag des Kollegen Morak hat ja gezeigt, daß er sich nicht ganz wohl in seiner Haut fühlt (Beifall bei den Freiheitlichen) – auch die ÖVP nicht, auch die SPÖ nicht, wenn nun eben Dinge zutage treten, die man bis jetzt verschwiegen hat. Ich erinnere etwa an die Sendung "Zur Sache", in der der Historiker Jagschitz ja von einigen anderen Beispielen, wer sich – nämlich nicht nur die damals vorhandenen politischen Parteien, sondern auch Interessenvertretungen und andere staatliche und halbstaatliche Institutionen, Kollege Morak – nach dem Krieg so alles unter den Nagel gerissen hat, berichtet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind doch die Dinge, die wir heute – 50 Jahre nach Kriegsende – einmal aufzeigen und bei denen wir uns überlegen sollten: Was ist damals wirklich mit diesem vorher arisierten Eigentum passiert, was ist wirklich den wahren Eigentümern vorenthalten worden, was ist mit diesen Gütern passiert und wer profitiert vielleicht noch bis heute von diesen Gütern? – Es wäre doch einmal interessant, auch das durch eine Historikerkommission untersuchen zu lassen.


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