Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 152

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Insgesamt hätten Sie noch fast 14 Minuten Redezeit. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.15

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Es lichten sich die Reihen. (Abg. Dr. Khol: Weitermachen!) Weitermachen – wo wollen wir weitermachen? (Abg. Dr. Khol: Beim Vorkaufsrecht der Sparkassen!)

Wir haben vor der Dringlichen Anfrage mit dem Thema Sparkassengesetz, AVZ und so weiter aufgehört. Ich wiederhole ganz kurz: Erstens habe ich die "Feudalisierung" der Gemeindesparkassen, insbesondere der AVZ, kritisiert.

Zweitens habe ich aufgezeigt, daß die Gemeinden keinerlei Möglichkeit haben, den Beschluß der Gemeindesparkasse darüber, ob die Umwandlung in eine Privatstiftung erfolgen soll oder nicht, zu beeinflussen. Das ist einzig und allein Sache der Gemeindesparkasse – in diesem Fall der AVZ – selbst.

Ich habe drittens kritisiert, daß zwar nach dem Gesetz eine Stiftung selbstverständlich einen Zweck haben muß und daß deswegen die Stiftungserklärung zu klären hat, wofür die Erträge des Stiftungsvermögens einzusetzen sind, daß aber wir im Hohen Haus nichts darüber wissen, wie diese Stiftungserklärung aussehen wird, wer die Begünstigten sein werden, wer die begünstigten Bevölkerungskreise sein werden, und so weiter.

Viertens habe ich kritisiert, daß das alte Problem der Haftung der Gemeinden für die Verbindlichkeiten der Gemeindesparkassen – in diesem Fall der Bank Austria – nicht gelöst ist, sondern daß nach wie vor die Gemeinde für die Verbindlichkeiten haftet, allerdings auslaufend, das heißt, für die sogenannten Altschulden. Das zieht sich dann mindestens 10 Jahre lang hin.

Fünftens habe ich kritisiert, daß das sogenannte Aufgriffsrecht des Zentralinstituts – das heißt in diesem Fall, das Aufgriffsrecht der Ersten Österreichischen – im Zweifel nicht EU-kompatibel ist und daß eine Merkwürdigkeit darin besteht, daß die Erste einerseits ein Aufgriffsrecht gegenüber einem Verkauf von Anteilen durch die AVZ hätte, andererseits angeblich durch eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen diesen Banken genau das ausgeschlossen ist.

Sechstens – das ist fast schon der unwichtigste Punkt – steht das, was heute im Nationalrat beschlossen wird, in diametralem Widerspruch zu dem, was der Gemeinderat in Wien vor rund einem Jahr, am 27. Mai 1997, beschlossen hat. Damals wurde nämlich folgendes beschlossen: erstens die vollständige Privatisierung, zweitens, daß die Haftung erlischt, und drittens, daß das Kapital aus dem Verkauf dann der Gemeinde zur Verfügung stehen soll.

All das wird nicht erreicht. Es ist keine Zustimmung zur Umwandlung erforderlich. Es wird keinen offiziellen Einfluß des Gemeinderates auf die Organe der Privatstiftung geben. Es wird aber selbstverständlich einen Einfluß der SPÖ geben, das ist schon klar. Es wird ferner keinen Einfluß auf die Ausschüttungspolitik der Privatstiftung geben – wiederum keinen offiziellen Einfluß, aber daß es einen inoffiziellen Einfluß der SPÖ geben wird, ist auch klar. Quasi als Lohn dafür bleibt die Haftung der Gemeinde aufrecht.

Ob das verfassungsrechtlich einwandfrei ist, ist wieder eine ganz andere Frage. Der Nationalrat beschließt darüber, daß die Gemeinde auf verschiedene Rechte verzichtet, aber alle Pflichten bis auf weiteres behält. Aber darüber sollen die Juristen entscheiden.

Abschließend: Meines und unseres Erachtens liegt da eine "Feudalisierung" der Gemeindesparkassen vor, insbesondere der AVZ als wichtigstem Teil dieses Gesetzes. Das andere ist im Vergleich dazu Kleinkram. Die SPÖ immunisiert ihre Macht in diesen Institutionen – wiederum vor allem im Rahmen der AVZ, das heißt, der Bank Austria. Sie immunisiert ihre Macht gegen "demokratische Kleinigkeiten" wie künftige Wahlergebnisse, Zusammensetzung des Gemeinderates, Beschlüsse des Gemeinderates und so weiter. Das alles ist irrelevant.


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