Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 19

Haben Sie den Mut, die Gesellschaft zu öffnen! Haben Sie den Mut, Nahversorgung wieder zu ermöglichen! Setzen wir – wir Abgeordneten im Parlament, die dafür verantwortlich sind – dem Markt Rahmenbedingungen, mit wirtschaftlichem und sozialem Augenmaß! Befreien wir ihn aus seinem Gefängnis, dann wird er auch im Bereich der Nahversorgung wieder funktionieren! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema der Aktuellen Stunde wird sich (beim Versuch von Bundesminister Dr. Farnleitner, das Mikrophon auf die richtige Höhe einzustellen, zerfällt es in mehrere Teile), wenn das Mikrophon wieder funktionsfähig ist, der Herr Bundesminister zu Wort melden. – Bitte, Herr Minister. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.

9.12

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! (Das Mikrophon ist nach einigen Versuchen wieder funktionstüchtig.) – So funktioniert die rhetorische Nahversorgung! (Heiterkeit.)

Nun zum Problem. Mein Haus hat nach der Änderung der Ladenöffnungszeiten wie der Gewerbeordnung, in der wir einige Dinge geändert haben, in zwei Enqueten versucht, diese Probleme mit den beteiligten Wirtschaftskreisen eingehend zu erörtern.

Ein Punkt war jedenfalls klar: Die meisten Nahversorger Österreichs sperren zu, weil ihnen die Konsumenten abhanden kommen. Die Klage, die wir quer durch die Bank hören, lautet, daß die traditionellen Wochen-Großeinkäufe von länger haltbaren Konsumgütern jedenfalls in zentralen Märkten stattfinden, während die Nahversorger dann nur mehr Milch, Brot und all das, was man halt täglich schnell braucht, verkaufen. Davon können die meisten Nahversorger nicht im geringsten leben und geben daher auf. – Das ist ein Teil der Facette, das, was die Ursachenanalyse anlangt.

Ich bin mit Herrn Abgeordnetem Peter durchaus einer Meinung. Erinnern Sie sich an die Ladenöffnungsdiskussion: Ich selbst habe damals vorgeschlagen, keine Unterscheidung zwischen Tourismusgemeinden und anderen Gemeinden zu machen. Der österreichische Staatsbürger sollte überall gleich verwöhnt werden und nicht Tourist sein müssen, um mehr verwöhnt zu werden! – Das ist eine Grundsatzposition.

Wir haben in der damaligen Ladenöffnungsnovelle für Pendlergemeinden andere Öffnungszeiten vorgesehen. Wir haben andere Öffnungszeiten für Familienbetriebe vorgesehen. Wir haben andere Öffnungszeiten für Ortszentren vorgesehen und entsprechende Ermächtigungen an die Landeshauptleute gegeben. Davon Gebrauch ist nur in den geringsten Fällen gemacht worden: in Bregenz und in Salzburg, bei Familienbetrieben nur im Burgenland. Das heißt, daß wir in der Umsetzung des durchaus liberaleren Ladenöffnungsrechtes nicht sehr weit gekommen sind. – Das ist einmal eine Feststellung zum Zustand.

Damals, als ich die Einkaufszentrenverordnung erlassen habe, habe ich mit den Vertretern der einschlägigen Wirtschaftssektoren vereinbart, daß diese Maßnahmen durch zwei weitere Maßnahmen zu flankieren sind: durch ein stärkeres Ortsmarketing, ein Ortszentrummarketing, und durch eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten in den Zentren. Ich bekomme fast täglich Briefe von Kaufleuten, die schreiben: Könnte ich nur am Abend, wenn am Hauptplatz in unserem Ort etwas stattfindet – ein Event wie etwa in Wiener Neustadt –, offen haben, dann hätte ich in dieser Zeit schon mehr Kunden als während des ganzen Tages! – Diese Art von Flexibilität müßte möglich sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Motter.)

Wir haben ja auch in Diskussionen deutlich gemacht, daß es nicht darum geht, die Unternehmen mit Fremdbeschäftigten zu liberalisieren, aber ich halte es persönlich noch immer für außerordentlich zweckmäßig, daß Familienbetriebe, die sich um ihre Kunden kümmern wollen, das dürfen sollen, wenn sie es wollen, und nicht nur dann, wenn es irgend jemand erlaubt. – Das ist meine grundsätzliche Position.


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