Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 27

Man muß sich endlich einmal überlegen, wie Verkehr und Parkplätze für die Einkaufszentren betriebswirtschaftlich zur Geltung gebracht werden könnten. Wir brauchen so etwas wie eine "Verkehrserregerabgabe", die wirklich einmal die Lasten gerecht verteilt, denn Einkaufszentren locken Verkehr an und ziehen somit auch volkswirtschaftliche Kosten nach sich. Ich plädiere: Machen Sie sich stark für eine "Verkehrserregerabgabe", damit in dieser Hinsicht endlich Chancengleichheit hergestellt wird!

Der von den Liberalen eingebrachte Aspekt der Ladenöffnungszeiten ist für mich sekundär. Primär sind der Verkehrsbereich und die Raumordnung. Ich möchte hier aber klar und deutlich sagen: Wir sind dagegen, daß die Sonntagsruhebestimmungen ausgehöhlt werden. Es muß gesellschaftliche Kernzeiten geben, in denen die Kommunikation in den Familien, in Freundeskreisen und in der Nachbarschaft möglich ist. (Abg. Mag. Peter: Stellt keiner in Frage!) Durch eine totale Liberalisierung der Arbeitszeit, Tag und Nacht, die ganze Woche hindurch und das ganze Jahr über, hätten wir aber keine gesellschaftlichen Kernzeiten mehr.

Für mich geht es beim Thema Nahversorgung nicht um Fragen der Ladenöffnungszeiten, sondern um ein kundenorientiertes Angebot zu gerechten Preisen. Gerechte Preise kann ich nur dadurch herstellen, daß ich die Einkaufszentren zwinge, das, was sie an Kosten durch Lärm, Schadstoffe et cetera verursachen, auch zu zahlen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Müller.)

9.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

9.45

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte der Frau Abgeordneten Dr. Moser in Erinnerung rufen, daß es zwar richtig ist, daß wir Kernzeiten brauchen, daß wir aber in der österreichischen Gesellschaft den Menschen die Kernzeiten nicht per Verordnung vorschreiben müssen. Frau Abgeordnete Moser, ich weiß nicht, wie Sie zum Beispiel gegenüber den Straßenbahnfahrern und Straßenbahnfahrerinnen argumentieren, die auch am Sonntag arbeiten müssen. Wie argumentieren Sie gegenüber den Ärzten? Wie argumentieren Sie gegenüber den Ärztinnen? Wie argumentieren Sie gegenüber den Krankenpflegern und Krankenpflegerinnen? Wenn sich die Familie trifft und zum Beispiel am Sonntag gemeinsam ausgeht, sucht sie auch gern ein Gasthaus auf und läßt sich dort von jemandem bedienen. Während man all das akzeptiert, wird auf der anderen Seite so getan, als müsse man den heiligen Sonntag erhalten und dürfe den Menschen nicht zugestehen, sich ihre Kernzeiten selbst einzuteilen. Es ist nicht so, daß diese große Koalition bestimmen kann, wann sich die Menschen zusammenzusetzen und miteinander zu reden haben! (Abg. Koppler: Fragen Sie die Menschen!) Das sollen sich die Leute doch selbst einteilen! Das braucht ihnen nicht per Gesetz oder Verordnung vorgeschrieben zu werden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hat hier wortreich die Konzentration beklagt, die am österreichischen Markt besteht. Wann ist denn diese Konzentration entstanden? Was hat denn gerade die Wirtschaftskammer dagegen getan, daß diese Konzentration im Marktbereich entsteht? Die Wirtschaftskammer klagt doch nur ihre Zwangsmitglieder mit dem Geld, das sie ihnen vorher abgenommen hat, wenn sie sich nicht an das halten, was die Kammer haben will.

Das ist doch in Wirklichkeit alles, was in dieser Hinsicht geschieht: Zuerst zwingen Sie die Leute in eine Organisation, Sie nehmen ihnen das Geld ab, und dann klagen Sie sie mit deren eigenem Geld. Sie schicken ihnen Detektive nach. Sie lassen diese Detektive beispielsweise in ein Fotogeschäft gehen, um sich dort fotografieren zu lassen. Dann bekommen diese Geschäftsleute eine Anzeige, weil es aus irgendeinem Grund nicht gepaßt hat. Im betroffenen Geschäft könnte beispielsweise ein Fotoautomat aufgestellt sein. In diesem Fall verhält es sich so, daß zwar die Kundschaft selbst ein Bild machen darf, indem sie auf den Knopf drückt – Sie kennen ja diese Automaten auf den Bahnhöfen –, aber der Betreiber des Fotogeschäftes darf – mangels Konzession – nicht fotografieren. Wohl aber darf er einen Apparat in sein Geschäft stellen, und


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