Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 110

Kapital nicht abziehen. Ich habe zwar gehört, daß das jetzt nur mehr 30 Prozent sind, aber 30 Prozent sind eben auch etwas.

Herr Bundesminister! Ich glaube, daß Österreich – wie auch die anderen Staaten – viel zu sorglos Kredite vergibt und Haftungen übernimmt. Der BIZ-Bericht weist aus, daß Österreich insgesamt 304 Milliarden Schilling Kredite ausständig hat, davon eben diese knapp 8 Milliarden aus Brasilien, und jetzt kommen wieder diese 600 Milliarden dazu. (Abg. Dr. Höchtl: Millionen!) – Ja!

Es ist das Hauptproblem des internationalen Finanzsystems, daß man sich gegenseitig Kredite zuschiebt und dann mit Bundeshaftungen absichert, letztlich aber zum Schaden der Steuerzahler, wenn es zu einem Ausfall kommt. Warum? – Weil kein einziger Kredit ein Strukturproblem löst, sondern einen Zusammenbruch möglicherweise – und wir haben es bei der Abwertung des Real ja gesehen – lediglich hinausschiebt, manchmal sogar nur kurze Zeit hinausschiebt. Das hat eben nichts mit der internationalen Vernetzung zu tun, wie uns Abgeordneter Stummvoll glauben machen wollte.

Deshalb, Herr Bundesminister, Herr Stummvoll, Herr Gusenbauer, bedeutet die Haftung für diese 600 Millionen an sich nichts anderes als die Vernichtung von weiterem Vermögen in der Höhe von 600 Millionen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.39

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Nußbaumer, ich kann Ihnen nicht zustimmen: So einfach ist es nicht, daß diese Kreditgewährung schlicht und ergreifend eine Vernichtung von 600 Millionen Schilling wäre. Es ist auch die Aussage Firlingers nicht richtig, der gemeint hat, man werfe nur gutes Geld dem schlechten nach. Es ist leicht verständlich, aber deswegen nicht wahrer.

Es ist einfach so, daß wir mit Weltfinanzsystemen arbeiten, die in liberalisierten Kapitalmärkten tätig sind, die manche Nationalstaaten überfordern – und das ist der Reformbedarf. Die Liberalisierung des weltweiten Kapitalverkehrs, die so segensreich für die entwickelten Staaten war, hat sich für einige Nationalstaaten offensichtlich sehr negativ ausgewirkt, weil sie ihrer eigenen nationalstaatlichen Verantwortung nicht gerecht wurden. Die brasilianische Regierung hat über viele Jahre ihre Netto-Neuverschuldung in Höhen gehalten, die zu einem Crash führen mußte! Der Einfluß der internationalen Finanzsysteme auf diese Entwicklung war der, höhere Zinsen zu verlangen.

Da ist das Problem zu suchen! Es ist die Frage, wie eine globalisierte Wirtschaft mit nationalstaatlichen Fehlleistungen umgeht. Und es sei nur ganz kurz in Erinnerung gerufen, daß ja auch Österreich einen Weg der Verschuldung gegangen ist. Nur haben wir Gott sei Dank noch immer das Vertrauen der Anleger, und wir verdienen es auch. Dennoch sind wir einen Weg der Verschuldung gegangen, und zwar mit einem Faktor 5; wir haben also die Finanzschulden nominell fünfmal schneller erhöht als die Wirtschaftsleistung. Finanzschulden 1970: 47 Milliarden, Finanzschulden 1998: bei etwa 1 700 Milliarden Schilling, das ist ein Faktor von 34; die Wirtschaftsleistung hat sich in dieser Zeit nominell nur sechsmal multipliziert, also haben wir uns fünfmal schneller verschuldet, als unsere Wirtschaft mehr geleistet hat.

Das ist heute Ihr Problem, Herr Finanzminister! Sie haben keine Spielräume mehr! Wir haben noch das Vertrauen der Märkte in Österreich – wir werden es auch noch lange haben, hoffe ich –, aber wir haben etwas Ähnliches getan, nur Gott sei Dank nicht so ausgiebig und mit größerer Vorsicht, als es die Brasilianer getan haben, deren Verschuldung ja noch viel schneller gestiegen ist, bis sie das Vertrauen der Finanzmärkte verloren haben.


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