Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 74

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Graf. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.37

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte trotz alledem noch einmal zurückkommen auf den ... (Das rote Licht am Rednerpult beginnt zu leuchten.) Es leuchtet schon das rote Licht, dies ist wirklich eine Mahnung, daß mir die Redezeit beschnitten wird, es dürfte wahrscheinlich wirklich so sein.

Ich möchte noch einmal zurückkommen auf diese gesamte Problematik und möchte folgendes vorausschicken auch in die Sitzreihen der sogenannten Linken oder der Ampelkoalition: Es ist richtig, ja, wir teilen auch die Ansicht, daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker tatsächlich in diesem Jahrhundert von den Siegermächten mit Füßen getreten wurde, und zwar wiederholt und immer wieder, selbstverständlich auch außerhalb Europas, selbstverständlich auch für die Kurden. Interessant für mich ist nur, wenn ich die ganze Debatte über Ursache und Wirkung verfolge, daß man das Kurdenproblem von der vereinten Linken in diesem Haus erst dann als Anliegen in Österreich aufgenommen hat, als das Kommando von einer kleinen marxistischen, dann terroristischen Linken, nämlich der PKK, übernommen wurde. (Abg. Wabl: Das ist falsch!) Ich kann mich sehr genau erinnern: Auch noch vor 15, 20 Jahren, als die Felder noch nicht so besetzt waren, war das nicht besonders das Anliegen unserer Linken. (Abg. Ing. Langthaler: Woher wollen Sie denn das wissen?) Das weiß ich schon sehr wohl. Ich habe sehr aufmerksam die innenpolitische und außenpolitische Situation verfolgt.

Wenn man dann auch noch bedenkt, was denn die Ursache für die kürzlich passierte Misere auch innenpolitisch gewesen ist, dann muß man schon eines bekennen: daß nämlich der Rechtsstaat in Europa vor dieser Frage Öcalan in die Knie gegangen ist; das darf man nicht vergessen. (Abg. Edler: Hättet ihr geschossen auf ihn?) Herr Kollege Edler, hätte die Bundesrepublik Deutschland den Auslieferungsantrag gestellt, dann müßten wir uns heute nicht darüber unterhalten, ob Herr Öcalan ein faires Verfahren bekommt oder nicht, dann wäre dieses nämlich gewährleistet gewesen. Aber man hat eben – auch Sie – immer genau für das Gegenteil plädiert, und es war schon klar, daß früher oder später Herr Öcalan auf seiner Reise irgendwann einmal in die Hände der Türken fallen wird. Das mußte so kommen!

Das war zumindest mir klar. Mir war klar, daß das passieren wird, daß es irgendwann einmal einen Staat geben wird, der nicht mit unseren Wertmaßstäben zu messen ist. Und dann passiert das eben.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sind, wenn es um die Rechtsstaatlichkeit geht – und das wurde einige Male schon von meinen Kollegen auch gesagt –, auf dem linken Auge tatsächlich blind. Ich kann mich daran erinnern, wie Sie alle in diesem Hohen Haus das Auslieferungsbegehren unterstützt und eine Unterschriftenaktion hier im Hohen Haus betreffend Pinochet gemacht haben. Da war selbstverständlich, daß er ausgeliefert werden muß, und das ist zu unterstützen. Ja, machen Sie es ruhig! Ist in Ordnung. Terroristen, Verbrecher gehören ausgeliefert. Bei Öcalan habe ich diese rechtsstaatliche Einstellung von Ihnen, weil er ein Linker ist, sträflich vermißt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Langthaler: Aber geh, bitte!)

Aber das ist nicht das erste Mal in Europa. Das ist bei Honecker so gewesen, und das war auch bei anderen so. Noch nie hat irgend jemand die Auslieferung Fidel Castros verlangt. Es ist ja selbstverständlich, daß das nicht passiert, weil der noch Staatschef ist. Und daran ist es zu messen. Mit Ihrem Messen mit zweierlei Maß in dieser Frage entlarven Sie sich selbst. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für mich verwunderlich – und jetzt ist der Herr Innenminister gekommen – ist tatsächlich, daß er den Randalierer Peter Pilz zu Hilfe ruft und dann hier im Hohen Haus auch noch lobt. (Abg. Wabl: Herr Präsident! Hören Sie das einmal: Randalierer Pilz!) Herr Minister! Jetzt frage ich ganz offen: Warum haben Sie eigentlich nicht Bürgermeister und Landeshauptmann Häupl zu Hilfe geholt, der die gleiche Ausbildung wie Pilz hat? Sie waren ja gemeinsam in Moskau. Der hätte Ihnen wahrscheinlich auch helfen können. Wie kommen Sie dazu, daß Sie gerade den


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