Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 74

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Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Bundesminister für Justiz. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.07

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit der Feststellung beginnen, daß wir auch aus meiner Sicht als Justizminister in einem Land leben, in dem die Bemühungen um Risikobeschränkung und Risikobegrenzung in den für die objektive Sicherheit, aber auch für das subjektive Sicherheitsgefühl relevanten Bereichen nicht ohne Erfolg geblieben sind und in dem ein im internationalen Vergleich beachtliches Maß an Lebensqualität gegeben und auch gesichert erscheint.

Was den Bereich der inneren Sicherheit anlangt, möchte ich einmal mehr betonen, daß sich die Bemühungen um Risikoverminderung nicht auf die Arbeit der Sicherheits- und Justizbehörden beschränken dürfen, sondern einer Gesamtstrategie folgen müssen, einer Gesamtstrategie, die Maßnahmen in allen gesellschaftlichen Bereichen vorsieht, denn Mängel und Versagen im Bereich sicherheitsrelevanter Vorbeugung und Vorsorge können häufig nachträglich nicht mehr kompensiert werden.

Meine Damen und Herren! Definition hin – Statistik her: Es besteht wohl kein Zweifel daran, daß eines der Phänomene, die die rechtlich geordnete Gesellschaft und ihr Sicherheitsgefühl zunehmend und ernsthaft beeinträchtigen, die organisierte Kriminalität ist – und da im Hinblick auf die weltweit gestiegene Mobilität und die Intensität aller Formen der Kommunikation im besonderen die grenzüberschreitende international organisierte Kriminalität.

Sicher ist es für die weithin auf den klar definierten, sozusagen klassischen Rechtsbruch abgestellte Strafrechtsordnung nicht einfach, sich auf diese geänderte Situation einzustellen und die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Dennoch können wir darauf hinweisen, daß einige wichtige Schritte des Gesetzgebers auf diesem Weg bereits gegangen wurden, andere in Vorbereitung sind.

Schon seit 1993 sind die Geldwäscherei und die kriminelle Organisation eigenständige Straftatbestände, und es schließt das prozessuale Zeugenschutzprogramm die Möglichkeit des Anonymbleibens von Zeugen – und die kontradiktorischen Vernehmung in einem abgesonderten Raum – ein.

Im Mittelpunkt der dem Hohen Haus vorliegenden Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes steht die Abschöpfung krimineller Gewinne, die auf die schwere und organisierte Kriminalität abstellt, um deren Finanzierungsbasis anzugreifen.

Gleichfalls zur Beratung und rechtspolitischen Entscheidung steht die Regierungsvorlage über die besonderen Ermittlungsmaßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität. Sie wissen, daß ich von Anfang an darauf aufmerksam gemacht habe, daß es sich bei der Regelung neuer, technischer Ermittlungsmethoden, insbesondere auch zur akustischen und optischen Überwachung nichtöffentlichen Verhaltens vom Menschen, um eine Gratwanderung des Rechtsstaates handelt. In dieser grundsätzlichen Einschätzung und in dem Bemühen um eine ausgewogene Balance zwischen einer Verbesserung des kriminalpolizeilichen Ermittlungsinstrumentariums auf der einen Seite und Eingriffen in die Privatsphäre des einzelnen und dessen Persönlichkeitsrechte auf der anderen Seite fühle ich mich durch die öffentliche Diskussion in den letzten Wochen bestätigt.

Das Justizressort hat sich bei der Ausarbeitung dieses Entwurfes auch an der Rechtsentwicklung der Nachbarstaaten, insbesondere der Europäischen Union, orientiert – dies in der Überlegung, daß alles getan werden muß, um zu verhindern, daß Österreich in unzuträglichem Maße ein Ruheraum, ein Ort der Planung illegaler Aktivitäten und ein Finanzplatz des organisierten Verbrechens wird.

Wir haben aber zugleich auch darauf geachtet, daß die Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt und die Grundsätze unseres Strafverfahrens gewahrt bleiben sollen. Das ist schon deshalb wichtig, weil das Vertrauen der Bürger


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