Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 54

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Reform im Gewerberecht – angesichts der geradezu zünftisch anmutenden derzeitigen Zulassungsvoraussetzungen und Reglementierungen – stellen wollen.

Andererseits mache ich Sie darauf aufmerksam, daß eine Deregulierung, die wir in vielen Bereichen brauchen, nicht heißen kann, daß wir Bürger- und Bürgerinnenrechte abbauen. In diesen Bereichen müssen Sie sich auch klar deklarieren. Auch wir wollen rasche und zügige Behördenverfahren. Es ist nicht einzusehen, daß Betriebsanlagengenehmigungen Jahre dauern, aber das darf nicht auf Kosten der Anrainerinnen und Anrainer und der österreichischen Bevölkerung gehen! (Beifall bei den Grünen.)

Diesbezüglich gab es von Ihrem Amtsvorgänger Dr. Schüssel Ansätze, die uns Anlaß zur Sorge gegeben haben, nämlich ein Betriebsansiedlungserleichterungsgesetz, das praktisch einen Kahlschlag der Bürgerrechte bedeutet hätte. Ich ersuche Sie dringend um Ihre Antwort darauf, wie Sie zu den Rechten der Bevölkerung stehen, gerade wenn es um ökologisch brisante Unternehmungen geht. Wie gesagt: Sie haben unsere Unterstützung, wenn es um Entbürokratisierung und Beschleunigung von Verfahren geht – aber nicht auf Kosten der Bevölkerung, aber nicht erkauft durch einen Abbau der Partizipationsrechte!

Ich habe heute eher den Eindruck, daß wir in manchen Bereichen tatsächlich dramatisch überreguliert sind, daß man drei, vier, fünf Genehmigungen für irgendeine Bagatelle braucht, daß wir aber andererseits, je gefährlicher Anlagen oder Tätigkeiten werden, rechtlich in einen völligen Freiraum kommen. Gentechnische Anlagen brauchen keine Umweltverträglichkeitsprüfung. Viele Anlagen, etwa im Bereich landwirtschaftlicher Großanlagen, Massentierhaltungsanlagen, industrieller Tierfabriken, brauchen keine derartige Betriebsanlagegenehmigung. Diese sind in einem rechtlichen Freiraum, in dem die Bevölkerung nicht geschützt ist und in dem auch aus unserer Sicht eine Ungerechtigkeit gegenüber jedem anderen Gewerbebetrieb einzementiert und geduldet wird. – Da müssen Sie sich als Wirtschaftsminister – gerade im Sinne der kleinen und mittleren Betriebe – für eine Chancengleichheit einsetzen, weil es doch nicht so sein kann, daß, je gefährlicher ein Betrieb ist, er umso weniger Genehmigungen und umso weniger Auflagen erfüllen muß.

Wie gesagt, es sind drei große Bereiche: eine kritische Haltung in Sachen EU-Beitritt – es gibt nicht nur Gewinner; es gibt viele Verlierer, und deren Interessen müssen von der österreichischen Bundesregierung auch wahrgenommen werden –, Fragen der ökologischen Erneuerung des Wirtschaftens und Fragen einer sinnvollen Deregulierung in einigen Bereichen, aber "Reregulierung" in anderen Bereichen.

Das sind aus unserer Sicht die zentralen Aufgaben. Wie gesagt: Wir begegnen Ihnen weder mit Vorschußlorbeeren noch mit einer Vorverurteilung. Es liegt an Ihnen, ob und inwieweit Sie sich den zentralen ökologischen Themen stellen. Wenn Sie das tun, dann gilt diese unsere von Anfang an getätigte Aussage, dann können Sie mit dem konstruktiven Dialog mit den Grünen und auch mit unserer Unterstützung rechnen. (Beifall bei den Grünen.)

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

12.56

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Petrovic hat vorhin beklagt, daß wir in Österreich vor allem in der Wirtschaftspolitik zuwenig ökologische Erneuerung hätten.

Ich muß schon darauf hinweisen, daß in der österreichischen Wirtschaftspolitik – das steht sogar in unserem Parteiprogramm – das Leitbild der ökosozialen Marktwirtschaft gilt. Nur eines ist natürlich nicht möglich – deshalb spricht man ja auch von einem ökosozialen Weg –, daß sozusagen von einem Tag auf den anderen all diese Regelungen verändert werden. Das ist nicht möglich, sondern wir sind eingebunden in einen Wettbewerb, in einen europäischen Wett


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