Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 134

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des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 161/A (E) der Abgeordneten Dolinschek und Genossen betreffend umfassende Attraktivierung der Lehre in 332 der Beilagen.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Ein Verlangen nach Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Wir gehen damit unmittelbar in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dolinschek vor. Ich erteile ihm das Wort.

19.38

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit 1945 werden in Österreich im Rahmen der dualen Berufsausbildung Lehrlinge ausgebildet. Dieses duale Berufsausbildungssystem, das sich hauptsächlich auf Österreich und auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt, ist auch von anderen Ländern immer wieder als vorbildhaft bezeichnet worden, aber im großen und ganzen sind jetzt doch Abnützungserscheinungen bemerkbar.

Herr Kollege Puttinger! Die jüngsten Statistiken belegen die seit Jahren katastrophale Entwicklung im Bereich der Lehre. Es müßte auch dir bekannt sein, daß die Lehrlingszahlen von seinerzeit 48 Prozent auf knapp 42 Prozent, also drastisch zurückgegangen sind. (Abg. Dr. Khol: Drastisch ist etwas anderes!) Selbstverständlich ist das drastisch, Herr Klubobmann Khol, wenn ein Rückgang von 6 Prozent festzustellen ist. Oder sind Ihnen die aktuellen Zahlen vielleicht nicht geläufig? (Abg. Dr. Khol: Die sind mir sehr geläufig!)

Es scheint nicht so zu sein, denn sonst würden Sie da Handlungsbedarf sehen. Sie als Klubobmann einer der Regierungsfraktionen dieses Hohen Hauses müßten in diesem Falle schon längst gehandelt haben, aber anscheinend ist Ihnen die Entwicklung auf dem Lehrlingssektor völlig egal.

Die Zahl der offenen Lehrstellen ist ebenfalls stark zurückgegangen. Herr Dr. Khol! Wie Sie wahrscheinlich beobachtet haben, ist die Jugendarbeitslosigkeit bei uns heute noch relativ gering – sie liegt bei ungefähr 5,5 Prozent –, während sie im europäischen Durchschnitt bei etwas über 20 Prozent liegt. Hier liegen wir also noch relativ gut. (Abg. Dr. Khol: Wir sind die Besten!) Aber wenn die Zahl der offenen Lehrstellen weiterhin so zurückgeht und auch die Zahl der Lehrlinge zurückgeht, kann ich nur sagen: Gute Nacht, Österreich! Dann kommen wir schön langsam zu einer Jugendarbeitslosigkeit, die sich dem europäischen Durchschnitt nähert. (Abg. Dr. Khol: Wenn die Katze eine Henne wäre, würde sie Eier legen – so ähnlich ist Ihr Argument!) Ja, aber die Katze ist eben keine Henne. Das, was Sie jetzt in die Waagschale werfen, Herr Dr. Khol, ist überhaupt kein Argument, sondern das ist ein großer Blödsinn. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja warum regen Sie sich denn so auf, liebe Kollegen von der Österreichischen Volkspartei? Wieso handeln Sie denn nicht? Wenn es 5 000 offene Lehrstellen weniger gibt als Lehrstellensuchende, dann ist das, so meine ich, einfach eine Katastrophe! (Rufe bei der ÖVP: Das sind nur die Zahlen vom Arbeitsamt!)

Worauf ist das zurückzuführen, meine Damen und Herren? – Ganz einfach auf die Tatsache, daß in Österreich die Lehre nicht mehr attraktiv genug ist. Der Lehrberuf ist nicht attraktiv genug. (Rufe bei der ÖVP: Keine Ahnung!) Entgegen langjährigen Versprechungen der Bundesregierung und von Ihrer Seite ist für die Lehrlinge und für die Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, einfach nichts getan worden, sondern die Lehre ist immer uninteressanter geworden. Eine Verbesserung der Lehrlingssituation ist angesichts der Äußerungen von Ihrer Seite auch in Zukunft nicht zu erwarten.

Die Arbeitnehmervertretung tritt für die Anliegen der Lehrlinge auch nicht mehr merklich ein. Die Arbeitgebervertretung, vor allem die Bundeswirtschaftskammer, tritt sogar für das Einfrieren der Lehrlingsentschädigung ein, was angesichts der gewerkschaftlichen Überlegungen im Hinblick


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