Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 141

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Ich könnte noch ein Reizwort erwähnen, auch wenn es hier in einer neutraleren Form formuliert wird, nämlich den Finanzierungsmodus eines Lastenausgleiches zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Betrieben.

Geschätzte Damen und Herren! Wir müssen uns bewußt sein, daß wir nicht von anderen in der Form kritisiert werden dürfen, daß Papier ganz einfach geduldig ist, sondern wir müssen das Berufsausbildungssystem konkret weiterentwickeln.

Wenn jetzt zum Beispiel in Wien versucht würde, über den Stadtschulrat die Berufsschulen anzubieten, also daß für Lehrlinge, die noch keinen Lehrplatz gefunden haben, die Berufsschule als Auffangmöglichkeit besteht, so betrachte ich das als eine Übergangslösung, damit Jugendliche nicht auf der Straße stehen. Aber es kann nicht die letzte Entwicklung sein, weil diese Form nicht in unser gesamten System der dualen Berufsausbildung eingebunden ist. (Beifall des Abg. Dr. Khol. )

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn Kollege Peter von den Motiven der Betriebe für die Berufsausbildung gesprochen hat, dann möchte ich dazu sagen, auch Eltern und Jugendliche haben Motive bei der Entscheidung für die Berufsausbildung. Und auch diese sind zu berücksichtigen, wenn wir die Reform des Berufsausbildungswesens weiter vorantreiben wollen.

Ich glaube, dabei sollten wir ehrlich sein. Jeder muß über seinen eigenen Schatten springen, wenn wir Erfolg erzielen wollen, aber die Zukunft unserer Jugend muß uns das wert sein. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

20.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin eigentlich nicht herausgekommen, um die Schwurhand für die Verteidigung des dualen Ausbildungssystems zu heben. Das duale Ausbildungssystem ist schon wichtig, aber ich will auch Taten sehen. Und wenn es wirklich so ist, wie Abgeordnete Hostasch gemeint hat, daß die Regierungsparteien jetzt die Reform der dualen Ausbildung rasch vorantreiben wollen, dann bitte ich, Kollegin Hostasch, diese wirklich schneller zu machen, als die Lehrlingsausbildung zurückgeht, sonst haben wir nichts mehr, was wir an Reform vorantreiben können.

Wenn man sich die Zahlen in diesem Bericht ansieht – wenn ich mich recht zurückerinnere, dann ist dieser heute überhaupt noch nicht diskutiert worden, und das sagt auch einiges über die Qualität dieses Berichts aus –, dann muß man ehrlich sagen, daß sie bestürzend sind. Es gibt einen Verlust von einem Viertel der Lehrlinge in der dualen Ausbildung. Ein Viertel weniger Personen sind in der dualen Ausbildung! Angesichts dessen müßte man schon hergehen und nicht nur Treueschwüre auf die duale Ausbildung ablegen und sagen: Wir sind dafür!, sondern man müßte etwas in die Tiefe gehen und auch fragen, was die Gründe dafür sind.

Ich würde es mir nicht so leichtmachen und sagen – wie das Abgeordnete Tichy-Schreder gemacht hat –, die Globalisierung sei schuld daran, daß in Österreich weniger Lehrlinge ausgebildet werden. Ich möchte gerne wissen, was die Globalisierung und der zunehmende Wettbewerb auf Weltmärkten mit der Lehrlingsausbildung zu tun haben. Wenn mir Abgeordnete Tichy-Schreder diesen unmittelbaren Zusammenhang, diesen abstrakten Zusammenhang zwischen der Globalisierung und dem Rückgang der Lehrlingsausbildung klarmachen kann, dann wären wir vielleicht schon einen Schritt weiter.

Aber was Kollegin Tichy-Schreder meint, ist natürlich klar: Globalisierung steht hier als Synonym für Kostensenkungsprogramme. Das hat dann Abgeordneter Helmut Peter sehr eindeutig gesagt: Es geht um lean production, lean management, und "lean" heißt nicht nur schlank, sondern heißt auch dürftig. Es geht um dürftiges Management und um dürftige Produktion, das ist das


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