Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 31

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12.14

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Sozialminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich jetzt zum aktuellen Thema meinen Beitrag gebe, möchte ich, Frau Kollegin Ederer, Ihre Unterstellung, daß es in unserer Absicht läge, die Schere zwischen Arm und Reich zu vergrößern, auch im Namen meines Kollegen Kier ganz entschieden zurückweisen. Worum es uns tatsächlich geht, ist, auf Basis einer effizienten sozialrechtlichen Absicherung die bestmöglichen Entfaltungsmöglichkeiten für alle Menschen zu schaffen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Haselsteiner: Das hat Frau Ederer nicht verstanden!) An und für sich bin ich von Kollegin Ederer solche Unterstellungen auch gar nicht gewöhnt.

Nun aber zurück zur offensiven Arbeitsmarktpolitik. Wir diskutieren diese hier schon etwa eine Stunde lang. Eigentlich gehen alle hier von der Prämisse aus, Frauen wären am Arbeitsmarkt ohnehin gleichberechtigt, es bedürfe also nicht ganz gezielter frauenfördernder Maßnahmen. Dabei schaut die Situation für Frauen derzeit besonders traurig aus.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist bedrängt. Das frauenbenachteiligende Sparpaket hat da seinen Beitrag geleistet. Die Tendenz "Frauen heim an den Herd" wird eigentlich Tag für Tag spürbarer. Sie sehen das ganz deutlich, wenn Sie sich die Zahlen bei den vorgemerkten Arbeitslosen anschauen. Da nimmt die Zahl der Frauen drastisch zu. So stieg zum Beispiel die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen im Vergleich September 1996 zu September 1995 bei Männern um 0,9 Prozent und bei Frauen immerhin um 7,6 Prozent.

Zum erstenmal seit Jahren sinkt die Frauenerwerbsquote. Letztendlich haben sich auch die politischen Zielvorstellungen entsprechend verändert. Einer der wohl wichtigsten Punkte für Frauen, nämlich eine Gleichstellungspolitik als fester Bestandteil von Wirtschafts- und Strukturpolitik, ist im neuen Koalitionsübereinkommen verschwunden, genauso wie eine Sensibilisierung für diese Thematik auch aus den Köpfen der Verantwortlichen verschwunden zu sein scheint. So wurde in allen namhaften Berichten über die wirtschaftliche Lage Österreichs, sei es vom Bundeskanzler, sei es vom Finanzminister oder vom Wirtschaftsminister, das Wort "Frau" nicht einmal erwähnt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich brauchen wir eine gezielte Arbeitsmarktoffensive für Frauen. Wir brauchen aber auch eine Neuverteilung der Arbeit zwischen Männern und Frauen. Das wird umso wichtiger, je bedrängter die Situation am Arbeitsmarkt wird.

Der Arbeitsmarkt ist geschlechtsspezifisch segmentiert. Frauenarbeitsplätze werden schlechter bezahlt als Männerarbeitsplätze. Vollzeitarbeit scheint immer mehr ein Anrecht für Männer zu werden. Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigungen fallen in ständig steigendem Ausmaß den Frauen zu. Bezahlte Erwerbsarbeit bleibt den Männern vorbehalten. Frauen haben unbezahlte Arbeit im Bereich der Betreuung zu leisten. Herr Abgeordneter Khol ist heute nicht da, aber von ihm stammt dieser sinnige Ausspruch, Familienpolitik wäre Sozialpolitik, davon seien in hohem Maße die Frauen betroffen. – Frauen sollen also als unentgeltliche Sozialarbeiterinnen der Republik erhalten bleiben, und das noch dazu ohne sozialrechtliche Absicherung!

Die Diskriminierungen im Frauenbereich sind vielfältig. Die Diskriminierungsrate im Bildungsbereich ist erschreckend hoch. Nach wie vor haben fast 27 Prozent der 25- bis 30jährigen Frauen keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Abschluß. Frauen werden deutlich unter ihrem Qualifikationsniveau eingesetzt. Der Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung, besonders wenn es um Führungspositionen geht, bleibt – sogar im Bundesdienst – nach wie vor letztendlich eine Männerdomäne.

Wir brauchen einen frauenspezifischen Maßnahmenkatalog, vor allem im Bildungsbereich, vor allem im Bereich der Erwachsenenbildung. Wir brauchen neue Arbeitsformen, flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine umfassende Reform der Gewerbeordnung, um nicht weiterhin den Einstieg in die Selbständigkeit für Frauen mehr oder weniger ohne Grund zu verhindern. Vor allem möge auch das Arbeitsmarktservice seinen gesetzlichen Auftrag erfüllen. Ich denke hierbei insbeson


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