Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 20

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Farbe bekennen, und wir müssen diese Verfahren durchführen, sonst geben wir uns selbst auf. Wenn vor allem der Wirtschaftsverbrecher nicht mehr damit rechnen kann, daß ... (Abg. Dr. Ofner: Fahrlässige Krida!) Das weiß man ja erst zum Schluß. Ja, das ist ein Auffangtatbestand. In aller Regel handelt es sich ja um betrügerische Krida. Also ich bin der Meinung, daß es als Auffangtatbestand unverzichtbar ist. Wir werden aber über Modifikationen nachdenken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Dr. Trinkl hat das Wort.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundesminister! Es geht bei der fahrlässigen Krida oft wirklich nur um die Frage, daß jemand, der in einen Strudel von Insolvenzen geraten ist, eben alles noch tut, um sich zu retten. Man hat natürlich Verständnis dafür, daß er nicht auch noch strafrechtlich verfolgt wird. Auf der anderen Seite natürlich – und das gebe ich zu – gilt es auch, die Interessen der Gläubiger zu wahren.

Sehen Sie, Herr Bundesminister, Möglichkeiten, die Interessen der Gläubiger auch dann zu schützen, wenn dieser Tatbestand tatsächlich wegfallen sollte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Also ich möchte noch einmal sagen, die Debatte ist ja nicht abgeschlossen, sondern erst eröffnet. Wir werden, sobald die neuen Bestimmungen des Unternehmens-Insolvenzrechtes feststehen, also sozusagen unter diesem Korsett, noch einmal die Frage erörtern und vor allem dann, wenn überwiegend die Meinung vorherrscht, daß dies nicht ersatzlos gestrichen werden soll, Modifizierungen, die diese Auswüchse einfangen können, ins Auge fassen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Petrovic, bitte.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Bundesminister! Im Zusammenhang jetzt mit der fahrlässigen Krida sprechen auch Sie von Entkriminalisierung. Mir stellt sich die Frage, ob man nicht, wenn man das Strafgesetzbuch überarbeitet, etwas weitergehen und auch andere obsolete Paragraphen in Frage stellen sollte, also etwa im Zusammenhang mit der heute noch bestehenden Regelung der Blasphemie. Damit meine ich nicht, daß in irgendeiner Form der Schutz der Religionsausübung gefährdet werden soll. Aber es ist in meinen Augen schwer erträglich, daß etwa anerkannte Künstler Gefahr laufen, wegen ihrer Kunstwerke strafrechtlich verfolgt zu werden. Denken Sie auch in diesem Fall an Entkriminalisierungsschritte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Wir werden uns in den weiterführenden Gesprächen über die Durchforstung des materiellen Strafrechtes sicher auch mit diesen Bestimmungen, aber auch mit anderen, die von Ihnen immer angesprochen werden, wie der Verletzung der Unterhaltsverpflichtung, auseinandersetzen. Es gibt solche, wo ich keinen Grund sähe, sie strafrechtlich zu entkriminalisieren. Es gibt aber auch solche, die ich zumindest aus praktischen Erwägungen durchaus beibehalten möchte, insbesondere den Tatbestand der Verletzung der Unterhaltsverpflichtung.

Rein aus meiner Praxis muß ich feststellen, daß eines der größten Segmente, wo ich Begnadigungen vorschlage, jene Täter sind, die eine Verletzung der Unterhaltungsverpflichtung begangen haben. Bei denen nützt überhaupt nichts. Wenn sie allerdings nach der zweiten, dritten, vierten Verurteilung eine Teilbedingte bekommen und jetzt die Unbedingte antreten sollen, dann ist es meist so, daß sie unter dem Damoklesschwert des Antretens doch bezahlen, wenn sie im Falle des Wohlverhaltens, sprich Bezahlens, begnadigt werden. Das halte ich im Interesse des Unterhaltsberechtigten für vorteilhaft. Würde diese Strafbestimmung wegfallen, würden die Leistungen, die dann doch erbracht werden, nie mehr erbracht werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.


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