Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 209

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beschert sie uns enorme Kosten und vergeudet Millionen von unnötigen Arbeitsstunden und schafft zusätzlich jahrzehntelang Verwirrung.

Wozu also diese Rechtschreibreform, die wirklich niemand haben will, die total unpädagogisch ist, da Kinder mit ihr etwas lernen sollen, was die bedeutendsten Autoren – wie wir es heute erleben –, Germanisten und die meisten Bürger aus guten Gründen ablehnen?

Diese Rechtschreibreform ist inhaltlich mißlungen, sie zerstört eine einheitliche Rechtschreibung, und zudem ist sie eine Benachteiligung der Schwächeren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie schadet aber auch vor allem dem Ansehen der deutschen Sprache im Ausland. – Das alles sind gute Gründe, diese Rechtschreibreform auszusetzen.

Wenn wir Sie schon durch unsere Argumentation, die wir im Ausschuß mehrfach sehr ausführlich dargelegt haben, nicht überzeugen konnten, dann lassen Sie sich vom Aufstand der Dichter, der zufällig heute stattgefunden hat, überzeugen! (Zwischenruf der Abg. Motter. )

Zum zweiten, Frau Kollegin Motter: Die Freiheitlichen haben ein gemeinsames Anliegen mit den Liberalen, nämlich die Förderung der Hochbegabten. Wir sind uns darüber einig, daß es ein Grundsatz der Schulgesetzgebung ist, daß Kinder eine ihrem Entwicklungsstand entsprechende Ausbildung erhalten müssen. Das muß aber auch für Kinder gelten, deren Fähigkeiten wesentlich weiter entwickelt sind. Deshalb halte ich diesen Antrag für wichtig und beschließenswert.

Frau Bundesminister! Wir fordern deshalb, daß man sich auch über die Möglichkeit eines Einstiegs in die zweite, in Ausnahmefällen sogar in die dritte Klasse Volksschule Gedanken macht. Analog zur Behindertenintegration muß es auch ein Team-teaching für Hochbegabte mit einem zweiten Lehrer geben. Es sollte über die Schaffung spezieller Integrationsklassen für Hochbegabte nachgedacht werden und ein sensibilisiertes Lehrpersonal geben, das hochbegabte Schüler früh erkennt. Eine Aktualisierung der Schulgesetze in diese Richtung ist dringend notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte sehr.

21.57

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich vor allem zum letzten, vom Kollegen Schweitzer eingebrachten Antrag sprechen und mit einer Frage beginnen. In der "FAZ" war vor einigen Monaten zu lesen: Sind wir künftig von lauter kalten "Ichlingen" umgeben – oder erzeugen wir diese? – Mit diesen kalten "Ichlingen" sind die Technokraten, die gefühllosen Menschen von morgen gemeint.

Die Antwort darauf lautet bei den einen ja, weil wir dem Intellekt, der Förderung der Ratio zuviel Aufmerksamkeit geschenkt hätten. Gemäß einer meiner Meinung nach falsch verstandenen Psychologisierung solle daher auf die Förderung des Denkens, des abstrakten Wissens verzichtet werden. Wichtiger sei das Sich-Einbringen und das Sich-Wohlfühlen. – Nach dieser Auffassung erzogene Schüler sind zwar gut im Palavern und Diskutieren, sie sind auch mutig genug – verzeihen Sie, wenn ich das so deutlich sage! –, die Sau herauszulassen, wie das so schön heißt, so nach dem Motto: Meine Gefühle sind mir wichtiger als deine!, ihr systematisches Wissen, das Verfügen über Sach-, Sprach- und Schreibkenntnisse sowie naturwissenschaftliche Kenntnisse und ähnliches, ist aber unterentwickelt.

Die anderen sagen auf die Frage, ob wir lauter kalte "Ichlinge" erzeugen, die Schulzeit müsse effizient genützt werden, müsse möglichst viel Stoff und hartes Training beinhalten, alles, was im Leben notwendig ist oder sein wird, müsse gelernt, sprich: gebüffelt werden, darauf bestehe ein Anspruch. – Wie schauen diese Schüler aus? Meist haben sie eine sehr enge Vorstellung von Effizienz und einen hohen Grad an Egoismus ausgebildet. Gemeinschaftssinn ist ihnen fremd, soziale Talente bleiben unterentwickelt, und die Seele wird immer "blasser und blasser".

Die Österreichische Volkspartei hat auf die Frage, ob wir lauter kalte "Ichlinge" hervorbringen, eine andere, eine, wie ich meine, vernünftige Antwort. Sie liegt etwa in der Mitte und lautet:


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