Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 119

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sich vor allem mit der Lage der Familien mit behinderten Angehörigen zu befassen. (Abg. Ing. Langthaler spricht mit Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Frau Kollegin Langthaler, ich möchte wirklich etwas Wichtiges besprechen, denn auch der Herr Minister widmet den Familien mit behinderten Kindern viel zuwenig Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich höre von Ihnen sehr viel, angefangen von den Sekten bis hin zur Kinderförderung, aber über Familien mit behinderten Kindern habe ich noch sehr wenige Aussagen von Ihnen gehört. Ich möchte das jetzt gar nicht als bösartige Kritik verstanden wissen, sondern nur als Mahnung, sich damit mehr auseinanderzusetzen. Viele glauben, mit dem Pflegegeld sind jetzt auch die Probleme der Familien mit behinderten Kindern oder Angehörigen gelöst. Aber das stimmt ganz einfach nicht, sehr geehrter Herr Minister und meine Damen und Herren!

Als das Pflegegeld eingeführt worden ist, haben sich zuallererst einmal diejenigen Institutionen auf das Pflegegeld gestürzt, in denen Behinderte untergebracht sind – sei es tageweise oder sei es auch stationär. Als zweites haben sich die Sozialversicherungsanstalten auf das Pflegegeld gestürzt, und zwar in der Form, daß die Selbstbehalte erhöht worden sind oder neue Selbstbehalte eingeführt worden sind. Dazu kann ich eine Reihe von Beispielen anführen. Das Pflegegeld wird siebenmal angerechnet, aber nur einmal kassiert, und deshalb ist die finanzielle Lage der Familien und der Angehörigen von Pflegebedürftigen trotz Einführung des Pflegegeldes kaum besser geworden.

Die Familien mit Behinderten haben nicht nur ein ungeheures Leid zu tragen, sie haben nicht nur eine ungeheure Opferbereitschaft jeden Tag aufzubringen, sondern sie haben jede Menge finanzieller Nöte und vor allem, sehr geehrter Herr Minister, haben sie auch die große Angst, was mit ihren Angehörigen passieren wird, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sind, diese zu pflegen. Und dafür sieht leider Gottes niemand etwas bei uns vor. Die Länder drücken sich vor der Verantwortung, und auf Bundesebene vermisse ich noch immer entsprechende Initiativen.

Sehr geehrter Herr Minister! Vielleicht könnten Sie diese Initiative ergreifen. Wir als Abgeordnete der Oppositionspartei sind leider zu schwach dazu, denn ich würde es wirklich sehr gerne übernehmen, den Eltern Behinderter oder den Angehörigen von Pflegebedürftigen diese große Sorge zu nehmen, nämlich nicht zu wissen, was mit ihren Angehörigen geschieht. – Ich danke Ihnen schon jetzt für die Bereitschaft, da etwas zu tun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

17.09

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Jetzt lichten sich schon die Reihen, wiewohl die Debatte spannend und durchaus interessant ist. Beim Urteil des Verfassungsgerichtshofes ist mir eines aufgefallen, was ich im Hinblick auf die Argumentationslinie der ÖVP besonders interessant und pikant finde: Der Verfassungsgerichtshof lehnt sich in seinem Urteil an ein Unterhaltsrecht an, das keines ist, sondern, wie wir wissen, ein Urteil des Obersten Gerichtshofes. Und nicht nur das. Es wurde dafür geschaffen, im Trennungsfall und im Scheidungsfall zu wirken.

Genau dieses Paradoxon, daß etwas, was für den Scheidungsfall und Trennungsfall überlegt, berechnet und prozentmäßig festgehalten wurde, nun als Legitimation im Falle der aufrechten Familie herangezogen wird, zeigt schon auf ... (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) – Nein, das ist nicht von der Hand zu weisen, sondern das ist genau der Punkt, Frau Kollegin Bauer! Sogar Ihre eigenen Expertinnen und Experten in der ÖVP sagen hinter vorgehaltener Hand: Das ist nicht umzusetzen, was uns der Verfassungsgerichtshof vorgegeben hat, weil das nicht funktionieren kann! (Beifall bei den Grünen.)

Sie können hier schönreden und schönfärben, soviel Sie wollen, was dieses Urteil betrifft. Es ist in Kreisen der SPÖ und in Kreisen der ÖVP längst klar, daß damit nicht zu arbeiten und zu hantieren ist, weil das ein untauglicher Versuch ist, Gerechtigkeit herzustellen.


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