Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 206

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waren die Saatzüchter und haben Saatgut selektiert, wieder angebaut, nachgebaut. Das taten die Väter, das taten die Großväter, und heute tun das auch verstärkt wieder viele Bauern vor allem im biologischen Landbau, dass sie ihren eigenen Nachbau pflegen, versuchen, eigene Hofsorten, Landsorten et cetera zu pflegen.

Herr Bundesminister! In diesem Bereich sehe ich eine sehr gefährliche Entwicklung in Europa, aber Sie geben dieser Entwicklung Raum beziehungsweise Sie bieten ihr nicht Paroli, sondern versuchen, sich da durchzuschwindeln. Warum sage ich "durchschwindeln"? – Sie haben uns im Ausschuss Folgendes gesagt: Ja, die EU beanstandet das Saatgutgesetz in seiner derzeitigen Form, weil die bäuerliche Nachbarschaftshilfe, also die Weitergabe von Saatgut von einem Hof auf den anderen in der Gemeinde, im Dorf, in der Region – was halt normalerweise zwischen Bauern üblich ist –, mit dem EU-Gesetz nicht konform ist.

Herr Bundesminister! Das ist die Sichtweise von Saatgutkonzernen, von großen Multis, die den Bauern das aus der Hand schlagen wollen, was Ihr grundlegendes Gut ist, nämlich Saatgut, mit dem sie ihre Produkte, ihre Futter- und Getreidepflanzen überhaupt erst anbauen können. Ich halte das für ein Zentralproblem in der europäischen Diskussion. Ich fordere Sie auf, in dieser Diskussion Stellung zu beziehen, Stellung für die bäuerliche Landwirtschaft, die eben auf dieses Produktionsmittel nicht verzichten kann. Saatgut darf nicht nur ein Recht der großen Multis werden, die mit Gentechnik und biotechnologischen Verfahren in der Saatzucht enorme Kosten verursachen und diese Kosten verstärkt auf Bäuerinnen und Bauern abwälzen wollen.

Noch einmal: Es darf nicht so sein, dass Sie die Nachbarschaftshilfe streichen. Sie haben das getan und versucht, das in einer Ausschussfeststellung zu regeln. Das halte ich für keine gute Lösung. Ich fände es besser, wir würden uns auf europäischer Ebene, aber auch bei diesem Saatgutgesetz darum bemühen, die Nachbarschaftshilfe unterzubringen. Ich könnte Ihnen auch gerne in einem persönlichen Gespräch einige Anregungen dazu geben. Wir sollten dies umso mehr tun, als in unserem Sortenschutzgesetz – und darauf möchte ich Sie hinweisen, sehr geehrte Damen und Herren – sehr wohl noch das Landwirteprivileg enthalten ist. – Sie wissen das, Herr Bundesminister!

Abschließend möchte ich einen Entschließungsantrag zum Bereich der pflanzengenetischen Ressourcen einbringen, zur Erhaltung dieser Ressourcen. Sie haben die Möglichkeit, durch eine Verordnung die Pflege pflanzengenetischer Ressourcen so zu regeln, dass sie weiterhin bestmöglich bestehen bleibt. Herr Bundesminister, dazu fordern wir Sie mit diesem Entschließungsantrag auf!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Dr. Glawischnig, Gradwohl und Mag. Sima eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über das Agrarrechtsänderungsgesetz 2000, betreffend Inverkehrbringen von Saatgut zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, bei der Verordnung betreffend das Inverkehrbringen von Saatgut zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen folgende Aspekte miteinfließen zu lassen:

1. Unter "pflanzengenetischen Ressourcen" (PGR) ist Saatgut von Sorten zu verstehen, die der Förderung der biologischen Vielfalt dienen.

2. Die Prüfung von Sortenkriterien wie Homogenität, Beständigkeit und Unterscheidbarkeit wird auf PGR nicht angewandt. Zu gewährleisten ist, daß Keimfähigkeit, Saatgutgesundheit und technische Reinheit den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und daß das Saatgut artecht und bei Arten mit verschiedenen Formen formecht ist.


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