Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 67

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Zweite Priorität: Bildung, Ausbildung, Forschung und Entwicklung sollen jetzt ausgebaut werden. (Abg. Dr. Khol: Das ist auch unsere!) Finanzminister Grasser hat am Freitag gesagt, 10 Milliarden habe er irgendwo eingeplant. Die Unterlagen, die Sie, nicht ich, die Sie uns am Freitag gegeben haben, zeigen, dass die F&E-Quote jetzt bei 1,6 Prozent liegt. Wir wollen aber alle, so habe ich in Erinnerung (Abg. Dr. Khol: 2,5 Prozent wollen wir!), 2,5 Prozent. – Danke, Herr Kollege Khol. Das war einstimmig im letzten Jahr. Daher fehlen uns nicht 10 Milliarden, sondern, wenn Sie es nachrechnen, 27 Milliarden. Wo ist diese zusätzliche Finanzierung der F&E-Quote auch im Unternehmensbereich, denn dort entstehen ja die großen Lücken?

Die dritte Priorität aus grüner Sicht ist ein Armutsbekämpfungsprogramm, das den Namen verdient, und dann sind wir bereit, über vieles zu reden.

In Abweichung von den Sozialdemokraten – ich sehe, meine Zeit läuft aus – bin ich mit den Maßnahmen, die Finanzminister Grasser auf steuerlicher Seite vorgeschlagen hat (Abg. Dr. Khol: Zufrieden!), nicht zufrieden, aber ich bin auch nicht ganz unzufrieden. Denn in einem Punkt hat er den richtigen Schritt gesetzt. Wir alle wissen – auch die Sozialdemokraten haben das heute entdeckt; in den letzten 30 Jahren haben allerdings sozialdemokratische Finanzminister den Ton angegeben –, dass die Kapitalbesteuerung in Österreich, "The effective taxrate on capital" nennt es die EU-Kommission, bedeutend niedriger ist als in der EU und den USA, die bekanntlich ein hoch sozialistisches Land sind, und die Besteuerung der Arbeit im internationalen Vergleich zu hoch ist. Und soweit es die Kapitalbesteuerung betrifft, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlusssatz.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): ... sage ich ganz unpopulistisch: Ja, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn es Herrn Prinzhorn und Herrn Bartenstein, die beide Stiftungsinhaber sind, betrifft. (Abg. Mag. Schweitzer: Gusenbauer hat es nicht verstanden! Erklären Sie es ihm!) – Ich rede jetzt für mich und für keine andere Partei sonst. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei den Grünen.)

16.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist der Herr Bundeskanzler. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

16.50

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst zu Temelin: Diese Lebensfrage ist nicht nur für Österreich, Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen, sondern, so glaube ich, für ganz Mitteleuropa – ich möchte primär kein österreichisches oder gar nur ein oberösterreichisches Problem daraus machen – von entscheidender Bedeutung.

Ein sicheres, ein weniger sicheres oder ein unsicheres Kernkraftwerk kann für die Lebensgrundlagen, auch für die Arbeitsbedingungen und für den Wirtschaftsstandort mehrerer Länder größte Bedeutung haben, und deswegen danke ich sehr – ich sage es gleich am Beginn – für die heute Gott sei Dank doch erfolgte Rückendeckung durch alle vier Fraktionen. Ich sage auch hier sehr deutlich, dass wir diese Unterstützung brauchen, denn eine Regierung ist nur so stark, wie sie in der Bevölkerung und im Parlament Rückhalt hat. Ich werte das nicht als parteipolitische Unterstützung – da brauchen Sie keine Sorge zu haben –, sondern dies ist für uns eine Frage nationaler Prioritäten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Temelin ist kein Hobbythema von irgendjemandem oder der Österreicher allein, sondern es ist ein Problem betreffend die Einhaltung internationaler Standards. Wenn wir heute einen Sicherheitsstandard, der dem aktuellen Stand der Technik in der Europäischen Union entspricht, fordern, dann ist das doch eigentlich selbstverständlich, und es ist grotesk, dass die Europäische Union fast alles regelt – das jüngste Beispiel ist eine Richtlinie für die Tierhaltung in Zoos oder die Traktorsitze in Quadratzentimetern –, aber bis zur Stunde keine verbindlichen – wenigstens – Mindeststandards für die Sicherung von Kernkraftwerken zu Stande gebracht hat. Das ist ein Thema für die europäische Ebene, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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