Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 39

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10.13

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der erste Punkt der Tagesordnung, der Grüne Bericht, ist auch eine gute Gelegenheit, eine kurze Bilanz über die Ereignisse der letzten Wochen im Landwirtschaftsbereich zu ziehen. Ich muss sagen, die Bilanz fällt in vielen Fällen leider vernichtend aus.

In den letzten Wochen hat sich ein Landwirtschaftsskandal an den anderen gereiht. Wir haben zuerst BSE, von dem es in Österreich Gott sei Dank noch keinen Fall gibt – ich hoffe, es bleibt auch dabei. (Abg. Schwarzenberger: Die Vorfreude war zu früh bei den Genossen!) – Nein, ich hätte mich wirklich nicht darüber gefreut, das können Sie mir glauben.

Es gibt einen Schweineskandal ungeahnten Ausmaßes, über den täglich neue Details bekannt werden. Seit gestern wissen wir, dass auch der Geflügelbereich von diesem Skandal nicht verschont geblieben ist.

Es hat sich herausgestellt, meine Damen und Herren, dass systematisch Medikamente und Hormone an Schweine und Geflügel verfüttert werden. Das sind nicht, wie hier immer dargestellt wird, ein paar Einzelfälle, sondern das ist leider systematisch passiert. Es ist ein System aufgebaut worden, mit dem diese Medikamente und Hormone an die Bauern verkauft wurden.

Auch Sie, Herr Minister, sprechen leider immer nur von "schwarzen Schafen", aber bedauerlicherweise handelt es sich hiebei um ein illegales Netzwerk und um eine systematische Verteilung von illegalen Medikamenten. Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, das nicht glauben will, dem möchte ich die Lektüre eines Buches empfehlen, es heißt "Gesundheitsrisiko Schweinefleisch". Es wurde in einem Jahr von den "Vier Pfoten" recherchiert, und das Buch enthält sehr viele interessante Details für jene, die noch immer daran zweifeln, dass es sich dabei um einen groß angelegten Skandal handelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Der Skandal weitet sich täglich aus. Wir erfahren täglich neue grauenvolle Details. Sie stehen nach den letzten Wochen vor den Trümmern Ihrer Landwirtschaftspolitik. (Abg. Schieder: Sehr richtig!) Viele Konsumenten stellen sich jetzt die Frage, was sie eigentlich noch essen sollen. Das Rindfleisch ist problematisch wegen BSE, bei Schweinen haben wir das Problem mit Hormonen und Medikamenten, und beim Geflügel ist es genauso.

Ich werde von sehr vielen Konsumenten angesprochen, die mich fragen, was sie eigentlich noch essen sollen, was sie noch essen können, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. – Allein die Tatsache, dass diese Frage gestellt werden muss, beweist für mich, dass Ihre Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre einfach gescheitert ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, Herr Bundesminister, haben – diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen – nichts oder nur sehr wenig unternommen, und wenn, dann nur unter massivem Druck entweder von Seiten der EU oder von Seiten der Opposition, oder erst durch Aufdeckung der Skandale durch Tierschutzorganisationen. Erst dann sind Sie tätig geworden.

Konkret zum Fall des Schweineskandals: Ich habe mir angeschaut, welche Hinweise es gibt. Man kann Ihnen zugestehen, dass es in den Jahren 1995 vielleicht Einzelfälle waren. Aber spätestens seit dem Jahre 2000, allerspätestens seit Februar 2000, mehren sich die dokumentierten Hinweise. Es gibt Artikel, es gibt Anfragen in diesem Haus, es gibt Anträge, es gibt noch mehr Artikel in Zeitungen. Da mehren sich die Hinweise, dass dieser Skandal größere Ausmaße als ein paar Einzelfälle hat.

Spätestens da, Herr Bundesminister, hätten bei Ihnen doch die Alarmglocken läuten müssen! Da hätten Sie doch tätig werden müssen. Sie haben vorhin in der Fragestunde gesagt, das sei seinen Weg gegangen. Da hätten Sie doch hinter die Kulissen schauen müssen, ob da nicht ein größeres System dahintersteckt. Aber nein, es braucht eine unabhängige Tierschutzorganisation, die sich über Spenden finanziert, die diesen Skandal nach einem Jahr kleinster Recherchearbeit aufdeckt – etwas, wozu Sie und Ihre Behörden nicht in der Lage waren. Ich halte das für einen unglaublichen Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)


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